„Ich freue mich auf meine neue Aufgabe, sogar mehr denn je!“
Interview mit dem Oberbürgermeister
Herr Oberbürgermeister, am 1. Juli haben Sie Ihr Amt angetreten, wie waren die ersten Wochen?
Es waren sehr arbeitsintensive und spannende Wochen. Neben verschiedenen Antrittsbesuchen in der Stadt bin ich auch in den Ämtern präsent und stelle mich den Mitarbeitenden in meiner neuen Position vor. Aus diesen Gesprächen nehme ich interessante Anregungen für meine weitere Tätigkeit mit.
Natürlich kenne ich die Abläufe im Rathaus und in der Verwaltung aus meinen fast sechs Jahren als Beigeordneter. Doch nun trage ich Verantwortung für eine ganze Stadtverwaltung und nicht nur für ein Dezernat. Damit verbunden sind auch hohe Erwartungen an mich und mein Amt. Das habe ich schon in den ersten Tagen gespürt. Ich habe es nach meiner Wahl oft genug gesagt, und ich wiederhole es gern: Ich freue mich auf meine neue Aufgabe, sogar mehr denn je! Ich habe mich noch an meinem ersten Tag im Amt per E-Mail an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewandt und darin u. a. verdeutlicht, wie ich mir unsere Zusammenarbeit vorstelle, was mir wichtig ist, wo ich meine ersten Schwerpunkte sehe. Ich habe darauf viele gute Reaktionen erhalten, das war für mich ein toller Start und eine erste Bestätigung, dass mein Kurs, den ich mir vorgenommen habe, auf Akzeptanz stößt.
Mit Schwerpunkten meinen Sie?
Damit meine ich Maßnahmen, die die Stadtverwaltung intern betreffen. Und Vorhaben, von denen unsere Stadt sowie unsere Bürgerinnen und Bürger oder auch unsere Gäste profitieren sollen. Und ja, auch damit gehen Erwartungen einher, dessen bin ich mir bewusst.
Die polizeiliche Videoüberwachung auf dem Anger wird kommen, dazu bin ich mit der Polizei weiter im Gespräch. Ziel ist es, den Anger sicher zu machen. Auch wenn die Tatsache, dass die Überwachung notwendig ist, nicht gut ist. Umso wichtiger ist, dass wir handeln. Beabsichtigt ist, dass wir die Kameras noch in diesem Jahr installieren und in Betrieb nehmen.
Die digitale Bürgersprechstunde als Ergänzung zur herkömmlichen Sprechstunde startet am 25. September. Die Resonanz bislang ist wirklich gut. Natürlich sind auch noch weitere wichtige Themen in Bearbeitung. Dazu kann ich hoffentlich in den kommenden Wochen weitere Ergebnisse vorstellen.
Wo sehen Sie den dringendsten Handlungsbedarf innerhalb Ihrer Verwaltung?
Größte Herausforderung sind die Themen Personal und Digitalisierung. Wir müssen uns im eng umkämpften Fachkräftemarkt besser positionieren. Eine groß angelegte Personalgewinnungskampagne startete im August, doch wir brauchen mehr! Wir brauchen schnelle und schlanke Einstellungsverfahren. Wir müssen alle Instrumente nutzen, die uns rechtlich gegeben sind! Wir müssen stärker auf die sogenannten „Soft Skills“ setzen – also alles um den eigentlichen Arbeitsplatz herum stärken. Wichtig ist aber auch, dass wir unser bestehendes Personal halten!
Und wir, die Verwaltung, müssen uns sicher wieder verstärkt als Dienstleister für die Erfurterinnen und Erfurter verstehen. Unsere Entscheidungen müssen verständlich und vor allem auch transparent sein und ich denke, wir müssen noch offener sein für die Sorgen und Nöte der Bürger. Immerhin sind wir in ihrem Auftrag unterwegs.
Wo hat die Verwaltung noch Luft nach oben?
Voranstellen möchte ich: Unser gemeinsames Ziel ist es, die Stadt Erfurt weiterzuentwickeln und dabei stets das Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger im Blick zu behalten.
Eine enge und effektivere Zusammenarbeit innerhalb der Ämter ist entscheidend, um unsere Aufgaben erfolgreich zu meistern. Wir müssen uns eingestehen, dass die Zusammenarbeit der Ämter nicht immer so effektiv war, wie sie sein könnte. Wir müssen noch stärker an einem Strang ziehen.
Ich sehe es auch als unsere Aufgabe, die Abläufe zu hinterfragen, hinderliche Strukturen zu überdenken und dafür zu sorgen, dass wir uns nicht in unserem eigenen System verlieren. Unser Service-Charakter darf nie zum Selbstzweck verkommen – es geht immer darum, den Menschen in dieser Stadt den bestmöglichen Dienst zu leisten.
Auch im Bereich Digitalisierung haben wir noch einiges vor uns. Wir alle wissen, dass viele Prozesse zu kompliziert und zu langsam sind. Das muss sich ändern, und ich werde mich dafür einsetzen, dass wir Lösungen finden, die uns effizienter und bürgernäher machen.
