Allgemeinverfügung: Bekämpfung der Geflügelpest – Festlegung von Sperrbezirk und Beobachtungsgebiet (23.01.2017)

24.01.2017 15:41

Festlegung von Sperrbezirk und Beobachtungsgebiet sowie Maßregeln wegen Verdachts der Geflügelpest bei einem in der Gemarkung Mittelhausen, Ferdinand-Jühlke-Straße aufgefundenen Wildvogel

Öffentliche Bekanntgabe nach § 41 Abs. 4 ThürVwVfG vom 23.01.2017

An alle Einwohner der Ortsteile Kühnhausen, Mittelhausen, Sulzer Siedlung, Hohenwinden, Roter Berg, Moskauer Platz, Gispersleben

Bekämpfung der Geflügelpest

Festlegung von Sperrbezirk und Beobachtungsgebiet sowie Maßregeln wegen Verdachts der Geflügelpest bei einem in der Gemarkung Mittelhausen, Ferdinand-Jühlke-Straße aufgefundenen Wildvogel.

Nach Prüfung erlässt das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt Erfurt, Johannesstraße 171/173, 99084 Erfurt folgende

Allgemeinverfügung

1. Der Verdacht des Ausbruchs der Geflügelpest wurde am 20.01.2017 festgestellt.

2. Aufgrund des am 20.01.2017 amtlich festgestellten Verdachtes der Geflügelpest bei einem Wildvogel wird ein Sperrbezirk festgelegt, der folgendes Gebiet umfasst: Ortsteil Mittelhausen

3. Aufgrund des am 20.01.2017 amtlich festgestellten Verdachtes der Geflügelpest wird ein Beobachtungsgebiet festgelegt, welches folgendes Gebiet umfasst: Ortsteile Kühnhausen, Sulzer Siedlung und Hohenwinden (jeweils westlich der Bahnlinie), Roter Berg und Moskauer Platz, Gispersleben.

4. Für den Sperrbezirk werden für die Dauer von 21 Tagen folgende Maßnahmen angeordnet:

4. 1 Gehaltene Vögel und Bruteier dürfen nicht aus einem Bestand verbracht werden.

4.2 Frisches Fleisch, Hackfleisch oder Separatorenfleisch, Fleischerzeugnisse, Fleischzu-bereitungen, das oder die von gehaltenen Vögeln oder von Federwild aus dem Sperrbezirk gewonnen worden ist oder sind, dürfen nicht verbracht werden.

4.3 Tierische Nebenprodukte (z. B. Mist oder verendete Tiere) von gehaltenen Vögeln dürfen nicht ohne Genehmigung des Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamtes (VLÜA) aus einem Bestand verbracht werden.

4.4 Jeder Tierhalter hat sicherzustellen, dass an den Ein- und Ausgängen der Ställe oder sonstigen Standorten, in denen Geflügel gehalten wird, Matten oder sonstige saugfähige Bodenauflagen ausgelegt werden und diese mit einem wirksamen Desinfektionsmittel getränkt und stets damit feucht gehalten werden.

4.5 Gehaltene Vögel dürfen nicht zur Aufstockung des Wildvogelbestands freigelassen werden.

4.6. Die Jagd auf Federwild ist verboten.

4.7 Geflügel darf nur im Durchgangsverkehr auf Straßen des Fernverkehrs befördert werden und nur, soweit das Fahrzeug nicht anhält und Geflügel nicht entladen wird.

4.8 Ein innerhalb eines Sperrbezirks gelegener Stall oder sonstiger Standort, in dem Vögel gehalten werden, darf von betriebsfremden Personen nicht betreten werden. Dies gilt nicht für den betreuenden Tierarzt, dessen jeweilige Hilfspersonen sowie die mit der Tierseuchenbekämpfung beauftragten Personen der zuständigen Behörde.

4.9 Wer im Sperrbezirk Geflügel hält, hat das Geflügel in geschlossenen Ställen oder unter einer Vorrichtung, die aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten dichten Abdeckung und einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenbegrenzung bestehen muss, zu halten.

