Bekämpfung der Geflügelpest

07.01.2021 15:47

In den Erfurter Orts- und Stadtteilen Kühnhausen, Sulzer Siedlung, Stotternheim, Schwerborn, Gispersleben, Roter Berg, Hohenwinden, Johannesvorstadt, Frienstedt, Ermstedt und Gottstedt besteht ab dem 8. Januar 2021 die Pflicht, sämtliche gehaltenen Vögel aufzustallen.

Dies umfasst die Haltung von Geflügel in geschlossenen Ställen. Alternativ sind das Geflügel oder die in Gefangenschaft gehaltenen Vögel anderer Arten unter einer Vorrichtung zu halten. Die Vorrichtung muss aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten dichten Abdeckung und einer Seitenbegrenzung bestehen, die gegen das Eindringen von Wildvögeln sichert.

Zudem haben alle Geflügelhalter im gesamten Stadtgebiet und in den Ortsteilen, die ihrer Pflicht zur Meldung des gehaltenen Geflügels bisher noch nicht nachgekommen sind, die Haltung von Geflügel unverzüglich bei der Stadtverwaltung Erfurt, Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt Erfurt, Johannesstraße 173, 99084 Erfurt, Tel.: 0361 655-1380, Fax: 0361 655-1399 oder per E-Mail anzuzeigen.

In Deutschland werden seit dem 30. Oktober 2020 täglich HPAIV-H5-infizierte, vorwiegend tot aufgefundene Wildvögel gemeldet. Die Funde stammen weiterhin überwiegend aus dem Bereich der schleswig-holsteinischen Wattenmeerküste, wo bisher mehrere Tausend verendete Enten und Gänse (überwiegend Pfeifenten und Nonnengänse) geborgen wurden, und der Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern. Nachweise gibt es zudem aus Hamburg, Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Berlin und Bayern. Derzeit wurden drei HPAIV Subtypen nachgewiesen: H5N8, welcher dominiert sowie H5N5 und H5N1. Außerdem meldeten das Vereinigte Königreich, die Niederlande, Frankreich (Korsika), Dänemark und Irland Wildvogelfälle bzw. Ausbrüche von HPAIV H5 in Nutzgeflügelbeständen. Zunehmend kam es in letzter Zeit zu Einträgen in Geflügelhaltungen, laut Datenbank des Friedrich-Loeffler-Instituts wurden mit Stand 5. Januar 2021 (9:00 Uhr) 32 Ausbrüche bei Hausgeflügel amtlich festgestellt.

Am 6. Januar 2021 erfolgte ein Nachweis des HPAIV H5N8 in einem Kleinstbestand im Landkreis Nordhausen. Hier waren zuvor zahlreiche Hühner in Freilandhaltung verendet. Die betroffene Geflügelhaltung liegt in einem ausgewiesenen Wildvogel-Risikogebiet. Von einer Zirkulation des Virus in der Wildvogelpopulation in Thüringen ist somit jetzt zwingend auszugehen. Die neuen Funde von HPAI-H5-Viren bei Wasser-, Greif- und Möwenvögeln sowie bei Geflügel in Küstenregionen der Nord- und Ostsee stehen zeitlich und räumlich in Zusammenhang mit dem bereits begonnenen Herbstzug von Wasservögeln aus Regionen, in denen HPAIV H5N8 nachgewiesen wurde und wo es vermutlich in unbekanntem Umfang in Wasservogelpopulationen zirkuliert.

Der Vogelzug (auch Wasservögel) ist derzeit in vollem Gange, und die Dichte der Vogelpopulationen in Rastgebieten wird in den kommenden Wochen weiter zunehmen bzw. durch Kälteeinbrüche beschleunigt. Diese Bedingungen begünstigen die Virusübertragung und Ausbreitung. Tote, infizierte Wildvögel werden von Aasfressern aufgenommen, die zu einer Virusverbreitung innerhalb ihres Bewegungsradius und zu Umweltkontaminationen beitragen. Damit steigt auch das Risiko indirekter Eintragungswege in Geflügelbetriebe.

