Corona aktuell: News des Tages | 20.01.2021
Impfstellen arbeiten mit angezogener Handbremse
Seit dem 13. Januar sind die Impfstellen am Helios-Klinikum und vor dem Katholischen Krankenhaus geöffnet. „In der ersten Woche wurden hier knapp 1.000 Menschen geimpft“, berichtet Dr. Michael Sakriß von der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen. Pro Standort sind das etwa 70 bis 80 ältere Impfwillige pro Tag. Die Impfstellen hätten sich eingearbeitet, berichtet der Mediziner – doch es fehle an Impfstoff. „Hätten wir ausreichend Impfdosen zur Verfügung, könnten wir die Kapazität mindestens verdoppeln, wenn nicht gar verdrei- oder vierfachen“, so Sakriß.
In den meisten großen Erfurter Pflegeheimen wurde unterdessen die Erstimpfung durchgeführt. „In einigen Einrichtungen können wir aufgrund aktiver Corona-Fälle noch nicht impfen, andere müssen sich noch besser vorbereiten“, schildert Sakriß. Weder in den Impfzentren noch in den Einrichtungen sei es in Verbindung mit der Impfung zu medizinischen Notfällen gekommen.
Situation in den städtischen Krankenhäusern angespannt
„Die Situation am Katholischen Krankenhaus ist kritischer geworden“, berichtet Dr. Jörg Pertschy, ärztlicher Direktor des KKH. „Wir stehen kurz vor der Notwendigkeit, eine dritte Covid-Station zu eröffnen – mit allen Konsequenzen.“ Auch außerhalb der Covid-Stationen macht sich die Lage im KKH, das als Level-2-Krankenhaus im Normalfall keine Covid-Patienten intensivmedizinisch betreut, bemerkbar. „Seit Donnerstag letzter Woche sind alle Intensivbetten belegt“, so Pertschy. Ein Grund: die durch Covid-19 in ganz Thüringen eingeschränkte Zahl der zur Verfügung stehenden Intensivbetten. Um die intensivmedizinische Behandlung zu gewährleisten, werden im KKH Normalbetten durch technische Umbauten zu ITS-Betten umfunktioniert. „Wenn die Entwicklung so weitergeht, müssen wir eine Normalstation in eine Intensivstation umwandeln“, so Pertschy.
Als „stabil angespannt“ beschreibt sein Kollege vom Helios, Prof. Dr. Thomas Steiner, die Situation. „Mehr als die Hälfte der Intensivbetten werden für Covid-19-Patienten benötigt“, so Steiner. „Das trägt sekundär auch zu den Problemen im KKH bei.“ Geplante Operationen, die im Anschluss eine intensivmedizinische Betreuung erfordern, werden aktuell nur in dringenden Fällen durchgeführt. „Die Patientinnen und Patienten haben glücklicherweise großes Verständnis für den Ernst der Lage“, so Steiner.
Eine positive Entwicklung beobachten beide Ärzte hinsichtlich der Impfbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kliniken. „Mit Beginn der Impfungen ist die Zahl der Impfwilligen deutlich gestiegen, berichtet Pertschy für das KKH. Im Helios wurden rund 70 Prozent des Klinikpersonals der Kategorie B1, die aufgrund ihrer Tätigkeit am meisten besonders einer Ansteckung bedroht sind, geimpft. Im Helios beginnen heute auch die Impfungen der Mitarbeitenden der Erfurter Rettungsdienste.
Standkundgebung kann nicht untersagt werden
Eine für Samstag angemeldete Versammlung muss die Stadt Erfurt genehmigen. Die Initiative „Thüringen steht zusammen“ will am Samstag auf dem Domplatz eine Standkundgebung abhalten und rechnet mit 500 Teilnehmenden.
„Nach der Thüringer Verordnung haben wir keine Chance, diese Versammlung zu untersagen“, erklärt Oberbürgermeister Andreas Bausewein. Die aktuelle Verordnung lasse Versammlungen nach Artikel 8 des Grundgesetzes (Versammlungsfreiheit) unter freiem Himmel mit maximal 1.000 Personen zu, solange die Inzidenz unter 200 pro 100.000 Einwohner liegt.
„Erfurt ist mit einer Inzidenz heute von 164,0 eine Insel in Thüringen, aber wir sind nicht die Insel der Glückseligen“ so Bausewein weiter. Bei täglich rund 50.000 Einpendlern aus dem Umland mit weitaus höherem Infektionsgeschehen sei es ein Glücksfall, dass die Erfurter Zahlen vergleichsweise gering sind.
Aus den zurückliegenden Versammlungen sei bekannt, dass die Mehrzahl der Teilnehmer von außerhalb anreist. Nun könne man nur hoffen, dass sich bei dieser Kundgebung keine neue Infektionskette in Gang setze. In Absprache mit dem Gesundheitsamt und der Polizei habe die Versammlungsbehörde daher harte und detaillierte Auflagen festgeschrieben.
Für Bausewein wäre es besser gewesen, „die Thüringer Verordnung anders zu fassen. Die Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht, keine Frage. Aber jetzt muss die Eindämmung der Pandemie im Vordergrund stehen.“
Homeoffice für die Stadtverwaltung problematisch
Bei der gestrigen Videokonferenz haben sich die Bundeskanzlerin und die Regierungschefs der Länder auch zum Thema Homeoffice verständigt. Nach einer neuen Arbeitsschutzverordnung, die befristet bis zum 15. März gilt, werden Arbeitgeber verpflichtet, Homeoffice anzubieten, soweit keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.
„Das stellt uns vor große Schwierigkeiten, denn der Datenschutz muss bei uns in besonderem Maße eingehalten werden“, so Oberbürgermeister Andreas Bausewein.
Die Stadt suche hier nach pragmatischen Lösungen, sei aber auf die Unterstützung des Landesdatenschutzbeauftragten angewiesen. Homeoffice anzubieten, um damit eine Kontaktreduzierung zu erreichen, sei völlig richtig, müsse aber rechtlich eindeutig geklärt sein.
Aktuell verfügt die Stadtverwaltung Erfurt über 2.300 aktive PC-Arbeitsplätze. Zugriffe aus dem Homeoffice von Nutzern mit Verfahren der Datenschutzstufe 2 sind nicht erlaubt, dies betrifft ca. 1.100 Mitarbeiter. In den letzten 7 Tagen waren 470 Personen im Homeoffice und über die sichere Datenleitung der Stadtverwaltung angebunden.