Begegnungszone Erfurt
Der Verkehrsentwicklungsplan Teilkonzept Innenstadt wurde 2010 bis 2012 erarbeitet. Zahlreiche Erfurterinnen und Erfurter brachten ihre Ideen und Vorstellungen in einem Online-Forum zu allen Themen des Verkehrs ein. Parallel dazu diskutierte ein Expertenkreis aus den verschiedenen Ämtern, Institutionen und Verbänden die verschiedenen verkehrlichen Themen.
Im Ergebnis dieser Diskussionen wurde die bisherige innerstädtische Verkehrspolitik der Verkehrsberuhigung mehrheitlich bestätigt und eine Fortsetzung gefordert. Insbesondere sollte die Innenstadt von unnötigem Kraftfahrzeugverkehr freigehalten werden. In den an die Fußgängerzonen angrenzenden Bereichen wünschte man sich eine höhere Aufenthaltsqualität und Erlebbarkeit. Daraus entwickelten die Gutachter des Verkehrsentwicklungsplanes die Kernidee der „Begegnungszone“. Dies sollte eigentlich nur ein Arbeitstitel sein, etablierte sich jedoch schnell und wurde deshalb beibehalten.
Die Begegnungszone umschließt vor allem die Fußgängerzonen in der Innenstadt. Als kulturell, historisch und touristisch bedeutsame Adressen bezieht sie den Mariendom, den Bereich hinter der Krämerbrücke und das Andreasviertel mit ein.
Weitere Informationen zum Verkehrsentwicklungsplan Innenstadt
Die Begegnungszone besteht aus den vorhandenen Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereichen. Die Geschwindigkeit auf den Haupterschließungsstraßen der Verkehrszellen wurde auf 20 km/h begrenzt.
Die im Verkehrsentwicklungsplan Innenstadt aufgeführten Maßnahmen ergänzen sich und erfüllen die Ansprüche mehrerer Verkehrsteilnehmer für eine weitere Erhöhung der Qualität in der Erfurter Innenstadt.
Fußgänger haben Vorrang
In dem vernetzten System von Fußgängerzonen und angrenzenden verkehrsberuhigten Gassen, Straßen und Plätzen hat das Zufußgehen und der Aufenthalte Vorrang.
Seit den 1970er Jahren ist der Anger Fußgängerzone und wichtigster Verkehrsknoten für die Stadtbahn. Die Fußgängerzone erstreckte sich bis 2012 vom Anger, Bahnhofstraße und Schlösserstraße über den Fischmarkt, Marktstraße und Domplatz sowie den Wenigemarkt und die Krämerbrücke.
Die Fußgängerzone wurde in der Schlösserstraße zwischen Pilse und Junkersand erweitert. Die Pilse war eine Einbahnstraße und ist nun im Zweirichtungsverkehr befahrbar, so dass weiterhin eine uneingeschränkte Erreichbarkeit gewährleistet ist. Die angrenzenden Straßen waren bereits verkehrsberuhigte Bereiche, die teilweise erweitert wurden. So wurde die Meister-Eckehart-Straße zwischen Barfüßerstraße und Paulstraße integriert. Durch die Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit auf den Haupterschließungsstraßen der Verkehrszellen auf 20 km/h wurde eine für alle Verkehrsteilnehmer verträgliche Geschwindigkeit und damit ein positives Miteinander geschaffen.
Nahezu alle Bereiche der Fußgängerzonen sind saniert und barrierefrei ausgebaut.
Schutz des innerstädtischen Wohnens
Die Erfurter Innenstadt zeichnet sich insbesondere aus durch die Mischung an Wohnen, Geschäften und Gastwirtschaft. Um dieses bunte Miteinander zu erhalten, wird in den Planungsprozessen darauf geachtet, dass ausreichend Wohnungen in den verschiedenen Segmenten entstehen.
Auf vielen Baulücken konnten bereits Wohnhäuser errichtet werden. Je nach Lage wurde in den Erdgeschossen Geschäfte, Läden oder Gastronomie integriert.
Lokale Geschäfte und Gastronomie stärken
„Von Filialen international bekannter Modeketten bis hin zu kleinen, individuellen und inhabergeführten Läden – in der historischen Erfurter Innenstadt lässt es sich nach Herzenslust bummeln und stöbern.“ (Broschüre Stadtbummel-Erfurt erleben, August 2019)
Mit der Neugestaltung des Angers, der Schlösserstraße und der Marktstraße wurden die Bereiche für die Außenbewirtschaftung berücksichtigt. Durch ausreichend Sitzgelegenheiten und Fahrradbügel wird das Einkaufen für Fußgänger und Radfahrer attraktiver gestaltet.
Erreichbarkeit mit dem Auto
Eine „Innenstadt für alle“ schließt auch den Auto-Verkehr mit ein. Allerdings muss dieser sich in seinen Geschwindigkeiten anpassen. Daher wurden die bereits vorhandenen verkehrsberuhigten Bereiche erweitert und die Geschwindigkeit an den Erschließungsstraßen von 30 km/h auf 20 km/h reduziert.
