Artikelreihe zum Stadtumbau - Nr. 9
Im letzten Beitrag hatten wir Überlegungen angestellt, wie man den Stadtumbau in der Stadt insgesamt angehen könnte. Aber welche Auswirkungen ergeben sich daraus für Läden, Kindergärten, Schulen, auf Trinkwasser-, Abwasser- und Fernwärmenetze oder die Stadtbahn?
Zunächst liegt auf der Hand, dass mit Einwohnerrückgängen zwangsläufig auch die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen im Gebiet abnimmt. Das bedeutet, dass die Händler ihr Angebot reduzieren müssen. Wenn Handelsbetriebe nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können, sind auch Schließungen unvermeidlich. Die Stadt kann das leider kaum verhindern, weil sie den privaten Händlern keinen Ausgleich für zurückgehende Umsätze zahlen kann. Entfallen die gewohnten Einkaufsmöglichkeiten, muss sich die Bevölkerung des Stadtteils umorientieren, was gerade ältere Mitbürger vor große Probleme bei der Bewältigung ihres Alltags stellen kann. Umgekehrt gibt es aber schon heute in der Stadt viele Wohngebiete ohne Einkaufsmöglichkeiten, in denen man trotzdem sehr gut wohnen kann.
Auch Kindergärten, Schulen und andere soziale Einrichtungen sind grundsätzlich von Nachfragerückgängen betroffen. Oft sind die betroffenen Gebiete zudem stark überaltert, weshalb die Nachfrage nach Kindergärten und Schulen dort weiter zurückgeht. Gleichzeitig steigt aber der Bedarf an Betreuungseinrichtungen für Senioren. Das zeigt die zunehmende Anzahl an Einrichtungen freier Träger und gewerblicher Anbieter. Mit der Übergabe vieler Kindergärten an freie Träger sowie durch alternative Schulangebote hat sich hier das Angebotsspektrum in den letzten Jahren stark erweitert. Viele Einrichtungen haben sich mit einem individuellen Angebot auf bestimmte Zielgruppen ausgerichtet. Dadurch sind deren Einzugsbereiche viel größer geworden, oft kommen die Kinder aus dem ganzen Stadtgebiet oder sogar aus der Region. Diese Einrichtungen sind naheliegenderweise von Einwohnerrückgängen im angrenzenden Wohngebiet kaum betroffen.
Beim Stadtumbau muss man vor allem darauf achten, dass die Planung der sozialen Infrastruktur Hand in Hand mit der Stadtumbauplanung erfolgt. So können einzelne Einrichtungen durchaus zu einer Stabilisierung der Wohnungsnachfrage beitragen. Umgekehrt kann mit der Schließung einer Schule die Konsolidierung eines Gebietes ernsthaft gefährdet werden.
Mit Einwohnerrückgängen werden aber auch Trinkwasser, Fernwärme oder die Kanalisation weniger ausgelastet als vorher. An den nun überdimensionierten Versorgungsanlagen sind Anpassungen und zusätzliche Maßnahmen nötig, um die Versorgungsqualität aufrechtzuerhalten. So kann ein Nachspülen von Abwasserleitungen oder ein Umbau von Trinkwassernetzen erforderlich werden, um Geruchsbelastungen bzw. längere Standzeiten und damit Verkeimungsgefahren zu vermeiden. Die Leerstandskonzentration in den Großsiedlungen kann diese Folgekosten verringern, da nach einer Gebäudestilllegung Leitungsabschnitte gekappt und stillgelegt werden können. In anderen Stadtgebieten, wo keine Leerstandskonzentration sinnvoll ist, ist eine Anpassung der technischen Infrastruktur aber kaum möglich.
Auch hier kann es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand sein, Wertverluste und Mehrkosten in Folge von Einwohnerrückgängen mit Fördermitteln auszugleichen. Diese Fördermittel sollen vielmehr der Stadt helfen, die städtebaulichen Folgen der Einwohnerrückgänge zu bewältigen. Deshalb werden bei Rückbaumaßnahmen die unmittelbar dadurch verursachten Leitungsumverlegungen und sonstigen Änderungen mit gefördert.
Bei zurückgehenden Einwohnerzahlen muss unter Umständen auch die Erschließung durch Stadtbahn und Bus der zurückgehenden Nachfrage angepasst werden. Dies kann aber durch Reduzierungen von Kapazität oder Taktfrequenzen aufgefangen werden.
Nachdem wir Ihnen bisher viele Zusammenhänge rund um den Stadtumbau erläutert haben, erfahren Sie im nächsten Artikel, wie das Integrierte Stadtentwicklungskonzept der Stadt Erfurt aufgebaut sein wird und wie es mit dem neuen Masterplan II zusammenhängt.