"Zwischen Bütt & Politik": Fasching und Karneval in der DDR
"Bütt ist immer Politik!", das wissen all diejenigen, die Spaß am Verkleiden haben
Es war eine besondere Zeit im Jahreslauf, dessen war man sich bewusst, wobei die verwickelte, vielschichtige Geschichte und Deutung der althergebrachten Fastnachts- und Vorfrühlingsbräuche natürlich die wenigsten interessierte. Es ging um Geselligkeit und Kreativität, Ausgleich zum mitunter schwierigen und tristen DDR-Alltag. Einige, darunter gebürtige Rheinländer, schritten zur (organisierten) Tat: Mit der Überwindung des Stalinismus vor Mitte der 1950er Jahre begann in der jungen DDR eine Gründungswelle von Karnevalsklubs. Hier blühte nicht nur derb-fröhliches Ritual, sondern auch die politische Satire – beheimatet "in der Bütt". Einfallsreich, mutig, provokant und ohne kommerziellen Hintergrund (!) kritisierte man, machte öffentlich, was von offizieller Seite tagtäglich verschwiegen wurde.
Der Karneval in der DDR, zunächst geduldet, war eine nicht gerade stille Opposition, mit der sich staatliche Institutionen zunehmend befassten. Das Ergebnis: Als Volkskunstkollektive wurden die Karnevalsklubs in die staatliche Kulturpolitik integriert und Standards gesetzt. Gleichwohl wurde der organisierte Karneval damit fast zu einer Massenbewegung: Karnevalisten konnten nun gerechte und eindeutige Regeln für ihre Tätigkeit fordern sowie die Existenz ihrer Klubs sichern. Einfallsreich meisterten sie es, Konflikte mit den Behörden auszutragen oder auch mal (scheinbar) nachzugeben. Sie unterstützten sich gegenseitig, konzentrierten sich auf ihr "Hobby" und begeisterten das Publikum.