Vortrag über das T4-Reinhardt-Netzwerk in den Lagern Belzec, Sobibor und Treblinka
In den Lagern Belzec, Sobibor und Treblinka wurden von März 1942 bis Oktober 1943 über anderthalb Millionen Menschen mit Motorenabgasen ermordet. Die Opferzahl dieser Vernichtungslager der „Aktion Reinhardt“, der systematischen Ermordung aller Juden im Generalgouvernement, übertraf damit jene von Auschwitz-Birkenau. Die Verantwortung dafür trug eine Gruppe von lediglich 120 Männern, die zuvor in den „Euthanasie“-Anstalten an der Tötung von Patientinnen und Patienten im Rahmen der sogenannten Aktion T4 beteiligt waren. Als Wachpersonal nutzten sie einige hundert osteuropäische Wachmänner aus dem SS-Ausbildungslager Trawniki. Zur Arbeit in den Tötungsanlagen wurden unter den Deportierten ausgewählte Häftlinge gezwungen.
Der Vortrag von Dr. Sara Berger, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Fondazione Museo della Shoah in Rom, geht anhand der Analyse der verschiedenen Phasen der drei Vernichtungslager der Frage nach, wie diese Gruppe von Tätern die Ermordung der Juden geplant und umgesetzt hat und welche Faktoren die „Effektivität“ des Massenmords in diesen Lagern bewirkt haben. Im Vordergrund stehen dabei die vorherigen Erfahrungen dieser Männer, ihre Kollektivbiografie, aber auch ihre Organisation als Netzwerk mit flachen Hierarchien. Sara Berger stellt eindrucksvoll das enge Geflecht der Beziehungen dar, analysiert Gehorsamsbereitschaft und Gruppendruck, Handlungsspielräume, strukturelle Gegebenheiten und situative Dynamiken. Beleuchtet werden die Handlungsmotive und die Effizienz der Einzeltäter und des Täterkollektivs sowie deren Intention und Verantwortung beim Völkermord.
Der Vortrag findet in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung statt. Der Eintritt ist frei.