4.10 Das im Sperrbezirk zu Erwerbszwecken gehaltene Geflügel ist nach näherer Anweisung der Amtstierärzte regelmäßig klinisch und soweit Belange der Tierseuchenbekämpfung dies erfordern, virologisch untersuchen zu lassen.

4.11 Wildvögel, insbesondere Wasservögel und kranke oder verendet aufgefundene Wildvögel sind auf hochpathogenes aviäres Influenzavirus untersuchen zu lassen.

4.12. Nach Ablauf von mindestens 21 Tagen gelten für den Sperrbezirk die Anforderungen an ein Beobachtungsgebiet nach Nummer 4.2 entsprechend.

4.13. Wer einen Hund oder eine Katze hält, hat sicherzustellen, dass diese im Sperrbezirk nicht frei umherlaufen.

5. Im Beobachtungsgebiet werden folgende Maßnahmen angeordnet:

5.1 Für die Dauer von mindestens 15 Tagen nach Festlegung des Beobachtungsgebietes dürfen gehaltene Vögel aus dem Beobachtungsgebiet nicht verbracht werden.

5.2 Für die Dauer von mindestens 30 Tagen nach Festlegung des Beobachtungsgebietes dürfen gehaltene Vögel nicht zur Aufstockung des Wildvogelbestandes freigelassen werden.

5.3 Federwild darf nur mit Genehmigung oder auf Anordnung der zuständigen Behörde gejagt werden.

5.4 Wer im Beobachtungsgebiet Geflügel hält, hat das Geflügel in geschlossenen Ställen oder unter einer Vorrichtung, die aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten dichten Abdeckung und einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenbegrenzung bestehen muss, zu halten.

6. Die sofortige Vollziehung der in den Nummern 1 bis 5 des Tenors getroffenen Regelungen wird gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet.

7. Die Bestimmungen der Allgemeinverfügung vom 15.11.2016 Az. 39-1230 bleiben von dieser Allgemeinverfügung unberührt.

8. Diese Allgemeinverfügung tritt am Dienstag, dem 24.01.2017 in Kraft.

9. Die Verfügung ergeht verwaltungskostenfrei.

Hinweise:

Alle Geflügelhalter im Gebiet des Landeshauptstadt Erfurt sind zur Anzeige des gehaltenen Geflügels verpflichtet. Sind Sie dem bisher nicht nachgekommen, haben Sie die Geflügelhaltung unverzüglich beim Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt Erfurt anzuzeigen.

Begründung:

1.

Am 18.01.2017 wurde in der Ferdinand-Jühlke-Straße in Kühnhausen ein verendeter Schwan aufgefunden. Dieser Wildvogel wurde am 19.01.2017 zur Untersuchung an das Thüringer Landesamt für Verbraucher-schutz in Bad Langensalza zur Untersuchung übergeben.

Am 20.01.2017 wurde im Ergebnis der Untersuchung der Influenza-A-Virus mit einer positiven Differenzierung für H5 nachgewiesen. Der Verdacht der Geflügelpest war damit am 20.01.2017 amtlich festzustellen.

Um eine Verbreitung der Geflügelpest durch Tiere, Menschen oder Fahrzeuge zu verhindern, war mit sofortiger Wirkung um den Seuchenherd als wirkungsvolle Barriere mit einem Radius von einem Kilometer ein Sperrbezirk zu bilden. Darüber hinaus war um den Fundort umgebenden Sperrbezirk ein Beobachtungsgebiet festzulegen. Der Sperrbezirk und das Beobachtungsgebiet umfassen die unter Nummer 1 und 2 festgelegten Orte bzw. Ortslagen. 

Der Verdacht der Geflügelpest wurde amtlich festgestellt. Die Anordnung ist daher mit sofortiger Vollziehung als Allgemeinverfügung entsprechend § 41 des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes (ThürVwVfG) ortsüblich öffentlich bekannt zu geben und ab sofort umzusetzen.

2.

Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Thüringer Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz (Thüringer Tiergesundheitsgesetz – ThürTierGesG) i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ThürVwVfG ist das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt Erfurt, Johannesstraße 171/173, 99084 Erfurt, zuständige Behörde für den Erlass dieser Allgemeinverfügung.