Das Risiko der Ausbreitung in Wasservogelpopulationen und des Eintrags in Nutzgeflügelhaltungen und Vogelbestände in zoologischen Einrichtungen in ganz Deutschland wird vom Friedrich-Loeffler-Institut nach wie vor als hoch eingestuft. Überwachungsmaßnahmen hinsichtlich toter oder kranker Wildvögel sollten unverzüglich weiter intensiviert sowie die Biosicherheit in den Geflügelbetrieben überprüft und ggf. optimiert werden. Kontakte zwischen Geflügel und Wildvögeln sollten unbedingt verhindert werden.

Oberste Priorität hat der Schutz der Nutzgeflügelbestände vor einem Eintrag und der möglichen weiteren Verbreitung von HPAIV-Infektionen. Hierzu müssen die einschlägig empfohlenen Biosicherheitsmaßnahmen und Überwachungs- bzw. Abklärungsuntersuchungen überprüft und unbedingt konsequent eingehalten werden. Zur Einhaltung von Grundregeln der Biosicherheit sind Geflügelhalter gesetzlich verpflichtet. Außerdem ist die Errichtung einer funktionierenden physischen Barriere zwischen den Habitaten von wilden Wasservögeln (z. B. Gewässer, Felder auf denen sich Gänse, Enten oder Schwäne sammeln) und den Geflügelhaltungen wesentlich. Berücksichtigt werden müssen auch indirekte Eintragswege wie kontaminiertes Futter, Wasser oder verunreinigte Einstreu und Gegenstände (Schuhwerk, Schubkarren, Fahrzeuge usw.). Diese sind zu unterbinden und geeignete Desinfektionsmaßnahmen vorzusehen. Das Verschleppen von Infektionen zwischen Geflügelhaltungen ist zu vermeiden. Hierzu müssen strenge Biosicherheitsmaßnahmen getroffen werden, insbesondere die konsequente Reinigung und Desinfektion von Kleidung, Schuhen, Geräten und Fahrzeugen.

Vor dem Hintergrund der derzeitigen Sars-CoV-2-Pandemie ist die geflügelhaltende Industrie ein wichtiger Wirtschaftszweig, dessen Produktionsleistung zur Ernährungssicherheit beiträgt. Umso zwingender ist der Schutz der Geflügelhaltungen. Gemäß der Risikobeurteilung des (ehemaligen) Thüringer Landesamtes für Umwelt und Geologie der Wildvogel-Rastgebiete ist die Seenplatte im Norden Erfurts als ornithologisches Risikogebiet eingeschätzt worden. Im Ortsteil Schwerborn befindet sich dazu ein großer Geflügelmastbetrieb mit 40.000 Masthähnchen. Ebenfalls dieser Kategorie neu zugeordnet wurde die Kiesgrube Nordstrand. Das als „geflügeldicht“ einzuschätzende Gebiet im Norden Erfurts ist durch die obige Risikoeinschätzung bereits erfasst, im Süden kommen nach Absprache mit dem Landkreis Gotha noch die Ortsteile Frienstedt, Ermstedt und Gottstedt hinzu. Aus diesem Grund ist als Schutzmaßnahme für alle Geflügelhaltungen in den unter Nummer 1 genannten Gebieten, in denen es nachweislich aufgrund ornithologischer Beobachtungen zu massiven Ansammlungen von Zugvögeln kommt und Hausgeflügelbestände in geflügeldichten Gebieten eine Aufstallung zur Haltung des Geflügels in geschlossenen Ställen bzw. unter einer Vorrichtung unbedingt geboten.

Die Allgemeinverfügung kann eingesehen werden im Bürgeramt, Bürgermeister-Wagner-Straße 1, 99084 Erfurt und in den Aushängen der betroffenen Ortsteile. Die Allgemeinverfügung mit Begründung kann nachgelesen werden im Internet unter www.erfurt.de/ef137573 sowie zu den Geschäftszeiten im Sekretariat beim Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt, Johannesstraße 173, 99084 Erfurt.

E-Mail