Bauhaus-Kater Fritzie – Kunst-Kinder-Bilderbuch
Die komplexe Bauhaus-Bewegung für Kinder anschaulich und spannend zu vermitteln, ist nicht unbedingt ein leichtes Unterfangen. Mehr als eine Schule für Gestaltung oder ein Designlabor, weniger als ein Bau- oder Kunststil, wird das 1919 in Weimar gegründete Bauhaus über seine historischen Etappen in Dessau und Berlin sowie später in Amerika heute besonders als soziologisches Gebilde mit Utopie-Potenzial gefeiert. Sein Einfluss auf Architektur und Design des 20. und 21. Jahrhunderts ist unbestritten.
Die Ästhetik des Bauhauses wie seine inzwischen ikonenhaften Produkte und insbesondere einige Bauhaus-reformpädagogische Ideen, etwa die Märchen als unrealistisch zu verbannen, erweisen sich für Kinder jedoch als mindestens spröde. Auch im kunst- oder designfernen „Durchschnitts-Alltag“ hat das Bauhaus weniger Spuren hinterlassen und vermutlich sind diese in Kinderzimmern erst recht kaum zu finden.
Vor diesem Hintergrund erscheint anlässlich des 100-jährigen Bauhaus-Jubiläums ein neues Kinder-Kunstbuch von Silke Opitz. Wie bereits im vergriffenen Vorgängerband der Kunsthistorikerin „Stromausfall im Bauhaus“ (mit Judith Drews) werden die Grundideen sowohl der historischen (Weimarer) Schule als auch der künstlerisch-gestalterischen Bewegung wie nebenbei vermittelt, also etwa: Architektur als einende künstlerische „Disziplin“, die Gestaltung/das Design in den jeweiligen Werkstätten und die neben der gemeinschaftlichen Arbeit gemeinschaftlich verbrachte Freizeit während der Bauhaus-Feste oder in der Bauhaus-Kantine. Einige der bekanntesten Produkte werden gleichfalls vorgestellt. Da sehr viele außergewöhnliche Persönlichkeiten am Bauhaus lehrten und lernten und es somit einmal mehr als heterogenes Gebilde prägten, finden zwar einige Meister und Lehrlinge in der 1923 spielenden Geschichte Erwähnung. Jedoch agiert keine/r von ihnen als Hauptfigur. Kindgerecht und mit der für Katzen typischen Beiläufigkeit (heute: Coolness) zeigt stattdessen Fritzie, der Kater der Familie Klee, was man im Bauhaus (als Kater) so tun und treiben (und lernen) kann ... natürlich auch dem strengen „Bauhaus-Manifest-Protokoll“ nicht ganz entsprechende Dinge, also Katzen-Schabernack. Doch der größte Katerstreich stellt wiederum eine Kunstaktion dar, bei der nicht nur Fritzie erfährt, wie sich in Grundformen festgehaltene Grundfarben mischen lassen und sich das Bauhaus somit bunter, wenn auch nicht ganz linientreu, gestalten lässt. Und natürlich wird die wegweisende Bauhaus-Architektur in Form des sogenannten Musterhauses von 1923 thematisiert und visualisiert, allerdings katzengerecht.
Das Buch besteht aus einem komplett illustrierten Hauptteil, dessen Ende historisch-authentische Fotos einiger in der Geschichte agierender Figuren einschließlich ihres Hauptheldens Fritzie markieren. Es folgen im Anhang verbriefte Erinnerungen von Felix Klee und von den beiden berühmten frühen Bauhausmeistern Lyonel Feininger und Lothar Schreyer an die Weimarer Zeit und besonders an den „echten“ Kater Fritzie – für all jene, die es (schon immer) genau wissen wollten.
Die humorig-hintergründigen Illustrationen für das Kinder-Kunst-Bilderbuch hat die französische Kinderbuchillustratorin Mylène Rigaudie (*1983 in Cantal) beigesteuert. Ihr lebendiger Stil voller Witz und Esprit entspricht ganz der erzählten Geschichte und ist sicher kindgemäß, aber auch für Erwachsene bestens geeignet. Rigaudie ist im deutschsprachigen Raum vor allem mit der 2017 erschienenen Ausgabe „Her mit den Gefahren“ von Alexandre Chardin bekannt geworden, jene Fortsetzung des gleichfalls von ihr illustrierten Klassikers „Vom mutigen Hasen, der heimlich auszog, die Welt zu entdecken und das Fürchten zu lernen“(2016).
Das Buch von Silke Opitz und Mylène Rigaudie, erschienen im Revolver Verlag, ist für 15,00 EUR an der Museumskasse und im Buchhandel erhältlich.
Nach getaner Arbeit für die große Bauhaus-Ausstellung 1923 in Weimar fährt Familie Klee in den wohlverdienten Urlaub. Kater Fritzie allerdings kann nicht mit, da er vom Eisenbahnfahren Bauchschmerzen bekommt (1923 gibt es noch keinen ICE mit Neigetechnik, aber es schaukelt mindestens genauso, wenn man im Coupé sitzt). So verbringt der Kater die Ferien in der weltberühmten Kunstschule: im „Bauhaus“. Hier stromert Fritzie durch die Werkstätten, in denen er allerlei entdeckt, wenn auch leider nichts zu fressen. Also testet er einige Bauhaus-Produkte und übt sich selbst in künstlerischen Techniken, jedoch weniger nach den Vorstellungen der Bauhäusler, als eben auf Kater-Art. Das führt unweigerlich zu Konflikten und schließlich zu einer handfesten Verfolgungsjagd… Am Ende aber wartet in der Bauhaus-Kantine ein gut gefüllter Futternapf auf Fritzie, dem es vor lauter Grundfarben und -formen (vielleicht aber auch, weil sein Magen so empfindlich ist) leicht mulmig wird. Doch da kommen zum Glück die Klees aus dem Urlaub zurück, kochen dem Bauhaus-Kater Kamillentee und Reis und schenken ihm noch dazu ein eigenes Kater-Bauhaus.
Einige von Mylène Rigaudies Illustrationen zum „Bauhaus-Kater Fritzie“ sind in einer Kabinettausstellung in der Kunsthalle Erfurt zu sehen. Die großformatigen Blätter lassen viele Details genauer erkennen. Ohne Text präsentiert, ermuntern sie Kinder vielleicht auch dazu, die Geschichte von Fritzie anders als im Buch zu erzählen.
In der Ausstellung laden farblich auf Buch wie Bauhaus abgestimmte „Schmöker-Inseln“ zum Abtauchen in die Welt von Fritzie ein.
Zur Eröffnung am 2. Mai, 11:00, in der Kunsthalle finden Lesevorträge von Schülerinnen und Schülern der Erfurter Grundschule am Schwemmbach statt, und zwar im Rahmen des Kulturagentenprogramms Thüringen. So wird ein besonderer Beitrag während des Jubiläumsjahres Bauhaus100 geleistet: Bauhaus für Kinder.
Die Ausstellung entstand mit freundlicher Unterstützung durch:
- Thüringer Staatskanzlei
- Sparkasse Mittelthüringen
- SV SparkassenVersicherung
Kooperationspartner zur Eröffnung:
- „Kulturagenten für kreative Schulen Thüringen“, ein Programm der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung Thüringen e. V.
- Grundschule am Schwemmbach, Erfurt