Angermuseum erwirbt „Sächsische Venus“ von Clemens Gröszer
Umfangreiche Spende ermöglicht Ankauf
Fritz P. Mayer, der als Mäzen auch im „Städelkomitee 21. Jahrhundert“ des Städelvereins (Freundeskreis von Städel und Liebieghaus) aktiv ist, schreibt mit seiner zweckgebundenen Spende die Tradition bürgerlichen Engagements für das Kunstmuseum der Landeshauptstadt Erfurt fort, der das Haus bis heute zahlreiche seiner Erwerbungen verdankt. Im frühen 20. Jahrhundert war es vor allem der Erfurter Schuhfabrikant Alfred Hess, der die Arbeit des Museums mit zahlreichen Schenkungen und Leihgaben von Werken zeitgenössischer Künstler bereicherte. Heute wirken die Mitglieder des Fördervereins „Freunde des Angermuseums“, aber auch Einzelspender in diesem Sinne weiter.
Für das Angermuseum Erfurt ist die „Sächsische Venus“ der erste Ankauf eines Gemäldes von Clemens Gröszer. Darüber hinaus befindet sich ein Selbstbildnis mit dem Titel „El Gordo“ (1983/85) als Leihgabe aus dem Nachlass des Künstlers in der Sammlung des Museums.
Vor kurzem wurde in der Kunsthalle Jesuitenkirche in Aschaffenburg eine Ausstellung eröffnet, die eine Auswahl aus der Sammlung Fritz P. Mayer präsentiert: figürliche deutsche Kunst aus den letzten Jahrzehnten, darunter zahlreiche Künstler, die wie Fritz Cremer, Bernhard Heisig, Willy Sitte, Wolfgang Mattheuer, Werner Tübke, Wieland Förster, Arno Rink, Volker Stelzmann oder Hubertus Giebe ihre Kunst in der DDR begonnen und entwickelt haben, aber auch Michael Triegel, der sein Werk in die lange Traditionslinie europäischer Malerei seit der italienischen Renaissance stellt. Diese Ausstellung wird, leicht variiert, im kommenden Jahr auch in Erfurt zu sehen sein.
Zum Werk
Die lebensgroß gemalte „Sächsische Venus“ von Clemens Gröszer (1951 – 2014) stellt sich bewusst in eine Reihe von Venusdarstellungen der Alten Meister, ob sie Lucas Cranach hießen oder Sandro Botticelli. Von beiden finden sich entsprechende Darstellungen in der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, die Gröszer gekannt haben dürfte. Doch näher als diesen Idealdarstellungen war Clemens Gröszer seinem Vorbild Otto Dix, der 1932 bereits eine kleinformatige „Venus mit Handschuhen“ gemalt hatte. Der veristische Realismus von Dix wird im Werk von Gröszer in seine Gegenwart geführt. Das genaue Hinsehen zeigt sich nicht nur in einer minutiös jedes Detail beachtenden Feinmalerei, die ihre Quelle in der Lasurmalerei der europäischen Renaissance hat, sondern auch in der Verweigerung idealisierender Perspektiven auf das Modell.
Clemens Gröszer ließ sich immer vom Studium vor konkreten, lebenden Modellen zu seiner Kunst anregen. Die „Sächsische Venus“ zeigt ihren jugendlich scheinenden Körper wie ein Ausstellungsstück vor, ein begehrenswertes Etwas, angerichtet mit langen, roten Lederhandschuhen, Schmuck und silbrig glänzenden Damen-Slippern. So posiert sie für ihre Betrachter auf einem tiefroten, schwarz gesprenkelten Flokati-Teppich. Dem verführerischen Ausdruck steht ein herber, leicht abschätziger Gesichtsausdruck entgegen. Bietet hier eine Frau ihren Körper als Ware an? Vieles war in den wilden Jahren nach 1990 in den neuen Bundesländern möglich, die persönliche Freiheit schien grenzenlos.
So wie Eduard Manet seine „Olympia“ (1863) gegen das mächtige Leitbild von Tizians „Venus von Urbino“ (1548/49) setzte, so setzte Clemens Gröszer seine „Sächsische Venus“ gegen die altmeisterlichen wie idealistischen Venus-Vorbilder in der Berliner Gemäldegalerie.