Zu Nr. 1 bis 4 des Tenors:

Ist der Verdacht auf Geflügelpest bei einem Wildvogel amtlich festgestellt, so legt die zuständige Behörde gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 Nr.1 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpest-Verordnung – GeflPestSchV) das Gebiet um den Fundort des erlegten oder tot aufgefundenen Wildvogels mit einem Radius von mindestens einem Kilometer als Sperrbezirk fest.

Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 GeflPestSchV legt die zuständige Behörde um den Fundort des erlegten oder tot aufgefundenen Wildvogels weiterhin ein Beobachtungsgebiet mit einem Radius von mindestens drei Kilometern fest.

Die zuständige Behörde kann auf der Grundlage einer von ihr durchgeführten Risikobewertung, die das Vorkommen und das Verhalten der Vogelart, der der befallene Wildvogel zugehört, sowie die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt von Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 abweichen (§ 55 Abs. 3 GeflPestSchV).

Hierbei berücksichtigt sie das Vorhandensein eines Sperrbezirks nach § 21 Abs. 1 GeflPestSchV, eines Beobachtungsgebiets nach § 27 Abs. 1 GeflPestSchV oder einer Kontrollzone nach § 30 Abs. 1 GeflPestSchV, die Strukturen des Handels und der örtlichen Gegebenheiten, natürliche Grenzen, epidemiologische Erkenntnisse, ökologische Gegebenheiten, Überwachungsmöglichkeiten sowie das Vorhandensein von zugelassenen Schlachtstätten und Verarbeitungsbetrieben für Material der Kategorie 1 und 2.

Die Anordnungen unter Nr. 3 und 4 basieren auf § 56 Abs. 1, 2, 4 und 6 i. V. m. § 21 Abs. 2  GeflPestSchV.

Die Geflügelpest ist eine hoch ansteckende und verlustreiche, anzeigepflichtige Viruserkrankung bei Wirtschaftsgeflügel und zahlreichen Wildvögeln. Durch die Geflügelpest werden neben hohen Tierverlusten erhebliche wirtschaftliche Einbußen durch Handelsrestriktionen der betroffenen Betriebe, bei anderen Betrieben der Geflügelhaltung und der Geflügelwirtschaft verursacht. 

Das Virus kann durch Geflügel, andere Tierkontakte, durch von Geflügel stammenden Erzeugnissen, Rohprodukten, Ausscheidungen, über die Luft sowie durch Personen und Gegenstände verbreitet werden.

Um ein Verbreiten dieser Krankheit wirksam zu verhindern, war es erforderlich, den Sperrbezirk und das Beobachtungsgebiet in der in den Ziffern 1 und 2 dieser Verfügung genannten Größe festzulegen.

Die Festlegung eines kleineren Sperrbezirkes bzw. Beobachtungsgebietes kam im Interesse einer wirkungsvollen Seuchenbekämpfung nicht in Betracht.

Um eine mögliche Ausbreitung der Erkrankung wirksam zu unterbinden, ist es erforderlich, den Sperrbezirk und das Beobachtungsgebiet in benanntem Umfang festzulegen sowie den Verkehr mit Geflügel und potenziell infektionsfähigen Material einzuschränken. Die angeordneten Maßnahmen sind daher im öffentlichen Interesse einer effektiven Tierseuchenbekämpfung zwingend geboten. Demgegenüber müssen die privaten und wirtschaftlichen Interessen Einzelner zurückstehen.

Da der Verdacht der Geflügelpest am 20.01.2017 bei einem Wildvogel amtlich festgestellt wurde, waren die Anordnungen Nr. 1 bis 4 erforderlich.  

Zu Nr. 5 des Tenors:

Gemäß § 56 Abs. 3 GeflPestSchV haben Halter von Hunden und Katzen sicherzustellen, dass diese Tiere nicht frei im Sperrbezirk oder im Beobachtungsgebiet umherlaufen.

