In Pelarien und Dyonien

14.07.2014 16:28

Ich finde einen geheimnisvollen Zettel, mache einen Ausflug ins Rokoko und schließe eine große Bildungslücke.

Woche 11 (7. bis 13. Juli)

Alte Leuchtschrift auf einem verlassenen Gebäude
Foto: „Fortschritt“ in der Johannesstraße Foto: © Katharina Bendixen

Fundstücke

Immer wieder liegen in den Büchern aus der Bibliothek vergessene Lesezeichen. Manche sind weiß, auf manchen ist handschriftlich ein Name notiert. Meistens aber handelt es sich um Ausleihquittungen früherer Leser, ich überfliege sie und verwende sie meinerseits. Bei „F“ von Daniel Kehlmann passiert mir jedoch etwas Seltsames: Die Ausleihquittung stammt von einer Leserin, die offenbar denselben Literaturgeschmack wie ich hat. Sie hat „Stoner“ von John Williams ausgeliehen, das habe ich vor einem Monat gelesen, außerdem zwei Romane von Hanns-Josef Ortheil, von dem ich schon lange etwas lesen will. Nur die Handbücher über Homöopathie interessieren mich nicht.

Heisig 1

Schlendern, Laufen, Rennen. Sich immer wieder setzen. Der Körper als Instrument, der schwarze Vorhang als Teil des Stücks. Mein Lachen bleibt in einem Gefühl der Beklemmung stecken, während ich im KleineKunst Theater im Norden der Stadt Hermann Heisigs Stück „Slap/Stick“ anschaue. Obwohl ich mich im Tanztheater nicht auskenne, erreicht mich einiges. Beschwingt und in einem seltsam neuen Körper radele ich die Magdeburger Allee entlang zurück ins Zentrum.

Aufgeschnappte Gespräche 11

Früher Abend, an den Spinden im Nordbad, zwei Sportschwimmer um die 40
„… zwei Wochen kann man nicht bleiben, da kriegt man einen Lagerkoller …“

Rococo en miniature

Auf Schloss Heidecksburg in Rudolstadt ist eine Fantasiewelt zu Hause: Es handelt sich um die Großreiche Pelarien und Dyonien, erfunden und gebaut in jahrzehntelanger Feierabendarbeit von zwei Thüringer Dekorateuren. Pompöse Miniaturschlösser, winzige Hunde, eine mikroskopische Puppenstube – die Arbeit, die Pelarien und Dyonien steckt, ist kaum zu fassen. Ich beiße mich an den Briefen der beiden Fantasten fest – und an dem Satz unseres Begleiters: „So etwas kann nur in einem Land wie der DDR entstehen.“

Heisig 2 (u.a.)

Ich bin die einzige, die am Sonntagmittag durch die Räume des Angermuseums geht. In der ersten Etage schließt sich eine Bildungslücke: Endlich weiß ich, wer dem netten Café Nerly seinen Namen gegeben hat. An manchen Wänden lassen die enge Hängung oder die opulenten Rahmen die Bilder verschwinden. Am längsten stehe ich vor Wolfgang Mattheuers „Das grüne Feld“, Andreas Achenbachs „Die Richtstätte“, Bernhard Heisigs „Vorbereitung des kleinen Katastrophenfilms“. Und im Erich-Heckel-Raum, der mich mehr gefangen nehmen würde, wenn ich nicht schon leergeschaut wäre. Beim nächsten Besuch, denke ich, beginne ich hier und überspringe das Kunsthandwerk.