Krämerbrückenfest: Die Krämerbrücke
Die Krämerbrücke
Die Furt braucht eine Brücke
Ein bisschen ist die Krämerbrücke das Herz der Stadt, aber in jedem Fall ein bekanntes Wahrzeichen Erfurts. Sie steht nicht nur im geografischen Mittelpunkt und ist in ihrer Bauweise und Nutzung einzigartig, sondern ihre Bedeutung reicht durch alle Zeiten – weit in der Zeit zurück und bis heute.
Sie überspannt nun schon seit Menschengedenken die beiden Arme der wilden Gera. Ihre erste bekannte Erwähnung stammt als „pons rerum venalium – Brücke der verkäuflichen Sachen" genannt, aus dem Jahr 1156. Aber eine Brücke an dieser Stelle ist garantiert viel älter.
Vermutlich wurden neben der Furt, die Erfurt ihren Namen gab, einfache Holzstege gebaut, die allerdings nur Menschen und leichte Tiere tragen konnten. Die Furt aber war ein Hindernis auf der legendären viel befahrenen „Via Regia Lusatiae" – der großen west-östlichen Handels- und Poststraße von Paris bis Kiew. Also musste eine Brücke her, die auch Fuhrwerke sicher und schnell übers Wasser brachte. Zuerst wurde eine Holzbrücke errichtet, deren Existenz im 8. bis 11. Jahrhundert vermutet wird. Schon auf dieser Holzbrücke wurde gehandelt und Händler hatten dafür einfache Buden auf der Brücke errichtet.
Schon im 11. Jahrhundert wurde jeweils an den Brückenköpfen eine Kirche errichtet. Den östlichen Zugang auf die Brücke sicherte St. Ägidien (als Kapelle 1110 erwähnt, nach Brand 1325 als Kirche wiedererrichtet) und am westlichen Ende stand die Benediktikirche, die allerdings 1890 abgerissen wurde. Diese beiden Kirchen boten einen gewissen Schutz, weil nun das Betreten der Brücke nur durch den Torbogen im Kirchenschiff möglich war. Neben den geistlichen Segen, den man sich in den Kirchen erteilen lassen konnte, war die Brücke und die Überquerung des Flusses nun eine recht sichere Angelegenheit in unruhigen Zeiten. Offenbar kommt den Kirchen noch eine größere Bedeutung zu, gibt es doch Anhaltspunkte dafür, dass der Brückenbau und deren Unterhaltung auf den Klerus und Mönche zurückgehen, die Kenntnisse über die Errichtung von Brücken hatten. Wahrscheinlich waren es Benediktinermönche vom nahen Peterskloster, denen wir die Krämerbrücke verdanken.
Holz muss nun dem Stein weichen
Mehrere Brände – überliefert sind sie für die Jahre 1175, 1178, 1213, 1222, 1245, 1265 und 1293 – ließen im Rat zu Erfurt die Überzeugung reifen, dass die Holzbrücke durch Steinbögen ersetzt werden müsse. Hierfür erwarb der Rat 1293 die Brückenrechte von den Klöstern. Damit konnten die 79 Meter des Flusses durch sechs Tonnengewölbe aus Kalk- und Sandstein überbrückt werden. Die Höhe der Gewölbe liegt zwischen 2,4 bis 3,9 m, die lichte Weite liegt zwischen 4,8 und 7,8 m und die breite der Brücke variiert zwischen 19 und 22 m. Die Fertigstellung wird für das Jahr 1325 vermeldet und ist in der Chronik des Petersklosters verewigt. Auf der neuen Brücke wurden sogenannte Tabernae errichtet – aus Balken und Brettern gezimmerte Verkaufsbuden, die in Richtung Straße offen waren. Diese waren nur dem Handel und nicht dem Wohnen gewidmet.
