Mit Nerly auf Reisen in den Süden
Während seiner vier Jahrzehnte währenden Erfolgsjahre in Venedig malte Friedrich Nerly für die eintreffenden Reisenden aus der ganzen Welt ikonische Ansichten der Lagunenstadt. Darüber hinaus dokumentierte der aus Erfurt stammende Maler in seinen Bildern das Venedig des 19. Jahrhunderts. Geprägt von einer großen Vergangenheit stand es nun vor den Herausforderungen der Gegenwart. Verlassene Paläste und bröckelnde Fassaden: Wie sollte man mit den Bauten einer vergangenen Zeit umgehen?
In Nerlys Werken zeigt sich sein Gespür für die materielle Substanz der Lagunenstadt, die im 19. Jahrhundert nicht nur durch den drohenden Verfall, sondern ebenso durch umstrittene Restaurierungsprojekte gefährdet war. Nerly sagte deutlich seine Meinung zu diesen Baumaßnahmen und zeigte in seinen Zeichnungen einen ungeschönten Blick auf die Ruinen der Serenissima. Zugleich spiegelt sich in seiner Empörung wie in seinen Bildern Nerlys Wertschätzung dieses einzigartigen Ortes. Der Vortrag beleuchtet am Beispiel von Nerlys Aquarell des „Fondaco dei Turchi“ die Situation der Lagunenstadt im 19. Jahrhundert und zeigt auf, welche Rolle Nerly in den Debatten des venezianischen Ottocento einnahm.
Rieke Dobslaw hat Kunstgeschichte in Göttingen und Venedig studiert. In ihrer Masterarbeit beleuchtete sie Friedrich Nerlys Venedigbilder im Kontext der Entwicklung Venedigs im 19. Jahrhundert. Sie ist Doktorandin an der Universität Göttingen, hat als Gastwissenschaftlerin an der Università degli Studi di Genova geforscht und arbeitet als Kunstvermittlerin im Städel Museum in Frankfurt am Main.