Unter Abwägung der tierseuchenrechtlichen Belange und im Interesse der Tierhalter war das freie Umherlaufen von Hunden oder Katzen nur für den Sperrbezirk zu untersagen.

Zu Nr. 6 des Tenors:

Die sofortige Vollziehung der Maßnahmen in den Nummern 1 bis 5 des Tenors wird angeordnet, da es sich bei der Geflügelpest um eine hochansteckende und leicht übertragbare Tierseuche handelt, deren Ausbruch mit hohen wirtschaftlichen Schäden und weitreichenden Handelsrestriktionen einhergeht. Die Maßnahmen zum Schutz vor der Verschleppung der Seuche müssen daher sofort und ohne eine zeitliche Verzögerung greifen. Es kann nicht abgewartet werden, bis die Rechtmäßigkeit der amtlichen Feststellung der Seuche gerichtlich festgestellt wird. Insofern überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung ein entgegenstehendes privates Interesse an der aufschiebenden Wirkung eines eventuellen Widerspruchs.

Das öffentliche Interesse sowie das Interesse der Betroffen an der sofortigen Vollziehung der Anordnung ist hier somit gegeben. Denn die Gefahr der Weiterverbreitung der Geflügelpest und die damit verbundene Beeinträchtigungen der Geflügelhaltungen und der gesamten Geflügelwirtschaft wären nicht unerheblich   

Zu Nr. 7 des Tenors:

Entsprechend § 41 Abs. 4 Sätze 3 und 4 ThürVwVfG gilt die Allgemeinverfügung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag, bestimmt werden. Von dieser Ermächtigung wurde Gebrauch gemacht, da die tierseuchenrechtliche Anordnung keinen Aufschub duldet.

Diese Allgemeinverfügung wird auf der Grundlage des § 41 Abs. 3 Satz 2 ThürVwVfG öffentlich bekannt gegeben. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Adressatenkreis so groß ist, dass er, bezogen auf Zeit und Zweck der Regelung, vernünftigerweise nicht in Form einer Einzelbekanntgabe angesprochen werden kann.

Von einer Anhörung wurde gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 4 ThürVwVfG abgesehen. Im Rahmen der Ermessens-entscheidung war zu berücksichtigen, dass bei der vorliegenden Sachlage die Anhörung der Betroffenen nicht zu einer anderen Beurteilung der Dinge geführt hätte.

Zu Nr. 8:

Die Bestimmungen werden

Zu Nr. 9:

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 28 Nr. 1 ThürTierGesG.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch einlegen. Der Widerspruch ist schriftlich oder mündlich zur Niederschrift bei der Stadtverwaltung Erfurt, Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt, Johannesstraße 171/173, 99084 Erfurt einzulegen. Der Widerspruch kann auch mittels De-Mail mit Absenderbestätigung im Sinne des § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes an die De-Mail-Adresse stadtverwaltung@erfurt.de-mail.de erhoben werden. Die Einlegung des Widerspruchs mittels einfacher E-Mail genügt hingegen nicht den Anforderungen an die Schriftform.

Im Auftrag

Dr. Kreis
Siegel

Amtsleiter

Weitere Hinweise:

Widerspruch und Anfechtungsklage haben gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Dies bedeutet, dass die Anordnungen befolgt werden müssen, auch wenn ein Rechtsbehelf eingelegt wird.

Zuwiderhandlungen gegen diese Anordnungen stellen Ordnungswidrigkeiten im Sinne von § 32 Abs. 2 Nr. 4 Buchstabe a des Gesetzes zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen (Tiergesundheitsgesetz – TierGesG) dar. Diese können mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000 Euro geahndet werden.

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Falle der Nichtbefolgung der Anordnungen diese mit Zwangsmitteln nach dem Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (ThürVwZVG) durchgesetzt werden können.

Wegen eines eventuellen Entschädigungsanspruches wird auf die §§ 15 bis 22 TierGesG verwiesen. Demnach kann vorbehaltlich der dort bezeichneten Ausnahmen eine Entschädigung in Geld unter anderem für Tiere, die auf behördliche Anordnung getötet wurden, geleistet werden.