Handel und Wohnen auf der Brücke
1472 entscheidet der Rat etwas, was heute noch das Außergewöhnliche der Krämerbrücke ausmacht: nach einem schlimmen Stadtbrand – dem auch der überwiegende Teil der Buden auf der Brücke zum Opfer fiel – 62 Fachwerkhäuser mit zwei – bzw. drei Geschossen auf der Brücke zu bauen und dort nun neben dem Krämerleben auch das Wohnen zu ermöglichen. Da dafür die Breite der Gewölbe nicht ausreichte, behalf man sich mit einem Sprengwerk aus Balken, das die Brücke nun auf bis zu 26 m verbreiterte und ca. ein Drittel des jeweiligen Gebäudes trägt. 1486 wurden diese Arbeiten abgeschlossen und seit dieser Zeit ist die Krämerbrücke – die diesen Namen seit 1510 trägt – die längste durchgehend mit Häusern bebaute Brücke Europas.
Auf dem Weg ins Heute
Kaum etwas auf der Brücke ist statisch. Stadtbrände und das Zusammenlegen von Häusern führen dazu, dass die Krämerbrücke aktuell 32 Wohn- und Geschäftshäuser trägt. Wegen Schäden im 2. Weltkrieg mussten die Häuser Nr. 12 und 13 abgerissen und neu errichtet werden. Auch in Zeiten der DDR war die Bedeutung der Krämerbrücke ohne Zweifel. Und so wurden in den Jahren 1967 bis 1973 alle Häuser grundhaft restauriert.
Nachdem die Benediktikirche im Zuge der Reformation nach und nach ihre Gemeinde und Funktion verloren hatte, wurde sie 1807 an den Kaufmann Sigismund George verkauft, der sie zu Teilen abreißen ließ. Die letzten Reste der Kirche wurden 1895 beseitigt. Erst vor kurzem wurden mit der Umgestaltung des Benediktsplatzes die Grundmauern der Kirche gesichtet. Auf dem neuen Belag sind die Maße der Kirche nun durch Sandsteinplatten sichtbar gemacht wurden.
Zur Entlastung der Krämerbrücke wurde 1895 parallel die Rathausbrücke gebaut. Damit ist die Krämerbrücke heute frei vom Autoverkehr.
Auch Reparaturen war die Brücke immer wieder ausgesetzt. Eine langwierige und aufwändige Sanierung der Tonnengewölbe erfolgte in den Jahren 1985 bis 1986. Die Brücke war in diesem Zeitraum gesperrt und das führte dazu, dass das Krämerbrückenfest 1985 auf dem Domplatz stattfinden musste.
1990 brach auch für die Krämerbrücke eine neue Zeit an – und dies in vielfacher Hinsicht.
Es hieß nun in neuen Zeiten, nicht nur den baulichen Bestand dieser einzigartigen Brücke zu erhalten sondern auch ihren besonderen Charakter. Es ging zum Beispiel darum, die Geschäfts- und Wohnhäuser vor dem drohenden Kommerz und einer schamlosen Vermarktung zu schützen. Alle Häuser sind – bis auf 4 Ausnahmen – im Besitz der Stadt. 1996 wurde eine Stiftung der Stadt gegründet, die neben der Koordinierung von Sanierungs- und Baumaßnahmen auch in die Vergabe der Geschäfte und Wohnungen steuert und dadurch eine wirklich besondere – eine sehr sympathische Atmosphäre auf der Krämerbrücke sichert. Das was auf der Brücke gehandelt, verkauft und ausgestellt wird, sucht in dieser Dichte und Qualität sicher seinesgleichen. Die Stiftung hat ihren Sitz im Haus Nr. 31 auf der Brücke. Dieses Haus kann besichtigt werden, beherbergt eine Dauerausstellung und ein Modell der Krämerbrücke im Maßstab 1:100.
Und auch baulich gibt es keinen Stillstand. Nach den sehr umfangreichen Sanierungen 1985/86 erfolgte nun auch 1991 eine gesteinsrestauratorische Sicherung der westlichen – und 1997 bis 2002 aller weiteren Gewölbe.
Die Fundamente der Brücke – sowohl die baulichen als auch die wirtschaftlichen und gemeinschaftlichen Verflechtungen dieses Mikrokosmos sind nun sehr stabil und so scheint die Brücke auch für die Zukunft gut gewappnet.