Hirschgarten

Luftaufnahme eines Park in Erfurt
Foto: Der Hirschgarten liegt im Stadtzentrum Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Der Erfurter Hirschgarten ist heute für die Landeshauptstädter ein Ort der Erholung. Im Zentrum der Stadt zwischen Straßenbahn und Geschäftsstraßen bietet er müden Erfurtern und Touristen nicht nur ausreichend Sitzmöglichkeiten zum Ausruhen, sondern auch ein angenehmes Umfeld, um ein wenig abzuschalten.

Der Hirschgarten entstand im Zusammenhang mit dem Bau der Mainzer Statthalterei. Um 1780 wurde hier die erste öffentliche Grünanlage der Stadt geschaffen, deren Bepflanzung mit besonderen botanischen Arten erfolgte. 

Der Hirschgarten: Vom „Wildgehege“ zum beliebten Treffpunkt

Foto: Pferdebahn im Erfurter Hirschgarten im Jahr 1894 Foto: © Stadtarchiv Erfurt

Zu den ältesten Grünanlagen der Stadt Erfurt gehört der Hirschgarten. 1740 entstand gegenüber der Statthalterei, der heutigen Thüringer Staatskanzlei, ein freier Platz. In der Anfangszeit war er mit einem hohen Zaun versehen und für die Zurschaustellung von „wilden“ Tieren angelegt. Darunter sollen auch Hirsche gewesen sein. So ist einerseits der spätere Name des Gartens von diesen Tieren hergeleitet. Andererseits tangierte den Platz aber auch ein Nebenarm der seit dem frühen Mittelalter so benannten „Kirschlache“ oder „Hirschlache“, sodass der Hirschgarten möglicherweise auch durch dieses Flüsschen zu seinem Namen kam.

Als der Statthalter Freiherr von Dalberg nach Erfurt kam, widmete er seine Aufmerksamkeit dem vor der Statthalterei gelegenen Garten. Seine besondere Vorliebe bestand darin, neben Kunst und Kultur auch ein Förderer der Pflanzenkultur zu sein. Er ließ den Hirschgarten mit Statuen besetzen und an den Wochenenden durch Musik beleben. Erstmals öffnet sich der Hirschgarten für die Öffentlichkeit und wurde damit zur ältesten öffentlich nutzbaren Grünanlage der Stadt.

1802, mit dem Einzug der Franzosen, wird von einer mangelhaften Pflege und Vandalismus berichtet. 1827 wird der Hirschgarten städtisches Eigentum. Die Stadt untersagt, den Hirschgarten weiterhin für Exerzierübungen und Truppenversammlungen zu nutzen, und auch ein striktes Reitverbot galt alsbald. 1836 war der Hirschgarten durch die Anlage eines mittleren Weges zur Neuwerkstraße geöffnet worden, sodass von diesem Zeitpunkt an die Anlage wieder dem gesamten Volk zur Verfügung stand. Im Jahr 1883 bewilligte der Magistrat der Stadt den Bau der Straßenbahn durch den Hirschgarten.

Foto: Altstadtquartier zwischen Eichenstraße und Regenbogengasse vor dem Abriss 1983 Foto: © Stadtarchiv Erfurt

Unter Herrschaft der Nationalsozialisten erhielt die Parkanlage die Bezeichnung „Platz der SA“. Aus den Akten ist ersichtlich, dass im letzten Kriegsjahr die Grünfläche im Hirschgarten in kleine Parzellen eingeteilt und zur Versorgung der Bevölkerung allerlei Gemüse angebaut wurde.

Unmittelbar nach Kriegsende bis 1991 trug der Hirschgarten den Namen „Platz der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft“. Die kriegsbedingten Zerstörungen erforderten eine zügige Neugestaltung des „Platzes der DSF“. Ein Beschluss aus dem Jahre 1947 sah vor, die öffentliche Parkanlage mit einfachen Mitteln neu zu gestalten und den Löschwasserteich aus der NS-Zeit mit Abbruchmaterial zu verfüllen. In diesem Zusammenhang erhöhte man die gesamte Rasenfläche um ca. einen halben Meter. Die Reste des Sockels des 1876 aufgestellten Kriegerdenkmals verschwanden endgültig. In der Mitte der Grünanlage entstand 1956 wieder ein großer Springbrunnen.

Foto: Rohbau des Hauses der Kultur 1987 Foto: © Stadtarchiv Erfurt

Ab den 1970er Jahren wurde im Zusammenhang mit der Standortsuche für ein „Haus der Kultur“ der Hirschgarten ausgewählt. Da das Gebäude nicht planmäßig 1989 fertiggestellt werden konnte, ist es der politischen Wende zu verdanken, dass eine weitere Umgestaltung des Hirschgartens unterblieb. Es folgte ein Zustand der Erstarrung, da erst 1996 der Beschluss gefasst wurde, den Rohbau des Kulturhauses – der im Volksmund längst zum »Schiffshebewerk« mutiert war – abzureißen.

Bereits ein Jahr später lag ein Wettbewerbsentwurf für den Neubau eines Opernhauses vor. Die Architekturentwürfe untersuchten sogar den Bau einer Tiefgarage unter der Parkanlage und zogen eine Fällung des alten Baumbestandes in Betracht. Da neben dem Kulturhaus auch andere bauliche Varianten nicht zum Erfolg führten, wurde die verbliebene Parkanlage ab 1991 als Hirschgarten mit einfachsten Mitteln erhalten. Über zehn Jahre hinweg erstreckte sich im westlichen Teil eine unansehnliche Baugrube. Erst mit dem eindeutigen Votum der Bürger der Stadt Erfurt, keine Neubebauung am Hirschgarten mehr zu bevorzugen, beschloss der Stadtrat am 19. Juli 2006, einer Grünanlage den Vorzug zu geben.

Ein europaweiter Wettbewerb prämierte den Siegerentwurf des Ateliers Loidl als moderne Interpretation der historischen Hirschgartenparkanlage in Symbiose mit einem neu gestalteten, vielfach bespielbaren Stadtplatz. Beide werden über einen kleinen Boulevard miteinander verbunden. Der Hirschgarten wird wieder zum Treffpunkt der Erfurter in der Altstadt.

Mehr zur Geschichte des Hirschgartens und der Erfurter Parks lässt sich in der Broschüre „Öffentliche Parkanlagen in Erfurt“ nachlesen, die in der Erfurt Tourist Information am Benediktsplatz erhältlich ist.