Gespräche auf der Helios-Geburtsstation
Zwei Sozialarbeiterinnen starten Pilotprojekt in der Landeshauptstadt Erfurt
„Bei uns ist ein Kommen und Gehen“, sagt Naumann mit Blick auf den Klinikalltag und die jungen Mütter, die in der Regel nach 2 Tagen oder wenn alles in Ordnung ist, auch schon mal nach einem Tag seine Geburtsstation wieder verlassen, „da haben wir leider nicht die Zeit, die Seele zu streicheln“. Umso mehr freue er sich über das gute gemeinsame neue Projekt. Er und die beiden Sozialarbeiterinnen, die jungen Eltern künftig mit Rat und Tat den Start ins Familienleben erleichtern wollen, hätten sich „schon mal behutsam beschnuppert“. „Als wirkliche Gesprächspartnerinnen auf der Wochenstation sind sie immer dienstags und donnerstags in der Zeit von 10 bis 12 Uhr anzutreffen“, erklärt Erfurts Bürgermeisterin und Beigeordnete Anke Hofmann-Domke das neue Vorhaben der Stadt, das keinesfalls eine Selbstverständlichkeit sei. „Wir brauchen ein neues Denken“, sagt die Fachfrau für Soziales, Bildung und Jugend und schaut dabei auf die pädagogischen und sozialen Aspekte sowie auf das hochqualifizierte Personal im Jugendamt, „das Hilfsangebot der Stadt ist so riesig, da bin ich selbst immer noch in Ausbildung“.
Das neue Programm und der Elternwegweiser sollen helfen, einen „direkten Draht“ zu den jungen Eltern aufzubauen. „Im Rahmen der Visite weisen wir auf die Mappe und den Flyer hin, wir sind alle gut geschult und haben ein Gespür, wo ein guter familiärer Hintergrund vorhanden ist oder wo sich eventuell Probleme anbahnen“. Wichtig sei, schon am Beginn des neuen Lebens „die Fühler auszustrecken“. Gerade weil die Komplexität ständig zunähme, sei es gut, dass die Kräfte gebündelt würden.
Das sieht auch Jana Posner-Jauch, die Netzwerkkoordinatorin Frühe Hilfen vom Jugendamt, so: „Wir wollen Eltern den Stress nehmen und wir sind vor Ort, aber wir suchen die Eltern auch zu Hause auf.“ Ihr geht es darum, die Möglichkeiten, die junge Eltern in Anspruch nehmen können, zu erläutern, den Großelterndienst beispielsweise, die Hilfen der Familienhebammen, die Unterstützung der Geschwisterkinder, die Hilfe beim Ausfüllen des Elterngeldantrages oder die Beantwortung der Frage, welche Unterlagen überhaupt nötig sind oder wo man eine Geburtsurkunde erhält.
Zwischen dem Helios Klinikum und der Stadtverwaltung gibt es bereits seit 2014 eine Kooperationsvereinbarung. Beim regelmäßigen Erfahrungsaustausch wird beispielsweise besprochen, was zu tun ist, wenn junge Eltern Drogen nehmen. „Uns sind die kurzen Wege wichtig“, bestätigen auch die Oberärzte Silke Meinig und Alexander Kentner, deswegen, „weil wir im Vergleich zu früher nur noch kurzen Kontakt zu den jungen Müttern haben“. „Mit jeder Frau, die Sie direkt erreichen“, bestätigt Chefarzt Naumann der Bürgermeisterin, „sparen Sie sich einen Hausbesuch, bei dem Sie eventuell zu spät kommen.“
„Wir geben täglich unser Bestes, damit Ihr Kind sicher auf dieser Welt ankommt“ wirbt das Erfurter Klinikum auf seiner Homepage. Als Perinatalzentrum Level I mit 1700 Entbindungen jährlich (perinatal: Zeitraum kurz vor, während und kurz nach der Entbindung betreffend) ist es in der Lage, Kinder bei Startschwierigkeiten auf kurzem Weg schnell und kompetent zu versorgen. Die Sozialkompetenz steuern nun die beiden Elternwegweiserinnen, erfahrene Sozialpädagoginnen, bei. Sie werden über die vielen Beratungs- und Hilfsangebote für werdende Eltern und Familien mit Kindern von 0 bis 3 Jahren im Rahmen der Frühen Hilfen informieren. Das Angebot ist für Eltern freiwillig und kostenfrei.
Sollten Familien die Kontaktaufnahme in der Geburtsklinik nicht wünschen, erhalten sie einen schriftlichen Willkommensgruß des Oberbürgermeisters mit einer Einladung zu einem Willkommensbesuch per Post nach Hause gesendet.
Fragen können telefonisch unter 0361 655-4814 und per E-Mail gestellt werden.