Wartehäuschen darf stehenbleiben
Beschluss des Oberverwaltungsgerichts weist Beschwerde der Antragsteller zurück
Mit der Neuvergabe der Werberechte im öffentlichen Raum wurden auch die sogenannten Fahrgastunterstände an den Stadtbahn- und Bushaltestellen ausgetauscht. Zudem wurden zusätzliche Wartehäuschen an Standorten aufgestellt, bei denen die Evag aufgrund ihrer Nutzerzahlen den Bedarf erkannte. Ein solcher war in der Windthorststraße an der Haltestelle Robert-Koch-Straße in stadteinwärtiger Fahrtrichtung. „Aufgrund der geringen Gehwegbreite standen wir hier vor der Entscheidung: Entweder wir halten alle gesetzlichen Vorgaben ein und stellen das Wartehäuschen mit der geschlossenen Seite zur Fahrbahn auf, oder wir müssen darauf verzichten“, fasst Alexander Reintjes, der Leiter der Tiefbau und Verkehrsamtes, rückwirkend zusammen.
Um den Fahrgästen trotz Platzknappheit einen Wetterschutz anbieten zu können, fiel die Entscheidung für die seltene Aufbauvariante mit der geschlossenen Front zur Straße und der offenen Seite zur Wohnbebauung. Nachdem das Wartehäuschen im Oktober 2020 auf dem Gehweg errichtet wurde, erhoben die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke dagegen Widerspruch. Durch die Blicke von wartenden Fahrgästen sahen sie ihre Eigentumsrechte verletzt.
Am 9. November hatten die Eigentümer sodann beim Verwaltungsgericht in Weimar um Eilrechtsschutz nachgesucht, der Eilantrag wurde mit Beschluss vom 17. November 2020 abgelehnt. Gegen diesen Beschluss legten die Eigentümer Beschwerde ein, diese wurde nunmehr vom Thüringer Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen.
„Ich habe unserem Rechtssystem vertraut und den ersten Antrag der Grundstückeigentümer respektiert. Den Wetterschutz und eine Sitzgelegenheit für die Fahrgäste der Stadtbahn hat das Oberverwaltungsgericht in Weimar in zweiter Instanz erneut gegen die Individualinteressen der Anlieger abgewogen. Ich bin dankbar für diese Entscheidung und freue mich, dass die Justiz unser Handeln als öffentliche Verwaltung in dieser Art würdigt“, so Reintjes weiter.
In seiner Begründung führt das Gericht u. a. aus: „In einer größeren Stadt wie Erfurt lässt es sich nicht vermeiden, dass Haltestellen für den öffentlichen Personennahverkehr vor Wohnhäusern eingerichtet werden. Bei der Platzierung einer Haltestelle in unmittelbarer Nähe eines Wohngebäudes handelt es sich daher grundsätzlich nicht um eine außergewöhnliche Belastung.“
Man habe auch nach einem Vor-Ort-Termin zwar keine Zweifel daran, dass von dem Fahrgastunterstand nachteilige Auswirkungen – wie Lärmbeeinträchtigungen und auch die befürchteten Einsichtnahmen durch wartende bzw. ein- und aussteigende Fahrgäste auf das Hausgrundstück der Antragsteller – ausgehen. Diese hätten aber keine Umstände glaubhaft gemacht, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass deshalb ein Wohnen ohne Beeinträchtigung der Gesundheit auf ihrem Anwesen nicht mehr möglich wäre. Auch jetzt schon liege das Anwesen der Antragsteller im Bereich der Straßenbahnhaltestelle.