Erfurt entfesselt! Ausstellung zeigt bedeutenden Umbruch der Stadtgeschichte
150 Jahre Entfestigung im Stadtmuseum Erfurt
Erfurts Entfestigung steht im Mittelpunkt der neuen Schau. 700 Jahre lang war die Stadtbefestigung gewachsen, definierte und schützte Erfurt bis ins 19. Jahrhundert. Der Zugang erfolgte über insgesamt acht Tore, darunter das Schmidtstedter Tor, das Johannestor und das Löbertor. Mit der Reichseinigung 1871 gelingt der „eingesperrten“ Stadt der Befreiungsschlag. Die Festungsmauern werden abgerissen, was zu einem rasanten Wachstum der Wirtschaft, der Bevölkerung und der Bebauung führt. „Die Stadt hatte plötzlich Raum zu wachsen und explodiert förmlich, auch Industrie konnte sich in größerem Maße ansiedeln“, sagt Kurator Dr. Clemens Peterseim vom Thüringer Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie. „Die Entfestigung vor genau 150 Jahren löste die Geschichte der Großstadt Erfurt aus.“
„Erfurt entfesselt!“ begleitet diese städtebaulichen und gesellschaftlichen Veränderungen. Wer die Ausstellung symbolisch durch das Krämpfertor betreten hat, findet sich im spätmittelalterlichen Erfurt wieder. Ein Gefühl für die „eingemauerte“ Stadt vermitteln unter anderem ein Stadtmodell und verschiedene Zeichnungen. Die Umgestaltung des bombardierten Friedrich-Wilhelm-Platzes (seit 1945 Domplatz), den maßgeblich Bürgerinnen und Bürger mit eigenen Händen in eine Parkanlage verwandelten, und der Abriss des alten Rathauses, die vier Jahrzehnte dominierende Brache am Fischmarkt und der anschließende Neubau zeigen beispielhaft die Veränderungen. Der Bahnhof, der noch innerhalb der Festungsmauern gebaut wird, vergrößert sich mit deren Abriss. Erfurt wird zum Objekt der Stadt- und Verkehrsplanung, bekommt erstmals eine Kanalisation und eine Fernwasserversorgung. Ein Promenadenring entsteht Stück für Stück dort, wo zuvor Mauern die Stadt in ihr Korsett zwängten. „Endlich Luft!“ hört man die Erfurterinnen und Erfurter zu dieser Zeit sagen. Sie entdecken das Flanieren in der größten Parkanlage der Stadt für sich. Mit der Entfestigung startet auch ein ambitioniertes Schulbauprogramm: Insgesamt 20 Neubauten oder Erweiterungen entstehen zwischen 1875 und 1914, denn die preußische Sozialpolitik will Bildung für alle ermöglichen., Einen weiteren Schwerpunkt der Ausstellung bildet die Anbindung Erfurts an das Eisenbahnnetz ab 1847 und die damit verbundene Bedeutung für die Stadt und deren Entwicklung.
Zu sehen ist die Ausstellung, die inhaltlich mit der bestehenden Sonderausstellung „Modell Innenstadt. Planungen für die Mitte von Erfurt“ korrespondiert, im Stadtmuseum „Haus zum Stockfisch“ in der Johannesstraße 169, von Dienstag bis Sonntag zwischen 10 und 18 Uhr.
Museumspädagogische Angebote
Bei der Geocaching-Tour „Erfurt Entdeckt“ machen sich die Kinder, ausgestattet mit einem GPS-Gerät, auf die Suche nach den Überresten der alten Stadtmauer und lernen dabei das Leben und die Stadt vor 150 Jahren kennen. Auf der Suche nach alten Stadttoren und Mauern müssen ein paar knifflige Aufgaben gelöst werden, um am Ende den Schatz zu finden.
Das neue Angebot Geocaching wird in den Sommerferien von der ersten bis fünften Ferienwoche immer montags von 10:00 bis 12:00 Uhr angeboten.
Es richtet sich an Kinder im Alter von 8 bis 13 Jahren und kostet 3,00 pro Person.
Für weiterführende Schulen wird der Workshop „Erfurt Entfaltet“ angeboten. Er greift den Trend „Zines“ auf. Zines sind kleine, gefaltete Hefte, die selbst gestaltet werden. Die Jugendlichen können sich dabei individuell mit den Themen und Impressionen der Ausstellung auseinandersetzen und ihre Kreativität frei entfalten. Ob kleine Comics, Kurzgeschichten oder Collagen – Alles kann ein Zine sein.
Die Angebote können ab sofort auch für Gruppen und Schulklassen gebucht werden. Eine Anmeldung per E-Mail an bildung-stadtmuseum@erfurt.de oder unter 0361 655-5652/5644 ist erforderlich.