Hans Walther zum 50. Todestag: Die Totentanzreliefs
Das Leben des 1888 in Apolda Geborenen verlief ohne die Flucht- und Emigrationsdramatik vieler seiner Künstlerkollegen im 20. Jahrhundert, war aber von politischem Druck, Isolation und Existenzangst gezeichnet. Das Studium an der Berliner Kunstakademie ab 1910 und ein Studienaufenthalt in Paris bewirkte Walthers Näherung an expressionistische Kunst und weitete nachdrücklich sein Blickfeld. Der Kriegsdienst bis 1918 schnitt zunächst diese Entwicklung ab, entließ ihn aber gereift als Pazifisten. In Erfurt bestärkten nach 1920 der Mäzen Alfred Hess und sein linksliberaler Freundeskreis nachdrücklich Walthers Suchen nach seiner eigenen Formensprache. Der Machtantritt der Nazis zerstörte dieses Bezugsfeld; zahlreiche seiner Arbeiten fielen dem braunen Zugriff zum Opfer. Am Ende werden es siebenunddreißig sein. Der Abbruch der öffentlichen Auseinandersetzung lähmte Walthers künstlerische Reifung nachhaltig.
Von 1942 bis 1945 wurde der Mittfünfziger wieder einberufen. Nach seiner Rückkehr wurden ihm öffentliche Aufträge zuteil. Bis zum Tod 1961 suchte er zwischen seinen vor 1933 gereiften Möglichkeiten und einem veränderten öffentlichen Kunstverständnis nach seinem unverwechselbaren Ausdruck.
Sein Nachlass verzeichnet 133 Arbeiten. Viele kennen wir nur als Fotografie. Andere, Plastik und Bauplastik, existieren noch an den Sparkassen, am Neuen Hospital, am Hörsaalgebäude der ehemaligen Pädagogischen Hochschule, im Angermuseum.
1947/48 schuf Hans Walther, zweifellos in Auseinandersetzung mit den beiden Weltkriegen, fünf Tafeln zum uralten Thema des Totentanzes – eine seit dem 14. Jahrhundert aufgekommene Darstellung der Gewalt des Todes über das Menschenleben (frz. danse macabre). Zumeist ist die Darstellung von Tanz und Tod gemeinsam verbildlicht. Vier der fünf Tafeln Hans Walthers Totentanzreliefs – Tod als Richter, Tod als Trommler, Tod der Kinder und Tod als Pflüger – befinden sich im Angermuseum Erfurt. Sie zeigen den Schrecken des Krieges: Der als Skelett personifizierte Tod ist der Beherrscher des Chaos und dirigiert die Menschen.
Die fünfte Tafel galt als verschollen und existierte nur als Fotodokument. Sie zeigt die Zerstörung der Barfüßerkirche in der Regie des Todes und ist nun gleichsam wieder auferstanden: Im Sommer 2011 schenkte ein großherziger Kunstfreund dem Initiativkreis Barfüßerkirche einen Abguss des Originals. Der Initiativkreis beschloss, das für Erfurt so wichtige Kunstwerk 64 Jahre nach seiner Entstehung und 67 Jahre nach der Zerstörung der Barfüßerkirche in Bronze umgießen zu lassen und die Arbeit Hans Walthers so zum guten Ende zu führen. Zunächst aber sind ab dem 4. November alle fünf Tafeln in der Eingangshalle des Angermuseums präsentiert als späte, endlich möglich gewordene Ehrung für einen der wichtigsten Künstler unserer Stadt.
Der Initiativkreis Barfüßerkirche bittet die Erfurter Bürger um ihr Engagement für die Finanzierung des Bronzegusses – etwa 3.000 Euro müssen aufgebracht werden. Eine erste Spendenmöglichkeit besteht während der Ausstellung im Angermuseum. Ein Faltblatt informiert über das Projekt und weitere Möglichkeiten finanzieller Unterstützung.
Die Reliefs können kostenfrei in der Eingangshalle des Angermuseums besichtigt werden.