Bild der Woche – Ernestine Albertine und ihr Halbbruder Ernst August II. Constantin
Mehrere Leihgaben aus der Fürstlichen Sammlung Schloss Bückeburg
In der Erfurter Beck-Ausstellung dokumentieren mehrere Leihgaben aus der Fürstlichen Sammlung Schloss Bückeburg das Schaffen von Jacob Samuel Beck als Hof- und Kabinettmaler des Hauses Sachsen-Weimar-Eisenach. Zwei kleine Pendant-Bilder fallen durch ihren außergewöhnlich erzählerischen und detailreichen Charakter auf. Sie bieten faszinierende Einblicke in das Leben am Weimarer Hof gegen Mitte der 1750er Jahre.
So sehen wir in einem der beiden Gemälde den jungen Herzog Ernst August II. Constantin zusammen mit seiner Halbschwester, der Prinzessin Ernestine Albertine, in einem der herrschaftlichen Gemächer. Eine floral ornamentierte Wandbespannung in dunklen Türkistönen prägt die farbliche Atmosphäre des gediegenen Interieurs. Zwei zusammengehörige Blumenstillleben, wie sie möglicherweise auch Beck selbst gemalt hat, hängen an der Wand.
Der Betrachter wird in die Szene unmittelbar einbezogen, denn das Geschwisterpaar blickt aus dem Bild heraus und die zeigende Geste des vor einem reich verzierten Konsoltisch stehenden Herzogs könnte als Einladung verstanden werden, auf dem noch freien Stuhl neben der Prinzessin Platz zu nehmen. Ernestine Albertine ist gerade im Begriff aus einer weißen Porzellankanne einzuschenken. Drei blaue Schleifen schmücken ihren schwarzen Überwurf und drei leuchtend rote Schleifen zieren ihre kleinen Hunde, die sich zu ihren Füßen tummeln. Eine gewisse vornehme Steifheit, die von den beiden Hauptakteuren des Bildes ausgeht, wird durch die amüsante Konstellation der Hunde im unteren Bilddrittel aufgelockert. Dicht neben den hohen Stiefeln von Ernst August II. Constantin steht ein Jagdhund, dessen Halsband mit den Initialen EAC ihn als Hund des Herzogs ausweist. Mit gebogenem Rücken belauert er die drei Schoßhündchen der Prinzessin. Der vordere kleine Hund blickt aus dem Bild, so dass sich insgesamt drei Augenpaare auf den Betrachter bzw. den Maler richten.
Das Gemälde besticht durch die erzählerische Leichtigkeit, die feine, auch farblich raffinierte Komposition und durch die Vielzahl schöner Details, wie etwa das samtig grüne, golden bestickte Gewand des Herzogs mit bunter Schärpe und appliziertem Orden.
Das Bild entstand wohl vor 1756, dem Jahr, in dem Ernestine Albertine den Grafen Philipp Ernst zu Schaumburg-Lippe heiratete, wodurch das Gemälde und sein Gegenstück in die Sammlung von Schloss Bückeburg gelangten. Der junge Weimarer Herzog Ernst August II. Constantin heiratete 1756 Anna Amalia von Braunschweig-Wolfenbüttel und starb bereits 1758 im Alter von 21 Jahren. Sein Sohn Carl August, der spätere Großherzog und Freund Goethes, war gerade 8 Monate alt.
Das kleine Gemälde mit seiner alltäglichen höfischen Situation wurde für Ernestine Albertine in ihrem neuen Lebensumfeld also schon wenige Jahre nach seiner Entstehung zu einem Erinnerungsbild an ihren früh verstorbenen Halbbruder.