Haus Dacheröden: Geschichtliche Eckdaten
um 1300 Bebauung mit mittelalterlicher Kemenate (Steinbebauung)
1310 erste Einträge im Freizinsregister der Stadt Erfurt zu den Besitzverhältnissen der beiden Flurstücke, auf denen später die Häuser "Zum großen und neuen Schiff" und "Zum güldenen Hecht" stehen: "Conradus Porunonis Gertrudis et Jutta de curia quondam witelonis de Gotha" und "Meychthildis, filia heinrici de wilingen de curia sua"
um 1500 Ersterwähnung der Hausnamen "Zum Schiffchen" und "Zum güldenen Hecht", weitere gebräuchliche Namen: "Zum großen und neuen Schiff", "Zum Schifflein" und "Zum grünen Hechte", "Zum Hechte"
1530 Claus Krautheym und Sohn werden im "Verrechtsbuch" der Stadt Erfurt als Besitzer beider Häuser mit Biereigenrecht genannt; ab 1530 bis Ende des 18. Jahrhunderts wiederholte Nutzung der Häuser als Biereigenhof nachgewiesen
1557 Heinrich Vasoldt (seit 1547 Besitzer des Hauses "Zum güldenen Hecht") lässt durch die Steinmetze Blasius Henningk und Sohn das Renaissanceportal und den Erker, der als optische Verbindung beider Häuser funktioniert, fertigen und errichten; seit 1351 wird der Anger per "Erfurter Zuchtbrief" als Waidmarkt genutzt, die hohe Dachkonstruktion beider Häuser als Waidtrockenspeicher entspricht diesen ökonomischen Gegebenheiten
1585 Bauherrentafel im Foyer gibt diese Jahreszahl an, ursprünglicher Standort bzw. ursprüngliche Bestimmung der Tafel nicht bekannt, zeigt wohl das Baujahr des Anbaus des heutigen
1642 laut Überlieferung im Dreißigjährigen Krieg "... anstatt einer Scheune gebraucht", keine Umbau- oder Renovierungsmaßnahmen
1651 letzter Waidhändler als Besitzer der beiden Häuser ist J. J. Gerstenberg(er)
ab 1664 Wohnhaus von Beamten der kurmainzischen Statthalterei. Hier hinein fällt nun auch der barocke Innenausbau mit den Steinsäulen, die Balustraden und Arkadenbögen, der Treppenaufgang und die Stuckdecken, später dann auch die beiden Rokkokofenster über dem Hochportal
1774 Freiherr Carl Friedrich von Dacheröden (1732 - 1809), Jurist und Preußischer Kammerpräsident a. D., zieht als prominentester Mieter zusammen mit seinen Kindern Ernst und Caroline im Haus "Zum Schiffchen" ein, seit 1778 ist Dacheröden im Senat der "Churmaynzischen Academie der nützlichen Wissenschaften zu Erfurt", später wird er deren Präsident bis zu seinem Tode; gemeinsam mit seiner Tochter Caroline prägt er das geistige und kulturelle Leben der Stadt Erfurt (häufige Gäste im Hause Dacheröden sind Dalberg, Schiller, die Brüder von Humboldt)
1791 Caroline von Dacheröden vermählt sich mit Wilhelm von Humboldt im Haus ihres Vaters
1815 Garnwarengroßhändler Sebastian Lucius erwirbt zunächst das Haus "Zum güldenen Hecht", die seit dem 17. Jh. in Erfurt ansässige Fabrikanten- und Handelsfamilie Lucius verkehrt in den politisch entscheidenden Kreisen des Bürgertums der Stadt
1833 Sebastian Lucius kauft auch das Haus "Zum Schiffchen", er veranlasst die funktionale Verschmelzung beider Häuser zu einem Wohn- und Produktionsgebäude durch eine Zwischenverbindung, in den nächsten Jahren finden weitere Neu-, Um- und Anbaumaßnahmen statt;
ab 1833 zusammen mit seiner Frau Marianne Lucius, geb. Hebel, begründet Sebastian Lucius die Lucius-Hebel-Stiftung; Marianne Lucius sorgt nach dem Tod ihres Mannes für den Erhalt des katholischen Krankenhauses für bedürftige katholische Bürger sowie für die Neugründung einer ambulanten Krankenpflege der Franziskanerinnen und eines Erziehungsheimes für katholische Mädchen
1906 Geschäftsübernahme durch Walter von Nathusius, spätere Mitinhaber Hans-Jochen und Franz von Nathusius (Nachfahren des Lucius) und es folgen weitere Umbauten, die dieser Zeit entsprechen (wie Elektrizität, Heizung, Aufzug)
1918 Einrichtung von Kleinwohnungen im Hinterhaus des Gebäudes "Zum Schiffchen"/ "Zum güldenen Hecht" bzw. des Lucius-Hauses
1928 umfassende Renovierung durch die Garnwarengroßhändler Gebrüder von Nathusius, Versetzung des Nebeneingangs zum Einbau eines Büros und Pförtnerloge, Einlassung der Inschrift "Gegründet 1763 Johann Antonn Lucius", welches lediglich auf das Firmengründungsjahr hinweist
1944 Beschädigung des Vordergebäudes durch Luftangriffe
1951 Franz von Nathusius verkauft Grundstück und Gebäude an die Zentrag (Verbund SED-eigener Druckereien und Verlage)
1956 Nutzung als Zentralversand für Vordrucke, Verfügungen und Mitteilungen durch den neuen Eigentümer Zentrag;
erste Teilrestaurierung, die Fassade erhält einen roten Anstrich
1977 Fassadensanierung im Zuge der Angersanierung (1976 - 79), die Fassade wird in einem dunkleren Rot-Ton gestrichen
1986 Auszug der Zentrag und Übergabe an den Kulturbund der DDR zur Gesamtrekonstruktion zur perspektivischen Nutzung als Klub der Intelligenz
1989 während der Arbeiten zur Gesamtrekonstruktion wird die Fassadenfarbe in hellen Weiß- und Grautönen nach dem Vorbild einer frühen Fassung um 1600 restauriert
1989 - 1991 durch den Bruch der politischen Wende konnte die durch den Kulturbund geplante Gesamtrekonstruktion nicht realisiert werden
1992 Übernahme des Hauses durch die Stadtverwaltung Erfurt, Fertigstellung des Erdgeschossbereiches, seitdem Nutzung als Kulturforum Haus Dacheröden