Der erfolgreiche Leichtathlet: Andreas Müller

"Meine Wünsche
will ich mir erkämpfen,
keine Freude
macht ein leichter Sieg“
Gajus Peronius
"Andreas Müller ist einer der erfolgreichsten Behindertensportler der Welt. Die Stadt Erfurt würdigt mit ihrer Auszeichnung das Wirken des Protagonisten für ein selbstbestimmtes Leben, sportliche Fairness, Streben nach Höchstleistungen und sozialem Engagement. Der Weg zum sportlichen Ruhm war schwer und hindernisreich. Er wuchs daran. In der Meisterung entwickelte er sich zu einem Botschafter der Thüringer Landeshauptstadt. Die erfolgreichste Persönlichkeitsentwicklung des Andreas Müller, geprägt durch Liebe zum Sport und seine Werte, demonstriert eindrucksvoll, dass in der Stadt Erfurt Menschen mit Behinderung einen gleichberechtigten Stellenwert besitzen sowie erfolgreich und selbstbestimmt leben können."
Bürgermeister Dietrich Hagemann würdigte Andreas Müller bei der Verleihung als "einen der größten Behindertensportler dieser Zeit". "Er ist in den Stadien der Welt zu dem geworden, was er heute ist", sagte er.
- Andreas Müller wurde am 22. Februar 1971 in Erfurt geboren.
- Dispatcher bei den Erfurter Verkehrsbetrieben
- Neunmaliger Weltrekordler
- Goldmedaille Paralympics 1996, Diskus (Weltrekord)
- Silbermedaille Paralympics 1996, Kugelstoßen
- Silbermedaille Paralympics 2000, Diskus
- 1997 Weltmeister CP-ISRA im Speerwurf (Weltrekord)
- Dreizehnmaliger Weltmeister
- Dreimaliger Europameister
Egal ob Rucksäcke, Turnbeutel, Handys oder auch den ein oder anderen vergessenden Teddy – es gibt fast nichts, was Andreas Müller nicht schon mal in seinem Fundbüro liegen hatte. „Die Leute vergessen einfach alles in Straßenbahn oder Bus.“ Seit über 20 Jahren ist er der Mann für den Empfang der EVAG am Urbicher Kreuz – und der Hüter der verlorenen oder vergessenen Gegenstände. Andreas Müller hat schon so manche verloren geglaubte Sache aus seinem Fundus gefischt…
Was kaum einer derjenigen wissen, die sich an ihn wenden – der Mann im Rollstuhl ist seit 20 Jahren Ehrenbürger der Stadt Erfurt! Einer von sechs Frauen und Männern, die es nach der Wende in diese erlesene Riege geschafft haben.
Am 22. Februar 1971 hatte Andreas Müller das Licht der Welt erblickt, leider gab es bei seiner Geburt Komplikationen. „Ich hatte nicht genug Sauerstoff bekommen. Somit entwickelte ich mich etwas anders, als andere Kinder. Ich konnte krabbeln und sogar laufen, aber es war alles etwas wackliger“, so Müller, der seit seinem 18. Lebensjahr im Rollstuhl sitzt. Trotz der Behinderung, Müller liebte Sport. Auf der Behindertenschule im Erfurter Norden wurde er entdeckt: Schwimmen und Leichtathletik – Andreas Müller war Spitzenklasse. „Als ich 16 oder 17 Jahre alt war, hatte die DDR beschlossen auch an den Paralympics teilzunehmen. Da hat dann die Turbine Erfurt eine eigene Behindertenabteilung eröffnet und speziell Jugendliche mit Behinderungen gesichtet. Ich bekam zwei Einladungen: Einmal für’s Schwimmen, einmal für die Leichtathletik. Ich musste mich dann für eine Sportrichtung entscheiden.“ Er entschied sich für Kugelstoßen, Diskus-und Speerwerfen.
Mit 17 Jahren wurde Andreas Müller 1988 DDR-Meister im Fünfkampf. „Damals war sogar noch Keulenwerfen eine Disziplin.“ Im selben Jahr wurde Müller DDR-Meister im Speerwerfen. Und auch sonst kann sich seine sportliche Vita zeigen: neunmaliger Weltrekordler, dreizehnmaliger Weltmeister und dreimaliger Europameister. Aber sein größter Erfolg: „Das war natürlich meine Goldmedaille bei den Paralympics 1996 in Atlanta im Diskuswerfen. Im Kugelstoßen schaffte ich eine Silbermedaille. Vier Jahre später habe ich im Diskuswerfen dann nochmal eine Silbermedaille in Sydney bei den Paralympics gewonnen.“ An die Spiele erinnert er sich noch heute ganz genau. Das Schlimmste für ihn war damals das Warten. „Minuten vergingen, die sich wie Jahre angefühlt haben. Die Athleten müssen sich erstmal zurecht stellen, das dauert alleine schon zehn Minuten. Dann haben sie ihre drei Versuche hintereinander. Die Sportler ohne Handicap sind ja immer abwechselnd dran mit einem Versuch. Das verkürzt die Wartezeit.”
Nicht jeder Wettkampf verlief super. An einen kann er sich besonders gut erinnern. „Mit 21 Jahren war ich bei den Paralympics in Barcelona. Ich war total geladen, denn mir fehlten nur sechs Zentimeter bis zur Medaille im Speerwerfen. Ich war jung, noch unerfahren, und dann steht man in einem Stadion wie in Barcelona. Aber ich bin auch an diesem Wettkampf gewachsen.“ Keine zwei Jahre später wurde Müller bei der Weltmeisterschaft in Berlin im Olympiastadion dreimaliger Weltmeister. „Wenn du dann oben auf dem Podest stehst, mit deinem Trainingskameraden, der die Silbermedaille bekommen hat und dann die Hymne gespielt wird, das war einfach Gänsehaut pur.”
Nach seinen großen Erfolgen kam dann der Moment, den jeder Sportler hat. „Ich musste überlegen, was ich nach meiner Karriere machen will. Ich musste irgendwann einen Schlussstrich ziehen. Mein Körper hat nicht mehr mitgemacht, ich hatte damals zweimal täglich bis zu sechs Stunden trainiert. Da gehst du körperlich kaputt. Außerdem wollte ich auf keinen Fall weg aus Erfurt, ich fühle mich hier einfach wohl.”