Mir ist bewusst, dass dieser Weg nicht einfach sein wird, und dass es Zeit und Anstrengung kosten wird. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir diese Herausforderungen gemeinsam meistern können. Ich möchte mit der gesamten Stadtverwaltung daran arbeiten, aus Fehlern zu lernen, Prozesse zu verbessern und die Stadt Erfurt zukunftsfähig auszubauen.
Wie weit sind Ihre Pläne zum Seniorenpass?
Mein Auftrag innerhalb der Verwaltung nimmt Form an, und erste Rückmeldungen sind bereits eingegangen. Auf dieser Basis erarbeiten wir nun ein fundiertes Konzept. Angesichts des demografischen Wandels müssen wir uns darauf einstellen, dass wir alle älter werden – und genau hier setzen wir an. 60.000 Erfurterinnen und Erfurter sind über 65 Jahre alt, 23.000 davon leben allein. Ziel ist es, der Vereinsamung im Alter aktiv entgegenzuwirken und sicherzustellen, dass unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger weiterhin ein erfülltes und eingebundenes Leben in unserer Gemeinschaft führen können. Dabei müssen wir natürlich auch die Frage der Finanzierbarkeit stellen. Und wir müssen uns überlegen, wie wir den Seniorenpass reibungslos und effizient verteilen können.
Sie möchten Erfurt wieder als Sportstadt etablieren …
Erfurt hat eine lange und große Tradition als Sportstadt. Da möchte ich anknüpfen. Die letzten deutschen Leichtathletik-Meisterschaften 2017, die Deutschland-Tour 2019 oder auch die Tischtennis-Finals in diesem Jahr haben gezeigt, welches Potenzial in diesen Veranstaltungen steckt. Erfurt hat stets ein tolles Publikum, wir als Stadt haben Erfahrungen in der Ausrichtung von sportlichen Großveranstaltungen und wir haben tolle Vereine, die uns unterstützen. Auch hier spielt Geld eine große Rolle. Mit einer festen Position im jährlichen Haushalt könnten wir uns das Ziel setzen, jedes Jahr eine deutsche Meisterschaft nach Erfurt zu holen. Der Imagefaktor für unsere Stadt wäre enorm, Hotels, Geschäfte Gastronomie würden profitieren.
Die Leichtathletik bietet sich hier an, weil wir mit dem Steigerwaldstadion beste Bedingungen haben. Eisschnelllauf wäre aufgrund der Halle eine weitere Sportart, in der man Events nach Erfurt holen könnte.
Eines ist dabei wichtig: Wir dürfen den Breiten- und Vereinssport nicht vernachlässigen. Ich weiß um die mangelnden Hallenzeiten! Hier werden wir Stück für Stück vorankommen. Ich denke dabei an unser Schulbauprogramm, das auch den Bau und die Sanierung von Schulturnhallen beinhaltet. Jede dieser Hallen bringt auch Nutzungszeiten für unsere Vereine.
Auch der Stadtrat wurde neu gewählt. Um Erfurt weiter voranzubringen, brauchen Sie Mehrheiten ….
Definitiv! Um stabile Mehrheiten im Stadtrat abzusichern, setze ich auf Offenheit und Transparenz in allen politischen Prozessen. Mir ist wichtig, dass wir auf Augenhöhe miteinander sprechen und alle Perspektiven einbeziehen, insbesondere die der neu gewählten Stadträtinnen und Stadträte. Diesen Ansatz habe ich bereits in meiner Zeit als Beigeordneter für Sicherheit, Umwelt und Sport erfolgreich praktiziert und möchte ihn auch weiterhin genauso fortführen.
Der Privatmensch Andreas Horn ist begeisterter Rennradfahrer, spielt Squash und Badminton. Dafür wird jetzt weniger Zeit sein?
Das wird so sein, ja. Allerdings ist der aktive Sport mir wirklich wichtig. Er macht Spaß, hält mich fit, macht den Kopf frei und ich kann dabei nachdenken. Ich werde also versuchen, mir das eine oder andere Zeitfenster freizuhalten. Ausgleich zur Arbeit ist unerlässlich, ich denke, das trifft auf jeden von uns zu. Ich hoffe auch, dass ich der gleiche Andreas Horn bleibe, der ich bis jetzt war. Ich habe ein gutes soziales Umfeld, Freunde und Familie. Ich weiß, sie würden es mir sagen, wenn ich mich verändere. Es ist wichtig, dass man den Kontakt nicht verliert, dass man sich immer vor Augen hält, für wen man den Job macht und von wem man gewählt wurde.
Ob Privatmensch oder Oberbürgermeister – jeder hat Stärken und Schwächen. Welche sind denn Ihre?
Ich bin manchmal ein ungeduldiger Mensch, aber auch ein echtes Arbeitstier – das kann für mein Umfeld sicher manchmal anstrengend sein. Ich sehe es als Stärke, dass man mit mir offen sprechen und Themen auf Augenhöhe diskutieren kann. Ich bin kein Dogmatiker; ich schätze unterschiedliche Meinungen und bin bereit, gemeinsam nach den besten Lösungen zu suchen.