31. Etappe der Tour de Bildung: Stadtfinden
Textreportage
“Uuuuuund... Das ist der Ausgleich!“ Auf dem improvisierten Sportplatz vor dem Jugendhaus Wiesenhügel sind die Bälle hart umkämpft. „Die letzten zwanzig Sekunden!“ Sven Soederberg setzt zum Schlusspfiff an. Vier zu zwei steht es am Ende für das Team „Juventus Urin“, die „Abzocker“ hatten keine Chance. Schon seit einigen Jahren engagiert sich der Verein „Spirit of Football“ für eine positive Fußballkultur in Erfurt und organisiert Fußballturniere für Jugendliche, bei denen es vor allem auf ein faires Miteinander ankommt. Für das Jugendhaus Wiesenhügel ist das Turnier eine Premiere. „Man merkt, dass sich die meisten Spieler schon eine Weile kennen. Obwohl es gerade in den letzten beiden Spielen etwas härter zur Sache ging, hatten wir eine positive Grundatmosphäre“, fasst Sven Soederberg zusammen.
Die Idee zum fairen Fußball im Südosten hatte Radio F.R.E.I. Im Rahmen des Projektes „Stadtfinden“ engagiert sich der Bürgersender in verschiedenen Vierteln der Stadt. Mit einem umgebauten Schiffscontainer sind die Radiomacher/-innen jeweils für einige Monate vor Ort und berichten über den Stadtteil, dessen Einwohner und deren Themen. Die Idee von „Stadtfinden“ geht darüber aber noch hinaus. Vor allem Jugendliche sollen über das Medium Radio ermutigt werden, sich aktiv an der Entwicklung ihres Viertels zu beteiligen.
Der elfjährige Torsten kommt regelmäßig zum Radiocontainer am Wiesenhügel. Bei zwei Sendungen hat er bereits mitgemacht. Im Jugendhaus ist er heute mit dem Aufnahmegerät unterwegs, um über das Fußballturnier zu berichten. „Ich werde gleich noch ein paar Leute befragen, wie es ihnen hier so gefällt. Und für den Wiesenhügel würde ich mir mehr Plätze wünschen, wo man draußen Fußball spielen kann“, sagt Torsten.
Der Radio-Container steht nicht weit. Auf der anderen Seite der Hauptstraße, gleich beim Discounter. Den Strom bekommt er von der Judohalle nebenan, gesendet wird per Internet. Wir treffen Roman Pastuschka. Mit routinierten Handgriffen entriegelt er die Stahltüren. Drei Seiten können komplett geöffnet werden. Sein Kollege muss ihm dabei helfen, die schweren Seitenwände auszuklappen. „Auf diese Weise können wir die Grundfläche verdoppeln. Ziemlich praktisch, wenn mal eine Band hier spielt oder viele Leute da sind“, erklärt Roman Pastuschka. Im Inneren des Containers kommt ein komplett eingerichtetes Radiostudio zum Vorschein. Gleich beginnt das Vormittagsmagazin, das er jeden Mittwoch live aus dem Container präsentiert. Die Ortsteilbürgermeister von Herrenberg und Wiesenhügel Hans Jürgen Czentarra und Matthias Plhak sind diesmal zu Gast und sollen ihre Politik für den Südosten erläutern.
In der Krämpfervorstadt, in Stotternheim und am Moskauer Platz stand der Container bereits. „Ziel ist es, uns mit vorhanden Akteuren und Strukturen zu vernetzen und die Bewohner/-innen für das Thema Stadtentwicklung und bürgerschaftliches Engagement in ihrem Viertel zu interessieren. Wir sind in Kontakt mit Jugendhäusern, Vereinen, Stadtteilzentren, Kirchen und vor allem aber Menschen, die sich für ihren Stadtteil engagieren. Das Medium Radio halten wir für besonders geeignet, weil es eine größere Öffentlichkeit herstellt. Deshalb sind auch alle Sendungen, die wir vom Container machen, öffentlich und auf den Stadtteil bezogen. Wer will, kann vorbeikommen und sich äußern. Sonntags gibt es manchmal auch Kaffee, Kuchen und Livemusik.“, erzählt Roman Pastuschka. Nach fast drei Jahren Projektlaufzeit ist der Südosten für den Radiocontainer die vorerst letzte Station. Roman Pastuschka ist nicht ganz ohne Wehmut. Doch er hat schon neue Pläne: „Wir wollen versuchen eigene Stadtteilradios aufzubauen, und somit den Bewohner/-innen verschiedener Viertel einen festen Sendeplatz bei Radio F.R.E.I. zu bieten.“
Andreas Kubitza