30 Jahre Verkehrsleitzentrale Erfurt
Die Anfänge der systematischen Verkehrssteuerung in Erfurt reichen bis in die 1960er Jahre zurück. Anlässlich der 1. Internationalen Gartenbauausstellung (IGA) im Mai 1961 entstand am Angerkreuz mit dem „Angerturm“ eine erste „Ampel“, die vom Turm auf der Mittelinsel aus durch die Polizei von Hand geschaltet wurde.
Die ersten „richtigen“ Ampeln mit eigener Steuerung entstanden an den Knotenpunkten Bahnhofstraße/Mao-Tse-Tung-Ring (heute Juri-Gagarin-Ring) und Krämpferstraße/Wilhelm-Pieck-Straße (heute Stauffenbergallee). Mit dem Ausbau des Mao-Tse-Tung-Ringes in den Jahren 1967 bis 1973 wurden weitere Signalanlagen notwendig. Die baulichen Veränderungen machten eine „Grüne Welle“ möglich – eine der ersten in der DDR. Sie wurde als sogenannte Signalgruppenfernsteuerung realisiert. Das bedeutet, dass ein zentrales Ampelsteuergerät im Bereich der Leninstraße (heute Johannesstraße) die Signalanlagen steuerte. Später erhielt jeder Knoten jedoch sein eigenes Steuergerät. Für die Ampelanlagen Trommsdorffstraße, Krämpferstraße und Franckestraße war allerdings bis 1993 ein gemeinsamer Steuerraum im Keller des Hotels „Kosmos“ (heute Radisson Blue) vorhanden.
Auch das Bauvorhaben der Schmidtstedter Brücke Mitte der 1970er Jahre – damals eines der größten Verkehrsbauprojekte der DDR – hatte Einfluss auf die Verkehrssteuerung in Erfurt. Im Rahmen dieses Projektes erfolgte die Inbetriebnahme von vier Ampelanlagen, die durch einen zentralen Steuerrechner synchronisiert wurden. Dieses System wurde sukzessive auf 16 Ampelanlagen erweitert und war bis 1994 in Betrieb.
1993 begann der Aufbau der Verkehrsleitzentrale in der Johannesstraße 173. Die Betriebsaufnahme des ersten modernen Erfurter Verkehrs(steuer)rechners (VSR) mit 14 angeschlossenen Ampelanlagen erfolgte am 8. März 1994 und kann als erster Meilenstein der Erfurter Verkehrsleitzentrale angesehen werden. In den folgenden Jahren wurde die Verkehrsleitzentrale sukzessiv erweitert und immer wieder – zyklisch notwendig – modernisiert.
Heute sind
- fast 200 der 253 Erfurter Ampelanlagen,
- ca. 20 Parkeinrichtungen, Parkplätze und P+R-Plätze,
- mehr als 45 dynamische Parkleitanzeigen an über 25 Standorten,
- zehn vollgrafikfähige dynamische Anzeigen,
- zehn Stadtinformationstafeln,
- über 50 strategische Verkehrsmessquerschnitte für den Kfz-Verkehr und ca. fünf Zählstellen für den Radverkehr,
- fünf Messstellen für Luftschadstoffbelastungen sowie
- mehr als 140 Parkscheinautomaten
angeschlossen.
Der Anschluss der Peripheriesysteme erfolgt dabei mit wenigen Ausnahmen über ein eigenes Fernmeldekabelnetz des Tiefbau- und Verkehrsamtes. Dieses straßenverkehrstechnische Kabelnetz stellt damit das infrastrukturelle Rückgrat der Verkehrsabwicklung in Erfurt dar. Aktuell verfügt dieses Kabelnetz über eine Länge von ca. 60 Kilometer auf sechs Hauptstrecken, die in der Verkehrsleitzentrale in der Johannesstraße 173 zusammenlaufen. Darüber hinaus erhält die Verkehrsleitzentrale viele Informationen über eine Reihe von Schnittstellen zu weiteren Datenquellen und stellt selbst aufbereitete Verkehrsdaten an Drittanbieter zur Verfügung.
Aktuell übernimmt die Verkehrsleitzentrale nachfolgende Aufgaben:
- zentrale Ermittlung der Verkehrslage im Kfz-Verkehr sowie Erfassung der Luftschadstoffbelastungssituation im Stadtgebiet (inklusive Prognosefunktionen),
- Abwicklung aller zentralen Verkehrssteuerungs- und Verkehrsmanagementprozesse (u. a. umweltorientiertes Verkehrsmanagement oder Verkehrssteuerung im Umfeld von Egapark und Messe),
- zentrale Steuerung und Überwachung der angeschlossenen Ampelanlagen inklusive automatischer Störmeldung,
- Berechnung von Ampelphasenprognosen für 150 Ampeln und zukünftige Verbreitung/Information mittels eigenständiger App,
- Steuerung des Parkleitsystems und der Stadtinformationstafeln sowie
- Überwachung der Funktionalität von Parkscheinautomaten.
Die Erfurter Verkehrsleitzentrale gehört hinsichtlich ihrer Funktionalitäten und ihrer technischen Ausstattung zu den modernsten Leitzentralen Deutschlands.
Eine der nächsten Herausforderungen wird darin bestehen, den geplanten Umzug der Verkehrsleitzentrale in das Technische Rathaus zu organisieren. Dafür ist u. a. auch eine umfangreiche Reorganisation des straßenverkehrstechnischen Kabelnetzes erforderlich, bei der sukzessive moderne Kommunikationsmedien wie Lichtwellenleiter zum Einsatz kommen sollen.
Die ersten tiefbaulichen Vorbereitungen für dieses Vorhaben haben mittlerweile begonnen und werden schrittweise fortgeführt.