„Klärchen“ lädt zum Besuch ein

24.03.2021 17:11

Ein weiterer Bauabschnitt in der Geraaue ist fertig: Der zweieinhalb Hektar große Bereich am ehemaligen Klärwerk ist freigegeben. Rund 15 Jahre lang war das Gelände nach dem Abriss des letzten Anlagenteils eingezäunt und nicht öffentlich nutzbar, nun wird das „Klärchen“ zum neuen Treffpunkt für die Erfurterinnen und Erfurter.

Neuer Uferpark am ehemaligen Klärwerk ist fertiggestellt

ein Park an einem Fluss
Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Die ehemals steile Böschung ist verschwunden. Ein Terrassenufer mit 312 Sitzsteinen aus Granit und zwölf Sitzliegen überwindet den Höhenunterschied zur Gera, die nun zugänglich ist. Im oberen Bereich reihen sich verschiedene Flächen aneinander: Ein Picknickplatz mit einem acht Meter langen Eichentisch und 19 Hockern lädt zum gemeinsamen Essen mit Freunden und Familie ein. Zwei Grills können von den Besucherinnen und Besuchern genutzt werden. Drei Panoramaschaukeln, ein Beachvolleyballfeld und ein Kleinkinderspielplatz komplettieren das Aktionsband. Auch eine WC-Anlage steht zur Verfügung: Aus dem schlichten Häuschen haben Sven Morawietz und Manuel Haupt Ende letzten Jahres mittels Graffiti ein kleines Kunstwerk gemacht. Erreichbar ist das „Klärchen“ über den neuen Gera-Radweg. Er verläuft direkt durch den Parkabschnitt. Fast 30 Fahrradbügel und ein Trinkbrunnen wurden aufgestellt.

Am Ufer wurde die Böschung mit Wasserbausteinen gestützt. Sie schützen bei Hochwasser unter anderem zwei Schwarzpappeln. Der Baum des Jahres 2006 ist durch den Rückgang von natürlichen Auenlandschaften und die Verdrängung durch die Hybridpappel gefährdet und daher besonders erhaltenswert. Im hinteren Bereich des Areals wird eine 1.000 Quadratmeter große Wiesenfläche zum wertvollen Lebens- und Nahrungsraum für Bienen und Insekten. Am Sportlerheim, an dem es einen Biergarten geben wird, ist ein Baumhain aus Zierkirschen entstanden. Insgesamt 77 Bäume wurden gepflanzt, darunter Erlen, Weiden, Eichen und Elsbeere. Hinzu kommen mehr als 6.600 Sträucher und Heckenpflanzen, 12.500 Quadratmeter Rasenfläche wurden angelegt.

Besondere Herausforderung beim Bauen: Die alten Klärbecken befanden sich, mit Bauschutt verfüllt, noch im Boden. Insgesamt 8.000 Kubikmeter Erde wurden durchgesiebt, um den Abfall zu trennen. 1.600 Tonnen Bauschutt und rund 1.000 Tonnen Schlacke wurden ordnungsgemäß entsorgt. Von insgesamt 14.000 Kubikmeter Boden, der bewegt wurde, wurden 6.000 Kubikmeter wieder eingebaut.

Das „Klärchen“ soll nicht nur zum Ort für Sport, Spiel und Erholung werden: Der amphitheaterartig angelegte Bereich soll auch Schauplatz für Veranstaltungen sein.

Die Gesamtkosten für den Umbau liegen bei ca. 3,5 Millionen Euro. Rund 80 Prozent stammen aus Mitteln aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE, Freifläche), aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur des Freistaats Thüringen (GRW, Radweg) sowie aus Städtebaufördermitteln (Beleuchtung und Entwicklungspflege).

Das Garten- und Friedhofsamt bittet die Erfurterinnen und Erfurter - im Interesse aller - rücksichtsvoll mit den neuen Anlagen umzugehen. Insbesondere die Rasenflächen benötigen noch etwas Zeit, um grün zu werden. Hier wird um Vorsicht bei der Nutzung gebeten.

Hintergrund

Zwischen 1909 und 1911 wurde die Kläranlage in der Riethstraße gebaut. Damit war Erfurt Vorreiter: Statt wie damals üblich das Schmutzwasser aus den Kanälen unbehandelt in Flüsse und Bäche zu leiten, wurde es schrittweise mechanisch und biologisch von Verunreinigungen befreit. So konnten die Gewässer in und um Erfurt entlastet werden.

Zwischen 1921 und 1930 wurde die Anlage, die ursprünglich für 120.000 Einwohner konzipiert worden war, stetig erweitert. Mit Beginn der 1970er Jahre befand sie sich bereits mitten im bebauten Stadtgebiet – die Umweltbelästigungen waren nicht mehr vertretbar. Das Klärwerk, das seine Leistungsgrenze bereits überschritten hatte, konnte am Standort Riethstraße nicht erweitert werden. 1985 wurde die Anlage teilweise, 1988 vollständig stillgelegt. 1993 begann der Abriss, ein Teil des Geländes wurde zum Sportplatz umgebaut. 2004 verschwand mit dem Faulbehälter der letzte Anlagenteil.