Erfurt: Judo-Club baut Brücken

Judo ist eine Sportart, die körperliche und mentale Fähigkeiten erfordert. Auch das soziale Miteinander und Fairness spielen beim Judo eine wichtige Rolle. Für Liubov aus der Ukraine ist der Erfurter Judoclub deshalb zu einem wichtigen Ort geworden.

Foto vom Haupteingang des Erfurter Judo-Clubs
Foto: © Erfurter Judo-Club e.V.

Text: Liubov Vanovska (Andreas Kubitza)

Stimmen: Liubov Vanovska, Lutz Herzer, Lisa Zedler

Audio: Hörpfade: Judo-Club baut Brücken © Stadtverwaltung Erfurt

Lesefassung

Hallo ich bin Liubov, letztes Jahr kam ich aus der Ukraine und wohne jetzt mit meiner Familie in Erfurt. Meine Schwester ist Ärztin und lebt schon seit über zehn Jahren in Sömmerda. Als der Krieg in der Ukraine angefangen hat, sind wir deshalb nach Thüringen gekommen.

Atmo Training Judoclub

Mein Freund kommt aus Erfurt und ist dort schon lange Mitglied in einem Judoclub. Deshalb habe ich mich auch für Judo interessiert und trainiere inzwischen regelmäßig. Lutz Herzer, der Vorsitzende  des Erfurter Judoclubs erklärt mir, was das Faszinierende am Judo für ihn ist:

Lutz Herzer: Judo ist eine sehr, sehr umfassende Sportart, sowohl für Körper als auch für Geist. Es ist eine Sportart, wenn man sie lang und intensiv genug betreibt, die ganze Persönlichkeit prägt. Judo ist keine Sportart, die man in zwei Monaten erlernt. Das ist wirklich eine sehr langfristig angelegte Geschichte, die einen schon sehr fesseln kann. Und alle in unserem Club, die schon mehrere Jahre bei uns trainieren, sind von diesem Judo-Bazillus erfasst.

Natürlich, wenn Menschen in einem anderen Land leben, wo alles noch neu und unbekannt ist, beginnen sie, nach etwas zu suchen, dass ihnen vertraut und verständlich ist, etwas, das ihnen Halt geben kann. In meinem Fall war es Sport. Sport spielt in meinem Leben eine wichtige Rolle.

Deshalb ist der Erfurter Judoclub ein wichtiger und interessanter Ort für mich und meine Familie. Auch mein Sohn trainiert hier. Er ist 10 Jahre alt und, ich denke, es ist für Kinder sehr wichtig Sport zu machen. Und ganz nebenbei können sie auch Kinder aus anderen Ländern kennenlernen.

Lutz Herzer: Erst mal ist der Club von deutschen Kindern geprägt. Aber wir haben Kinder aus der Ukraine, aus Russland, auch mit polnischen Elternhäusern und auch aus arabischen Ländern.

Und mein Sohn mag Judo wirklich. Er entwickelt sich zu einem lebhaften, selbstbewussten und starken Jungen.

Für mich ist wichtig, dass der Judoclub ausländerfreundlich ist. Viele ausländische Menschen trainieren hier und der Judoclub pflegt Kontakte zu Mannschaften aus verschiedenen Ländern.

Lutz Herzer: In erster Linie natürlich mit unserer Partnerstadt Haifa in Israel, die wir bis vor einiger Zeit, jährlich besucht haben. Die Sportfreunde aus Haifa kommen immer noch jährlich ein mal zu uns, zu unserem internationalen Tournier. Wir haben Beziehungen zu unserer Partnerstadt Györ in Ungarn. Auch die Györer nehmen an unserem internationalen Turnier teil, und wir an ihrem. Und wir haben noch Beziehungen zu Lodz in Polen und zum Judoclub St. Andre, auf der Insel La Reunion im indischen Ozean.

Judo ist eine Sportart, bei der Disziplin wichtig ist. Beim Judo-Training hört man keine lauten Gespräche und sieht keine wilden Kinder. Hier konzentriert sich jeder auf das Training. Ich glaube, dass dies sehr nützlich für Kinder ist, die ständig im Internet unterwegs sind, wo sich die Informationen schnell ändern. Beim Judo können sie sich auf das Wesentliche, das Training konzentrieren.

Lutz Herzer: Judo ist eine asiatische Kampfsportart, die auch eine gewisse Geschichte hat, die aus Japan kommt und in ihrer Herkunft eng mit der japanischen Philosophie verbunden ist. Die ist natürlich im Verlauf der Jahre europäisiert worden, aber die Wurzeln sind immer noch asiatische Wurzeln, und dazu gehören auch asiatische Tugenden. Zum Beispiel: Disziplin, Kampfeswille, nicht aufgeben und natürlich auch Kameradschaft, Freundschaft und Verständnis.

Auch Lisa mag Judo. Sie ist siebzehn  Jahre alt und hat schon den braunen Gürtel. Bald macht sie ihre Prüfung für den Schwarzen. Der Schwarze Gürtel ist der Beste. Dafür musste Lisa lange trainieren.

Lisa Zedler: Also ich hatte vor neun Jahren kein Hobby und dann haben wir das in der Schule gesehen, dass hier ein Lehrgang angeboten wird und dann fanden wir es sehr cool, dass es auch so unterschiedlich ist und so vielseitig. Deswegen sind wir dann hier gelandet.

Lisa hat das nie bereut. Nach wie vor findet sie Judo fantastisch:

Lisa Zedler: Judo ist toll, weil es einmal körperlich beansprucht aber auch geistig. Und das Coole ist: Es kommt halt nicht nur auf Muskeln an sondern auch auf die Technik und die Präzision.

Ich persönlich besuche im Club Gymnastikkurse und den Selbstverteidigungs-Kurs. Seitdem fühle ich mich geistig und körperlich wohler. Der Judoclub hat es mir und meiner Familie leichter gemacht, in Erfurt anzukommen.