Bild der Woche – Jacob Samuel Becks "Gänsefamilie"
„Seine Tauben aller Gattung, jung und alt, sind bis zur Täuschung wahr, besonders auch Hühner, Haasen, Kaninchen, Hunde.“ Diesen Satz schrieb der Kunstpublizist Karl Lang 1787 über die Tierbilder von Jacob Samuel Beck, die er neun Jahre nach dessen Tod in der Wohnung der Witwe des Malers gesehen hatte. Man kann sich Beck als einen Maler vorstellen, der die bäuerlich geprägte Lebenswelt im Thüringen des 18. Jahrhunderts mit genauem Blick für die Eigenheiten, die Verhaltensweisen und die visuellen Besonderheiten der allgegenwärtigen Haus- und Nutztiere beobachtet hat, um sie in seinen Gemälden mit größtmöglicher Wirklichkeitstreue darzustellen.
Es fällt auf, dass sich Beck in seinen Tierbildern besonders auf das Federvieh konzentrierte. So war insbesondere das Motiv einer Henne mit ihren Küken offensichtlich sehr beliebt bei den Käufern seiner Bilder. Beck malte es in vielen Varianten, auch als Pendant-Bild zur Darstellung einer Taubenfamilie. Das maßgebliche künstlerische Vorbild für diese Gemälde waren die Werke des holländischen Malers Melchior de Hondecoeter (1636-1695), der sich auf das Thema der Vogelmalerei spezialisiert hatte und mit seinen Bildern weite Verbreitung in den europäischen Sammlungen fand.
Ein in mancher Hinsicht bemerkenswertes Beispiel unter den Tierbildern der Erfurter Jubiläumsausstellung ist das Gemälde einer Gans mit ihren vier jungen Küken. Das Werk gehört bereits seit 1957 zusammen mit dem Pendantbild einer Kaninchenfamilie zur Gemäldesammlung des Angermuseums. Dass es Beck in diesem Bild nicht nur darum ging, diese Gänsefamilie mit feinem Pinsel malerisch zu beschreiben, sondern auch etwas vom typischen Wesen und Verhalten dieser Tiere zu vermitteln, ist offensichtlich.
Der Betrachter des Bildes findet sich unweigerlich in der Position eines Eindringlings und Störenfrieds, denn was Beck auf humorvolle Weise zeigt, ist eine durch den Menschen momenthaft gestörte Tier-Idylle. Mit bedrohlich gesenktem Kopf faucht die Gans den Betrachter an, der auf diese Weise in das Gemälde einbezogen wird, ja, sich sogar als Auslöser des Bildgeschehens fühlen kann. Beck gelingt es, mit einfachen aber raffinierten Mitteln, die dargestellten Tiere zu verlebendigen und auch eine akustische Vorstellung hervorzurufen, denn diese lebensecht erfasste Gans weckt unwillkürlich die Erinnerung an das eindrucksvolle aggressive Schnattern und Fauchen einer ihre Küken schützenden Gänsemutter.