Handlungsrichtlinie für Fahrradabstellplätze und Kfz-Stellplätze
Die Stadt Erfurt hat auf Empfehlung des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft die "Handlungsrichtlinie für die Herstellung von Fahrradabstellplätzen und Kfz-Stellplätzen zur Anwendung des §49 Thüringer Bauordnung" erarbeitet. Mit der Novellierung der Thüringer Bauordnung vom 02.07.2024 bezieht sich die Handlungsrichtlinie auf den §52 ThürBO. Mit der Drucksache 0289/21 wurde sie einstimmig vom Stadtrat beschlossen und ist für alle Bauvorhaben anzuwenden.
Diese Handlungsrichtlinie enthält:
- Richtwerte für Fahrradabstellanlagen für alle Nutzungen
- Richtwerte für Kfz-Stellplätze in Abhängigkeit der ÖPNV-Lage und -Erschließungsqualität sowie der Parkraumauslastung
- Richtwerte für Wohnen in Abhängigkeit zur Wohnungsgröße
- Richtwerte nach der Lage innerhalb oder außerhalb der Innenstadt
- Möglichkeiten der Reduzierung der Kfz-Stellplätze durch Maßnahmen eines Mobilitätskonzepts
- Definition der grundsätzlichen Anforderungen an die Gestaltung von Fahrradabstellmöglichkeiten und Kfz-Stellplätzen
Die Handlungsrichtlinie gilt für Teile des Stadtgebietes der Landeshauptstadt Erfurt. Der Geltungsbereich umfasst alle städtischen Stadtteile sowie die Großwohnsiedlungen.
In der Handlungsrichtlinie werden erstmals Angaben zur Gestaltung und der Anzahl der Fahrradabstellanlagen für verschiedene Bauvorhaben verbindlich festgelegt. Wesentliche Bedingungen sind Wetterschutz, Diebstahlschutz sowie sicherer und bequeme Erreichbarkeit der Abstellanlagen. Eine Reduzierung der Fahrradabstellanlagen ist nicht zulässig.
ÖPNV-Erschließungsqualität
In Abhängigkeit von der Lage des Bauvorhabens zur Haltestelle und deren Erschließungsqualität können abgeminderte Richtwerte für die Anzahl der Kfz-Stellplätze angesetzt werden. Diese sind für die jeweiligen Nutzungen in der Richtwerttabelle enthalten.
Zone III
- keine Reduzierung
Zone II
- ÖPNV-Einzugsbereich von 400 m mit mind. 20-Minuten-Takt oder 1.000 m um den Hauptbahnhof
- Reduzierung um 5 %
Zone I
- ÖPNV-Einzugsbereich von 300 m mit mind. 10-Minuten-Takt oder 800 m um den Hauptbahnhof
- Reduzierung um 15 %
Wohnungsgrößen
Für die Herstellung von Kfz-Stellplätzen wurde aufgrund der nachgewiesenen Abhängigkeiten Richtwerte für unterschiedliche Wohnungsgrößen festgelegt. Folgende Wohnungsgrößen werden unterschieden:
- Wohnungen kleiner als 50 m²
- Wohnungen von 50 m² bis 100 m²
- Wohnungen über 100 m²
Für einige Nutzungen gilt außerdem das Kriterium außerhalb und innerhalb der Innenstadt. Die Innenstadt ist klar umgrenzt vom Stadtring (Binderslebener Landstraße, Biereyestraße, Gutenbergstraße, Blumenstraße, Moritzwallstraße, Schlüterstraße, Flutgraben, Straße des Friedens, Gothaer Platz, Heinrichstraße) sowie einen Umkreis von 800 m um den Hauptbahnhof.
Mobilitätskonzept
Für alle Bauvorhaben gilt: Ist die Anzahl der herzustellenden Stellplätze entsprechend Richtzahlentabelle ermittelt, kann durch die Erarbeitung eines qualifizierten Mobilitätskonzepts eine Reduzierung der tatsächlich herzustellenden notwendigen Kfz-Stellplätze um maximal 25% vorgenommen werden. Die verbleibenden 75% der Stellplätze müssen hergestellt oder, sofern dem zugestimmt werden kann, abgelöst werden.
In dem Mobilitätskonzept sind Maßnahmen aufzuführen, die die Nachfrage nach Kraftfahrzeugen bzw. Kfz-Stellplätzen reduzieren. Dies können sein:
- Förderung von Carsharing-Angeboten (in Abstimmung mit einem Carsharing-Unternehmen)
- Förderung der ÖPNV-Nutzung durch entsprechende Angebote für die Nutzer (Jobticket, Abo-Angebote, Mieterticket u. ä.)
- Maßnahmen, welche die Fahrradnutzung erleichtern und unterstützen (z. B. großzügige Bewegungs- und Abstellflächen, Bereitstellung von E-Bikes, Lastenrädern, Fahrradanhängern u. ä.)
- weitere Angebote, die eine Kfz-freie Mobilität unterstützen
Es muss deutlich dargestellt werden, wie die zukünftigen Mieter/Eigentümer animiert werden, auf ein eigenes Fahrzeug zu verzichten. Das Mobilitätskonzept sollte grundsätzlich mehrere Bausteine umfassen.
Um den Umfang der Mobilitätsmaßnahmen zu ermitteln, muss das Mobilitätsbudget (Anzahl zu reduzierender Stellplätze x Ablösesumme) berechnet werden. Dieses ist mit einmaligen Kosten und jährlichen Kosten zu unterlegen. Die Beispielrechnung verdeutlicht die Vorgehensweise.
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Die Drucksache 1117/16 wurde mit Änderungen beschlossen.
Beschlusspunkt 01 lautet:
Der Stadtrat fordert den Oberbürgermeister auf, bei städtebaulichen Verträgen nach § 11 BauGB für Bauvorhaben mit mehr als 10 Tiefgaragenplätzen entsprechend Abschnitt 1 Satz 4 des §11 zu fordern, dass mindestens 10 % der Stellplätze über die technische Infrastruktur für einen Ladeanschluss für Elektroautos verfügen und die Infrastruktur der Elektrizitätsversorgung dafür ausgelegt ist.
Weiterhin sind bauliche Maßnahmen zu vereinbaren, die eine künftige Nachrüstung weitere Stellplätze mit Ladeinfrastruktur mit geringem Aufwand ermöglicht.