Hartnäckig für den Erhalt der Denkmale – Nachruf für Karsten Grobe

04.12.2024 16:27

Im Alter von 80 Jahren verstarb Mitte Oktober der Bauingenieur, Bauhistoriker und Denkmalpfleger Karsten Grobe. Für die zahlreichen Denkmale unserer Stadt setzte er sich beruflich wie privat mit voller Kraft und großem Ideenreichtum ein. Bis zuletzt hinterließ er in der Denkmallandschaft seine Spuren.

Der gebürtige Erfurter hatte eine Bauhandwerkerausbildung und ein Ingenieurschulstudium absolviert und sich später berufsbegleitend an der TU Dresden zum Fachingenieur für Gebäudeerhaltung und Denkmalpflege weiterqualifiziert. Als technischer Direktor im Erfurter Museumsverband war er von 1976 bis 1991 für sämtliche Häuser und Bauvorhaben der Museen verantwortlich. Es war eine Zeit weltweiten Wiederentdeckens von Geschichte im Allgemeinen und des historischen Bauerbes im Spezielleren. In der Stadt Erfurt fanden kulturelle Einrichtungen in historischen Bauwerken neue atmosphärische Räume: Die Heiligenmühle wurde erstmals teilmuseal, in das Haus zum Roten Ochsen am Fischmarkt zog die städtische Galerie, im Hospitalkomplex erschloss man neue Gebäudeteile, wie z. B. das Brauhaus, für bis heute gültige Nutzungen. Begleitet wurde von Karsten Grobe auch das schützende Dach für die Waidspeicher an der Mettengasse, bevor nach dem Umbau Puppentheater und Kabarett dort ihre Heimstätten fanden, und viele städtische Projekte mehr. Nach der Vereinigung 1990 wechselte er in die Privatwirtschaft, war erst in einem Erfurter Architekturbüro, ab dem Jahr 2000 im eigenen Büro tätig (Büro für Bauforschung und Denkmalpflege). Immer ging es um die Erfassung, Erforschung, Sanierung und Umnutzung von Baudenkmalen, wobei Militärarchitektur, weit über die Erfurter Zitadellen hinaus zu einem Schwerpunkt wurden – ein Gebiet, auf dem Karsten Grobe ein international gefragter Experte war. Er forschte zu den Anlagen in Magdeburg (Festung Mark), Mainz, Katharinenberg bei Ingolstadt und Silberberg (Niederschlesien), um nur wenige zu nennen.

Parallel engagierte sich Karsten Grobe bereits seit den 1970er Jahren – und bis zuletzt - als ehrenamtlicher Mitarbeiter der hiesigen Denkmalbehörden, denen er mit Rat und Tat zur Seite stand. Ganz besondere Akzente konnten er und seine Mitstreiter im Rahmen der großangelegten Lutherehrung 1983 setzen. Die Erfurter Lutherstätten wie die Georgenburse, das Lutherdenkmal, das Augustinerkloster, die Michaeliskirche, die Barfüßerkirche profitierten von aufwändigen und staatlich geförderten Sicherungs- und Umbaumaßnahmen. Das Prachtportal des Collegium Maius wurde wiederaufgebaut und andere Bauten der Epoche, z. B. die Studentenburse am Kreuzsand und die Humanistenstätte Engelsburg, konnten in diesem Zusammenhang wiederhergestellt werden. Orte, die uns in ihrer Gestalt heute selbstverständlich erscheinen, wofür damals aber viel hartnäckiges Engagement notwendig war.

Nach 1990 hatte Karsten Grobe Podien für seine vielfältigen Ehrenamtsaktivitäten, zu denen auch unzählige Führungen und Vorträge sowie viele Tagungs- und Ausstellungsprojekte gehörten, im Erfurter Geschichtsverein, in der Deutschen Gesellschaft für Festungsforschung, bei den Freunden der Citadelle Petersberg zu Erfurt e. V. und beim Verein „Westliches Wachhaus“. Im Zentrum stand immer der Petersberg mit seiner reichen Geschichte und baulichen Überlieferung. Dort kniete er sich haupt- und ehrenamtlich mit unglaublich viel Leidenschaft und Geduld hinein – von der Wasserversorgung der Mönche über den Festungsbau bis hin zu Sonnenuhren – und übertrug seine Begeisterung für den Berg auf viele andere Interessierte. So hat Karsten Grobe große Anteile daran, wie sich die Festung heute in der Stadt darstellt, aber auch die dortige militärhistorische Ausstellung des Petersberges ist weitgehend ihm zu verdanken.

Der Erfurter Denkmalbehörde war er in unzähligen Projekten ein positiv kritischer, mit vielen Ideen anregender Begleiter. Er sorgte und engagierte sich für die Neue Mühle, das Forsthaus Willrode, das Dreienbrunnenbad, die Brunnenkresseanlagen sowie oft auch für die Bergung und Präsentation wertvoller Baureste und Architekturelemente u. a. vom Erfurter Hauptbahnhof und der Mainzerhofkapelle usw. Eines seiner letzten Anliegen war die Wiederherstellung und -aufstellung der Büste Müfflings in dessen Grabmal im Brühler Garten. Die grundlegende Sanierung des klassizistischen Stüler-Baus organisierte er gemeinsam mit anderen und der Denkmalbehörde bereits im Jahr 2000. Durch seine aktuellen Nachforschungen und Vermittlung konnte eine Kopie-Vorlage aufgespürt werden, die es nun – nach der jüngsten mutwilligen Zerstörung – ermöglicht, die Büste des Geodäten, Generals und Diplomaten in das Grabmal wieder einzufügen.

Für sein umfangreiches Wirken wurde Karsten Grobe 2019 mit dem Thüringer Denkmalschutzpreis geehrt. Mit seinen denkmalpflegerischen Ideen, seinem nicht lockerlassenden Einsatz für Denkmale in Wort und Tat sowie als streitbaren Geist für die Sache behalten wir ihn in dankbarer Erinnerung. 

Uta Pappe, Michael Meinung für die städtische Denkmalbehörde