Mazal tov und Sonnenschein fürs Welterbe
Straßenbahn und Musiker trugen das jüdisch-mittelalterliche Welterbe symbolisch in die Stadt
Ein kleines Mädchen jubelt: Es hat zwischen Windthorststraße und Hauptbahnhof von der Erfurter Unesco-Beauftragten Dr. Maria Stürzebecher einen Luftballon geschenkt bekommen. Der hat eine schöne, kräftige Farbe. Darauf steht etwas, was die Kleine nicht lesen kann, sie geht nämlich noch in den Kindergarten. Mazal tov – viel Glück. Viel Glück für das jüdisch-mittelalterliche Welterbe.
Viele der Menschen, die erstaunt auf die geschmückte Straßenbahn mit Cabrio quer durch die Stadt schauen, winken.
Die Stimmung ist richtig gut – auch in der Straßenbahn. Hier sitzen neben Dr. Maria Stürzebecher und Dr. Karin Sczech Erfurterinnen und Erfurter, die teils ebenfalls über Jahre hinweg gerungen haben, dass Alte Synagoge, Mikwe und Steinernes Haus auf die Welterbeliste kommen. Zu ihnen gehört Ingo Mlejnek, der bis 2013 Beigeordneter für Wirtschaft, Bau und Verkehr war: „2008 begann der Bewerbungsprozess. Wir wussten, wir brauchen gute Leute, Geld, wissenschaftliche Aufarbeitung und Geduld. Die damals gelegten Gleise haben nun zum Ziel geführt.“
Auch die Touristiker sind an Bord und Mitglieder des Fachbeirates aus Trier, der Direktor der Erfurter Museen und – gut zu hören und anzuhören – die Nerly Small Band unter Leitung von Bernd Wundrak, die sogar Gershwin-Klänge hat neu arrangieren lassen. Zwei Stunden fährt die Bahn vom Zentrum über das Rieth zum Europaplatz und zurück in den Südosten und den Süden Erfurts, ehe sie wieder am Rathaus hält.
Nun beginnt das Fest. Es gibt zwei kurze Reden von Oberbürgermeister Andreas Bausewein und Thüringens Kulturminister Benjamin Emmanuel Hoff. Beide bekennen sich als Vertreter von Stadt und Land zu der Aufgabe, sich um das jüdisch-mittelalterliche Erbe zu kümmern. „Wir wollen doch nicht, dass es uns mal aberkannt wird, wie das 200 Kilometer entfernt passiert ist“, so Bausewein. Gemeint ist die Aberkennung des Welterbes 2009 in Dresden.
Oberhalb der Mikwe und in der Klezmer-Lounge unter dem Bogen der Krämerbrücke hatte die Anna-Margolina-Band aus Berlin mit ihrem Jazz-&-Jiddisch-Programm eingeladen. DJ Soonman (Claas Sandbothe) aus Hildesheim mixte traditionelle Klezmer-Musik mit Balkan-Beat. Freunde und Bekannte freuten sich über das Wiedersehen, es wurde getanzt und gelacht – genau zwischen Mikwe und Krämerbrücke.
Stimmungsvoll und mit zahlreichen Gästen ging ein Tag zu Ende, der dieses Welterbes würdig war. Heute geht die Arbeit weiter. Nicht nur mit dem Welterbezentrum, an dessen Ideen nun gearbeitet werden kann. Auch das Steinerne Haus muss weiter erforscht werden, der alte jüdische Friedhof, die zweite mittelalterliche Synagoge wartet. Erfurts Altstadt ist voller Schätze.