Das seit langem umgesetzte Verkehrszellensystem in der Innenstadt führt außerdem dazu, dass mit dem Kraftfahrzeug vergleichsweise lange Strecken zurück zu legen sind, um von A nach B zu gelangen. Zufußgehen und Radfahren ist deutlich attraktiver und schneller, da die Altstadt direkt durchquert werden kann.
Rücksichtsvoller Radverkehr
Der Radverkehr bewegt sich im Großteil der Innenstadt gemeinsam mit Fußgängern oder Kraftfahrzeugverkehr. Selbstverständlich wird aufgrund der Enge und der vielfältigen Nutzung der Straßen auf ein gemeinsames Miteinander geachtet. Der Anger mit seiner Bedeutung als Kreuzung aller Stadtbahntrassen und zentralem Platz innerhalb der Fußgängerzone ist für den Radverkehr Montag bis Samstag von 18:30 Uhr bis 09:00 Uhr und Sonntag freigegeben.
Mit der Umgestaltung des westlichen Angers zwischen Neuwerkstraße und Angerkreuz bestehen in diesem Bereich bis zur Borngasse ganztags keine Einschränkungen mehr für den Radverkehr.
Hier parken nur Bewohner
Der Verkehr innerhalb der Begegnungszone soll nicht unterbunden sondern auf das notwendige Maß reduziert werden. Vereinzelt gab es in diesem Gebiet Stellplätze, die auch von Besuchern genutzt werden durften. Da diese selten frei waren, entstand ein unnötiger und störender Parksuchverkehr. Deshalb ist auf den öffentlichen Stellplätzen innerhalb der Begegnungszone nur das Parken für Bewohner, Lieferanten und mobilitätsbeeinträchtigten Personen erlaubt.
Für alle anderen stehen in den Parkhäusern in unmittelbarer Nähe zur Fußgängerzone ausreichend Kapazitäten zur Verfügung, welche durch das geplante Parkhaus Löbertor noch erweitert werden.
Weitere Informationen zu Parken
Lieferzeitbeschränkung
Der ganztägliche Lieferverkehr störte und beeinträchtigte die Qualität der Fußgängerzonen und des Einkaufserlebnisses. Somit wurde auch der Lieferverkehr in bestimmten Zeiten als unnötiger Verkehr definiert. Mit der Lieferzeitbegrenzung erreichte man eine deutliche Verbesserung, die auch von allen Nutzer und Händlern wahrgenommen wird.
Mit einer Ausnahmegenehmigung darf Montag bis Sonntag 06:00 bis 11:00 Uhr und Montag bis Freitag zusätzlich 18:00 bis 20:00 Uhr angeliefert werden. Außerhalb dieser Zeit stehen den Lieferdiensten Ladezonen am Rand der Fußgängerzonen zur Verfügung.
Hier verbindet Nahverkehr
Nicht nur innerhalb der Begegnungszonen profitieren die Fahrgäste von der sehr guten Erreichbarkeit der Innenstadt mit der Stadtbahn. Alle Stadtbahnlinien kreuzen sich am Anger und erschließen die Innenstadt flächendeckend. Damit ist die Begegnungszone optimal an den ÖPNV angeschlossen.
Der Begriff „Begegnungszone“ schwebt in Erfurt seit 2012 im Raum und ist für Außenstehende nicht richtig greifbar. In der Schweiz und in Österreich ist die Begegnungszone ähnlich unserem verkehrsberuhigten Bereich ein Zeichen der StVO, die Fahrzeuge dürfen dort jedoch 20 km/h fahren. Da sich die Gutachter des Verkehrsentwicklungsplanes dieses Konfliktes bewusst waren, sollte „Begegnungszone“ nur ein Arbeitstitel sein, da er das angestrebte Miteinander und den Vorrang für das Zufußgehen sowie den Aufenthalt gut wiederspiegelte. Da sich dieser Begriff relativ schnell verfestigte, wurde schließlich daran festgehalten.
Da ein Großteil der Maßnahmen aus dem Verkehrsentwicklungsplan und vor allem die wesentlichen Maßnahmen zur Realisierung der Begegnungszone umgesetzt sind, soll die Kampagne helfen über deren Inhalte zu informieren. Dabei ist hervorzuheben, dass es sich bei der Erfurter Begegnungszone nicht um ein Zeichen oder bestimmten Begrifflichkeiten aus der StVO, sondern um ein Markenzeichen handelt.
Der konzeptionelle Ansatz der Kampagne sieht vor, dass die bisher sehr sachlich vorgetragenen Inhalte durch einen markanten Markenkern greifbar werden. Insbesondere durch Kontraste soll eine Aufmerksamkeit erzeugt werden. Denn im Sinne der Begegnungszone ziehen sich Gegensätzlichkeiten an und harmonieren miteinander.