Mittelalterliche Mikwe
Mittelalterliches Tauchbad
Das Ritualbad ist neben Synagoge und Friedhof ein wichtiger Bestandteil der jüdischen Gemeinde. Vor allem Frauen nutzen es, weshalb es häufig „Frauenbad“ genannt wird. Es diente zur kultischen Reinigung nach Berührungen mit Toten, mit Blut oder anderem, in religiösem Sinne, Unreinen.
Wohl schon im 12. Jahrhundert besaß die jüdische Gemeinde eine Mikwe, von der heute lediglich die Südwand erhalten ist. An diese Wand angelehnt, wurde im 13. Jahrhundert ein neuer Mikwenbau errichtet, der bis heute in großen Teilen erhalten ist. Das Gebäude war etwa neun Meter lang und im Inneren knapp drei Meter breit. Die Mauern sind von außergewöhnlich guter Qualität. Gewölbe und oberer sowie unterster Teil der Wände bestehen aus Kalksteinen, die in gleichmäßigen Lagen gemauert sind. Die Nordwand weist eine Lichtnische auf. Der Zugang zur Mikwe erfolgte über eine Treppe von Westen, von der sich die Abdrücke der Stufen an der Nordwand erhalten haben.
Nach der erzwungenen Abwanderung der Juden aus Erfurt 1453 wurde das Wasserbecken verfüllt und die Mikwe in einen Keller umgewandelt. Im Jahr 1472 zerstörte ein Stadtbrand das dazugehörige Haus. Danach wurden Nord- und Westwand abgebrochen und vor dem Schutt im westlichen Teil eine Zwischenwand eingezogen. So konnte der Raum weiter als Keller genutzt werden, mit einem neuen Zugang durch die Ostwand. Ab 1495 wurde der Friedhof der Benediktikirche über die Westhälfte der ehemaligen Mikwe ausgeweitet. Das Haus selbst stand noch bis in die 1940er Jahre, 1960 erfolgte hier die Anlage einer Grünfläche.
Archäologen entdeckten das mittelalterliche Tauchbad 2007. Zuvor war das Ritualbad nur über Schriftquellen bekannt. Die museale Präsentation der Mikwe eröffnete im September 2011. Seitdem sind Besichtigungen des Ritualbads im Rahmen von Führungen möglich.