Gemälde des Erfurter Künstlers Michal Schmidt im Technischen Rathaus ausgestellt
„Ich freue mich, dass damit Künstlerförderung und Gestaltung eines Verwaltungsgebäudes Hand in Hand gehen“, so der Kulturbeigeordnete Dr. Tobias J. Knoblich.
Die Arbeit passt hervorragend zum Ort der Präsentation. Im Beratungsraum nebenan tagt künftig nicht nur der Stadtentwicklungsausschuss, sondern rund um das Stadtmodell erfolgen auch die öffentlichen Auslagen für Bauvorhaben und gehen Bauherren ein und aus. Mitten in der Bauverwaltung also hängt ein Gemälde, das sich mit dem Leben und der Architektur am Berliner Platz auseinandersetzt, dessen Frische und inspirierende Farb- und Formenfülle den Raum positiv auflädt. „Der Künstler hat in diesem Werk subjektiv getönte Erinnerungen an seine Kindheit in Erfurt in eine malerisch vitale Komposition mit zeitgeschichtlicher Dimension überführt“, beschreibt Prof. Dr. Kai Uwe Schierz die Arbeit, der als Direktor der Kunstmuseen eine Expertise zum geplanten Ankauf der Arbeit verfasst hatte und sich über den Neuzugang der Dauerleihgabe freut. „Mit Ortskenntnis lassen sich Szenen aus dem Neubaugebiet Berliner Platz in Erfurt identifizieren, die Gorki-Buchhandlung und das Café Berolina“, so Schierz weiter.
Der Künstler gibt sehr persönliche Einblicke in seine Motivation zu diesem Bild:
Diese Arbeit war eines der beiden Schlüsselwerke meiner Ausstellung ‚ME[ ]R‘ in der Galerie Eigenheim-Berlin im Sommer 2016, welche sich, vereinfacht ausgedrückt, dem Thema ‚Boote‘ widmete und aufgrund direkter autobiografischer Bezüge eine eher seltene, sehr persönliche Arbeit darstellt. Als Ergebnis einer kurzen Liaison bin ich als nicht beabsichtigtes, uneheliches Kind eines Seefahrers allein mit meiner Mutter in Erfurts Norden, im Gebiet des Berliner Platzes, aufgewachsen. Meine Kindheit war glücklich, die Zeit der politischen Wende aufregend und turbulent und meine Fragen vielgestaltig und groß. Fading Berolina zeigt Facetten meiner Jugend und ihrer Zeit, sich überlagernd und mit Bedeutung aufgeladen – die Eltern, welche ich als familiäre Einheit aus Vater und Mutter nicht kannte, außerhalb eines Mauerrings sitzend, der stringente Alltag der Erwachsenen, in einer Warteschlange harrend, innerhalb. Wir Kinder spielend, träumen in Luftschiffen und bewegen uns mutig, auch über Mauern hinweg, einer noch ungeschriebenen neuen Epoche entgegen. Ein noch frisches, junges Weltbild formt sich in mir, alles ist Suche und Sehnsucht, wie die Liebe. Der Hamster im Käfig stirbt. Der Vater bleibt mir ein großes Fragezeichen und bis heute unbekannt. Nur die wahrgenommenen Spitzen einer ereignisreichen Zeit bleiben, mischen sich zu einem Konglomerat aus Erinnerung, durchdringen sich, initiieren Identität, formen Gedächtnis und erzeugen alte und neue Bilder. Dieses Bild, auch wenn es in Malerei fixiert scheint, ist flüchtig und irgendwann, genau wie das Café Berolina am Berliner Platz, nicht mehr existent.
Das großformatige Gemälde (Öl auf Canvas aus dem Jahr 2016) misst 210 × 270 cm und soll künftig – sobald eine angemessene Gelegenheit dafür besteht – in einem öffentlichen Raum am Berliner Platz aufgehängt werden.