3. Etappe Tour de Bildung: Volkshochschule
Textreportage
Donnerstag Abend sei ein guter Termin, dann könnten wir uns gleich die Sprachkurse ansehen. Torsten Haß empfängt uns vorher in seinem Büro. Zwanzig Minuten haben wir, dann muss er zu einem Termin. Ich frage ihn, wie man Leiter einer Volkshochschule wird. "Ich bin ausgebildeter Grundschullehrer, habe mich dann zum Diplom-Motologen weiterqualifiziert, habe dann neben dem Beruf Verwaltungsbetriebswirtschaft studiert, dann als Geschäftsführer eines Bildungsvereins in der Erwachsenenbildung gearbeitet und war bis 2007 persönlicher Referent des Oberbürgermeisters." Auf die Frage, was das interessanteste an seinem Job ist, sagt er: "Die Vielfalt, die die Arbeit mit sich bringt. Morgens um acht geht der erste Kurs los, abends um 22 Uhr der letzte.
Am liebsten würde ich überall mit dabei sein, was leider nicht möglich ist. Wir haben fünf verschiedene Fachbereiche - Sprachen, Kreativität, Politik und Gesellschaft, Kunst und Kultur, Schulabschlüsse und Beruf sowie Gesundheit mit über 6500 Kursteilnehmern pro Jahr." Ich frage, ob es möglich sei, in einem Beruf, wie dem seinen, persönliche Akzente zu setzen. "Den Bereich Politik und Gesellschaft gab es vorher nicht, dafür habe ich mich persönlich eingesetzt. Seitdem kommen sogar Stadtratskandidaten, um Kurse über Kommunalpolitik zu besuchen. Auch für die Integrationskurse für Menschen mit Migrationshintergrund, die wir mittlerweile anbieten, habe ich mich stark gemacht."
Wir gehen eine Etage tiefer zu Andreas Dölle, Leiter des Bereiches Sprachen, Kommunikation und Integration. "Ein Integrationskurs geht ein halbes Jahr und umfasst 600 Stunden Deutschunterricht und 45 Stunden Landeskunde mit jeweils zwei Prüfungen am Ende. Landeskundliche Fragen wären zum Beispiel, wann der zweite Weltkrieg endete oder in welchen Abständen der Thüringer Landtag gewählt wird. Von 33 Fragen muss man aber nur 17 richtig beantworten." Insgesamt werden 24 Fremdsprachen angeboten, größtenteils Englisch und Spanisch. "Es gibt aber auch exotischere Kurse Norwegisch, Dänisch oder Arabisch", erklärt Andreas Dölle weiter. Die Motivation der Teilnehmer sei dabei sehr unterschiedlich. "Natürlich steht an erster Stelle das Interesse an der Fremdsprache, es kommen aber auch viele, die nach der Arbeit was für's Gehirn tun, oder einfach andere Menschen kennen lernen wollen."
Eine willkommene Möglichkeit dazu böte der Kurs "Französisch kochen mit Olivia", der vor wenigen Augenblicken begonnen habe. Wir werden von Andreas Dölle aber gleich vorgewarnt: "Ich habe bis jetzt noch nichts zum Probieren bekommen. Die essen alles selber auf." In der Küche im ersten Stock riecht es nach angebratenem Fleisch und Zwiebeln. Olivia Mauny aus Saint Malo in der Bretagne bereitet mit ihren acht Kursteilnehmer/-innen ein französisches Vier-Gänge-Menü zu. Die Rezepte sind zweisprachig, so kann man nebenbei ein paar nützliche Französischvokabeln für den Urlaub lernen. "Erst besprechen wir das Menü, dann bilden wir verschiedene Gruppen, die für jeweils einen Gang verantwortlich sind und zum Schluss essen wir alle zusammen", sagt Olivia Mauny mit französischem Akzent. "Heute gibt es Feuilletés au fromage, Macédoine de légumes, Hachis parmentier et salade - und als Nachtisch Ile flottante." Teilnehmerin Constanze ist Frankreich-Fan und hatte zuvor bei Olivia schon den Kurs "Französisch für Touristen" besucht. "Ich kenne viele Gerichte schon aus dem Urlaub und hatte großes Interesse, das mal selber zu kochen." Viel Zeit, weitere Fragen zu beantworten hat sie jedoch nicht: "Ich muss mich jetzt erst mal um das Wasserbad kümmern, damit die Crème für den Eischnee eingedickt werden kann."