Bilder-Geschichten: Fasching in Erfurt. Ein Streifzug durch die Geschichte

01.02.2016 07:10

Der Karneval in Erfurt ist eine Institution, die weit ins 14. Jahrhundert zurückreicht. Während der Reformation verboten und erst im 18. Jahrhundert wiederentdeckt, bereicherten Wanderbühnen und Bräuche an den Fürstenhöfen und Residenzen das närrische Treiben. Die Feierlichkeiten zwischen dem Dreikönigstag und Aschermittwoch entwickelte sich zu einer festen Größe. In der Stadt und in den Ortschaften traf man sich zum närrischen Treiben, ähnlich wie auch heute. In der Mitte der 1930er Jahre erlebte der Karneval mit dem ersten organisierten Umzug eine Renaissance. Auch im zweigeteilten Deutschland lebten die Karnevalsumzüge und Feierlichkeiten weiter. Mit der Überwindung des Stalinismus vor Mitte der 1950er Jahre begann in der jungen DDR eine Gründungswelle von Karnevalsklubs. Hier blühte die politische Satire. Einfallsreich, mutig, provokant und ohne kommerziellen Hintergrund (!) kritisierte man, machte öffentlich, was von offizieller Seite tagtäglich verschwiegen wurde.

Faschingsumzug in den 30er Jahren

Foto: Walter Lux: Faschingsumzug Erfurt 1937/38 Foto: © Stadtarchiv Erfurt

Bildbeschreibung

Eine der schönsten Veranstaltungen in Erfurt ist der Festumzug, der sich durch die Altstadt zieht und viele buntgekleidete und fröhliche Menschen zusammen bringt.

Die schwarzweiße Fotografie zeigt einen liebevoll geschmückten Faschingswagen. Das Fuhrwerk wird von zwei Pferden gezogen, die in der rechten Bildhälfte verschwinden. Als Dekoration dient ein herzförmiger Verkaufswagen,  der wahrscheinlich aus Pappmache gefertigt wurde. Die Front des Pferdekarrens ist ebenfalls mit zwei Schildern in Herzform geschmückt. Darauf wirbt das Kaufhaus Reibstein mit dem Spruch „Wir erobern uns die Herzen“. Vier junge Damen stehen auf dem Wagen und rufen in die Menschenmenge. Diese hat sich rechts und links auf dem Bürgersteig versammelt, um das närrische Treiben zu beobachten. Es scheint, als wäre jede freie Stelle mit Menschen ausgefüllt. Der Faschingsumzug befindet sich gerade in der Schlösserstraße, die den Anger und den Fischmarkt verbindet. Auch in der heutigen Zeit  führt die Route des Erfurter Karnevalszuges durch diese Straße und treibt die Bewohner der Stadt auf die Gassen.

Fasching in Erfurt

Die Fotografie wird in das Jahr 1937/38 eingeordnet und wurde von dem Fotografen Walter Lux aufgenommen. Das Werbeplakat stammt von dem führenden Warenhaus Reibstein, welches 1914-1916 errichtet und 1944 durch Bombardierungen stark beschädigt wurde. Es befand sich an der Ecke von der Schlösserstraße und des Junkersand, auf dem heute das Kaufhaus Breuninger steht.

Der Brauch des Faschingsumzuges lässt sich schwer zurückverfolgen. Aber das Narrentreiben ist bereits im Mittelalter verbreitet und wurde auch im 13. Jahrhundert erstmals schriftlich erwähnt. Im ehemaligen Erfurter Rathaus schmückten Wappenschilder und Rundbilder den Saal. Auf den hölzernen Rundschildern wurden die Beschäftigungen, die in den einzelnen Monaten charakteristisch sind, dargestellt. Für den Monat Februar wird der Tanz mit der Überschreibung „Hornung“ gezeigt. Ein junger Mann und ein junges Mädchen in festlicher Kleidung stehen sich zum Tanz bereit gegenüber. Damit wird auf die karnevalistischen Tänze verwiesen, die im 14. Jahrhundert ein beliebtes Vergnügen darstellten. Die Relikte befinden sich im Angermuseum und sehr gute Reproduktionen können im Erfurter Stadtmuseum besichtigt werden. Ein organisierter Faschingsumzug, wie in der Fotografie zu sehen ist, wurde in Erfurt erst in den 30er Jahren begonnen. Demzufolge zeigt das Bild einen der ersten Faschingsumzüge die in Erfurt stattgefunden haben.

Zwischen Bütt & Politik. Karneval und Fasching in der DDR: Kabinettausstellung im Museum für Thüringer Volkskunde

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Foto: "Zwischen Bütt & Politik": Im Volkskundemuseum gibt es Spannendes zum Thema "Karneval in der DDR" zu entdecken Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Fasching oder Karneval gehörten in der Deutschen Demokratischen Republik zum familiär-geselligen Leben dazu: Zu den "tollen" Tagen um den Fastnachtsdienstag herum, eher vereinzelt auch schon zum 11.11., waren Kostümierungen, Tanz, Speis und Trank, mancherlei Darbietungen und lustige Spiele für Kinder wie Erwachsene angesagt.

Es ging um Geselligkeit und Kreativität, Ausgleich zum mitunter schwierigen und tristen DDR-Alltag. Einige, darunter gebürtige Rheinländer, schritten zur (organisierten) Tat: Mit der Überwindung des Stalinismus vor Mitte der 1950er Jahre begann in der jungen DDR eine Gründungswelle von Karnevalsklubs. Hier blühte nicht nur derb-fröhliches Ritual, sondern auch die politische Satire – beheimatet "in der Bütt". Einfallsreich, mutig, provokant und ohne kommerziellen Hintergrund (!) kritisierte man, machte öffentlich, was von offizieller Seite tagtäglich verschwiegen wurde.

Das Museum für Thüringer Volkskunde präsentiert bis zum 28.02.2016 eine Kabinettausstellung, die sich mit dem Thema Karneval in der DDR beschäftigt.