Garten- und Friedhofsamt startet Modellprojekt für mehr Biodiversität auf Wiesen
Die Grundidee: Flächen werden nur teilweise gemäht, um so den dort lebenden Tieren nicht auf einmal die Lebensgrundlage zu entziehen. „So können Insekten und Kleinsäuger in die benachbarten, nicht gemähten Bereiche umziehen“, erläutert Andreas Höhn vom Garten- und Friedhofsamt. Das Konzept dafür stammt nicht aus Erfurt selbst, sondern kommt von einer Fachfirma aus Baden-Württemberg. Das Merkle & Partner Biodiversitätsmanagement hat sich die Streifenmahd unter dem Namen „Hummelmahd“ sogar patentieren lassen. Zu finden sind die „Streifen“ aktuell zum Beispiel gegenüber vom Thüringer Zoopark oder in der Geraaue am Berliner Platz. „Die Methode wurde genutzt, damit die Wiesenstrukturen trotz Mahd noch länger wirksam sein können und das Saatgut der Wiesenpflanzen in Ruhe ausreifen und ausfallen kann“, erklärt Höhn. Werden die aktuell noch verbliebenen Streifen schließlich gemäht, sind die dazwischen bereits wieder ausreichend hochgewachsen.
Insgesamt 7,5 Hektar Fläche wurden vom Garten- und Friedhofsamt für das Modellprojekt ausgewählt. Nicht bei allen handelt es sich um Wiesen wie die am Zoopark, die bereits vor dem Versuch als Blumenwiese Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten war. „Um zu sehen, in welchem Ausmaß wir die Biodiversität steigern können, haben wir bewusst auch Flächen ausgewählt, die vorher kurzgehalten wurden“, so Höhn. Dazu zählt zum Beispiel der Mittelstreifen der Stauffenbergallee. Dort, wo aufgrund der Flächengröße keine Streifen gemäht werden können, funktioniert eine Inselmahd nach demselben Prinzip. Weiterhin kurz bleiben Grünflächen dort, wo sie intensiv als Spiel- oder Liegeflächen genutzt werden – zum Beispiel in weiten Bereichen des Nordparks oder am Klärchen.
Die naturnahe Optik gefällt nicht allen Erfurterinnen und Erfurtern. „Wir erhalten häufig Hinweise zu Wiesen, die bitte gemäht werden sollen, weil sie unordentlich aussehen“, sagt Höhn. Im Gegensatz zu Staudenflächen, die intensiv gewässert und gepflegt werden, etablieren sich auf den extensiven Wiesen trockenheitsresistente Pflanzen. Belässt man die vertrockneten Blütenstände können sich die Pflanzen eigenständig aussäen und Nistmöglichkeiten für Insekten bieten. Das wirkt auf den ersten Blick weniger repräsentativ als ein Staudenbeet am Hirschgarten, aber: „Wer genau hinschaut und hinhört, bekommt schnell einen Einblick in die lebendige Tier- und Pflanzenwelt einer solchen Wiese und ändert vielleicht seine Meinung“, sagt Höhn.
Das gemähte Gras wird aktuell rund um die auf der Fläche stehenden Bäume verteilt. „Das fördert die Humusbildung“, erklärt Höhn. „Diese natürliche Art der Baumdüngung versorgt den Baum mit Nährstoffen.“ Weitere Ideen für die effektive Nutzung des Grasschnitts – zum Beispiel als Ersatzbrennstoff – sollen geprüft werden.
Ob das Projekt erfolgreich ist, wird ein Monitoring zeigen, das das Vorkommen von Arten und deren Entwicklung erhebt. „Ein Ökosystem reagiert nicht innerhalb eines Jahres“, sagt Höhn. Deshalb ist die Zusammenarbeit mit der Fachfirma für weitere Jahre geplant – auch, um die stadteigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzulernen und mögliche personelle und technische Bedarfe aufzuzeigen.
An den Wiesenflächen werden Info-Schilder aufgestellt. Der dort abgebildete QR-Code führt zu mehr Informationen zu den einzelnen Standorten. Im weiteren Verlauf des Modellprojektes werden stetig die Monitoring-Ergebnisse aktualisiert.