Machtvakuum beim Land stellt Erfurt vor Probleme – Infrastruktur- und soziale Projekte könnten wegfallen
„Es gibt Projekte, da haben wir nur Willensbekundungen des ehemaligen geschäftsführenden Kabinetts. Diese haben keine Rechtskraft und könnten bei der nächsten Regierung hinfällig sein. Das stellt uns vor zeitliche, aber auch finanzielle Probleme“, sagte Erfurts Finanzbeigeordneter Steffen Linnert.
Als Beispiel nennt Linnert das 50 Millionen Euro teure Modellprojekt zur Stadtentwicklung in Erfurt Süd-Ost. „25 Millionen Euro kommen hier vom Bund. Den Löwenanteil vom Rest wollte das Land übernehmen. Wir haben bisher nur eine Zusage, aber keinen rechtsicheren Fördermittelbescheid.“ 2020 sollte die Planung für die Baumaßnahmen an Herrenberg und Wiesenhügel beginnen, übrigens auch schon gefördert von Bund und Land. Das wird sich nun verzögern. „Ich habe große Sorge, dass wir dieses Großprojekt bei dem Zeitverzug im Förderzeitraum bis 2027 überhaupt über die Bühne bringen werden“, befürchtet der Finanzbeigeordnete. „Allein können wir die 25 Millionen Euro keinesfalls bezahlen.“
Auch um die Mittel des zusätzlichen kommunalen Investitionsprogramms bangt die Stadt. Erfurt sollte hiervon 2020 rund 16 Millionen Euro vom Freistaat überwiesen bekommen und in den vier Folgejahren jeweils etwa 10 Millionen Euro. „Dieses Geld brauchen wir dringend insbesondere für unser Schulsanierungs- und Schulneubauprogramm. Auch neue Kindergärten sollen davon entstehen. Nicht auszudenken, wenn das Geld jetzt nicht kommt“, sagte Linnert.
Ebenso sieht das Sozialdezernat der Stadt Erfurt einige Vorhaben in Gefahr. Wie Erfurts Bürgermeisterin Anke Hofmann-Domke mitteilte, muss unter anderem das Azubi-Ticket für 2021 mit dem Land auf den Weg gebracht werden. Auch die zusätzlichen Stellen für die Schulsozialarbeit laufen am 31. Dezember 2020 aus. Ebenfalls vom Land bezuschusst wird die Integration von ausländischen Mitbürgern in Erfurt. „Wir sind auf die verzögerungsfreie Zusammenarbeit mit dem Land angewiesen, wenn es diese Projekte auch 2021 geben soll“, sagte die Bürgermeisterin.
Nicht betroffen von der derzeitig fehlenden Landesregierung sind die Bauvorhaben im Rahmen der Bundesgartenschau 2021 in Erfurt. Die Stadt hat bereits sämtliche Fördermittelbescheide des Freistaates Thüringen erhalten. In der Geraaue, auf dem Petersberg und im Egapark kann planmäßig weitergebaut werden.