Was hat Martin Luther mit Erfurt zu tun?
Stadtarchiv verwahrt das Magisterverzeichnis der philosophischen Fakultät
Im April 1501 kam Martin Luther nach Erfurt, um sich an der Erfurter Universität zum Studium einzuschreiben. Die 1379 privilegierte Universität Erfurt, die allerdings 1392 den Betrieb aufnahm, war eine der ältesten Universitäten des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts muss sie eine sehr beliebte Bildungsstätte gewesen sein, die nach Wien besucherreichste Universität.
Von Eisenach kommend, wo er die Schule besucht hatte, schrieb sich der siebzehnjährige Martin Luther zum Sommersemester 1501 als Martinus Ludher es Mansfelt in die Matrikel der Erfurter alma mater ein. Dieser Eintrag ist der erste schriftliche Beleg aus seinem Leben. Er bezog zunächst – für einen Studenten war es vorgeschrieben, in einem Colleg oder in einer Burse der Universität zu wohnen – die kleine Georgenburse (heute Museum und Pilgerstätte am Lutherweg).
Das Große Colleg (Collegium maius), das prächtige Hauptgebäude der alten Erfurter Universität, so wie es heute wieder erlebbar ist, hat Martin Luther während seines Studiums noch nicht betreten. Diese Gebäude ist erbaut worden, nachdem Luther die Stadt Erfurt gerade verlassen hatte.
Auf Wunsch seines Vaters sollte Luther an Thüringens Universität Jura studieren. Bevor er jedoch Student an der juristischen Fakultät werden durfte, musste er nach mittelalterlicher Studienordnung das vorbereitende Studium der sieben freien Künste, der septem artes liberales an der philosophischen Fakultät absolvieren. Der aus der Antike stammende Lehrgang umfasste zunächst Sprachwissenschaft und Rhetorik, die auf die lateinische Sprache ausgerichtet waren (Trivium), und anschließend naturwissenschaftliche Fächer, deren Lehrinhalt zur Zeit Luthers stark theologisch geprägt war (Quadrivium).
In allerkürzester Frist, nach drei Semestern, stellte sich Martin Luther der ersten Prüfung – dem Baccalaureus-Examen nach dem Trivium, das er im September 1502 erfolgreich bestand. Damit hatte er einen ersten akademischen Grad erworben, der ihm erlaubte, das Studium zum Magister fortzusetzen, und der ihn gleichzeitig in den Stand des universitären Lehrkörpers der philosophischen Fakultät erhob. Fortan gehörte zu seinen Pflichten nicht allein das eigene Studieren, sondern auch die universitäre Lehre.
Im Januar 1505 meldete sich Martin Luther zur Magister-Prüfung an der Philosophischen Fakultät an. Es ist überliefert, dass er sie als zweitbester von 17 zu Prüfenden ablegte. Als Bestätigung dessen wurde sein Name als magister Martinus Luder es Mansfeldt in der entsprechenden Matrikel der Philosophischen Fakultät vermerkt.
Die Matrikeln der Erfurter Universität werden im Stadtarchiv Erfurt verwahrt.
Wenn Martin Luther im Sommersemester 1505, nunmehr 21 Jahre alt, auch zunächst dem Willen des Vaters entsprach und mit dem Jurastudium begann, so sollte sich dennoch sehr bald eine Veränderung ergeben. Am 17. Juli 1505 bat er an der Pforte des Augustinerklosters um Aufnahme in dieses. Auf den ersten Blick scheint es ein spontaner Entschluss, ein kurz zuvor abgelegtes Gelübde gewesen zu sein, was ihn dorthin führte. Hatte er doch, auch in der Nähe von Erfurt bei Stotternheim, am 2. Juli 1505 ein fürchterliches Gewitter erleben müssen, während dessen er angstvolle Gebete zur Heiligen der Bergleute sprach und eben formulierte: „Hilf, heilige Anna, ich will ein Mönch werden!“. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass ihn die Überlegung, in den geistlichen Stand einzutreten, bereits länger umtrieb, und durch dieses Erlebnis eine Entscheidung gefunden hatte. Zwei Jahre später, im April 1507, wurde er in Erfurt zum Priester geweiht. 1508 verließ er das Augustinerkloster und die Stadt Erfurt und wandte sich nach Wittenberg.
Erschienen in der Thüringer Allgemeine vom 19.12.2015