Wer war Stephaton? – Zur Deutung der Kreuzigungstafel im Dom zu Erfurt
Noch nie wurde der Schwammträger in so bildbeherrschender Weise wie auf der Erfurter Tafel dargestellt
Die Kreuzigungstafel des Pfeilerbilderzyklus im Mariendom zu Erfurt weist in der Bilderfindung gleich mehrere Eigentümlichkeiten auf. Völlig von der bisherigen Darstellungstradition abweichend, ist jedoch die Bildpräsenz des Schwammträgers, der als ein gewisser „Stephaton“ überliefert ist. Er soll dem dürstenden Christus am Kreuz einen aufgespießten Schwamm mit Essigwasser gereicht haben.
Im Evangelium nach Johannes wird dies noch präzisiert, indem es sich bei dem Stab um einen Ysopzweig gehandelt haben soll. Als Zeuge der Kreuzigung und als aktiver Teilnehmer am Geschehen ist Stephaton schon früh in der bildenden Kunst bei Kreuzigungsdarstellungen verbildlicht worden, zumeist jedoch als Pendant zur wesentlich bekannteren Figur des Hauptmanns Longinus.
Nie jedoch wurde der Schwammträger in so bildbeherrschender Weise wie auf der Erfurter Tafel dargestellt. Dies gibt Anlass, sich näher mit diesem römischen Schergen zu beschäftigen, der sich – wie Longinus auch – noch während der Kreuzigung zu Christus bekannt haben soll.