Ausstellung im Angermuseum „Volker Stelzmann. Stadt – Werkstatt“
Der 1940 in Dresden geborene Volker Stelzmann zählt seit Jahrzehnten zu den wichtigsten figürlich arbeitenden Malern und Grafikern im deutsch-sprachigen Raum. In werkbiografischer Sicht gehört er zur zweiten Generation der Leipziger Schule, wie Ulrich Hachulla, Wolfgang Peuker und Arno Rink. Seit 1986 lebt und arbeitet er in Westberlin. Konsequent bewegt er sich auch im 80. Jahr seines Malerlebens zwischen seinem Atelier, das er Werkstatt nennt, und den Menschen in der Stadt hin und her. Aber auch zwischen der europäischen Kunstgeschichte und unserer Gegenwart. Er ist bekannt dafür, seine Bildideen im kontinuierlichen Dialog mit wahlverwandten Künstlern aus der Weimarer Republik ebenso wie den Epochen der Gotik, der Renaissance und des Barock zu entwickeln.
Bei Volker Stelzmanns imaginären Gesprächen mit den Alten Meistern und denen der Klassischen Moderne ist Nostalgie nicht im Spiel, dafür große Wertschätzung. Es gibt in seinem Œuvre Widmungsbilder, die er den Vorläufern seiner Kunst wie Grünewald oder El Greco zugeeignet hat. Und es gibt besondere Kompositionen, die er „Konspiration“ titelte und ihn im Kreise der verehrten Maler zeigen: Otto Dix, Matthias Grünewald und Giorgio de Chirico, El Greco und Francisco de Zurbarán, Michelangelo Buonarroti, Lorenzo Lotto und Jacopo da Pontormo.
Neben Atelierbildern geben auch zahlreiche Selbstbildnisse Volker Stelzmanns Auskunft über die kontinuierlich-intensive Befragung der eigenen Position und jener Konstellationen, in die er sich als zeitgenössischer Künstler gestellt sieht. Von dort aus geht sein Blick immer wieder auf den Menschen in seiner urban-modernen Verfassung: eine unüberschaubare Menge an Individualisten, die in engen Räumen aufeinanderprallen, ohne einander wirklich zu begegnen. Vielmehr wird eine Spannung spürbar, die auf mühsam unter der Oberfläche verborgene Aggressionen verweist. Der Maler nutzt Bildelemente wie Lichtführung, Hell-Dunkel-Kontraste und pointierten Farbeinsatz, um die Isolation der Figuren voneinander, ihre fehlende Verankerung in der Wirklichkeit, das Bodenlose ihres Weltverhältnisses zu betonen.
Schon früh eignete sich Volker Stelzmann zentrale Motive der christlichen Ikonografie an: Abendmahl und Kreuzabnahme, Totenklage (Pietà) und Auferstehung. Zum einen widersprach er damit der gesellschaftlichen Erwartung an ihn, ein bestimmtes Menschenbild zu formen, zum anderen fand er hier bildhafte Formulierungen vorgeprägt, die auf existenzielle Erfahrungen jedes menschlichen Individuums reagieren, auf das, was uns allen widerfährt, dem jeder Mensch trotz all seiner individuellen Entfaltungs- und Gestaltungsmöglichkeiten unterworfen bleibt.
In Volker Stelzmanns Künstlerbiografie vereinen sich wichtige Aspekte der deutsch-deutschen jüngsten Kunstgeschichte: seine ostdeutsche Sozialisierung, seine in Leipzig geprägte Bilderkultur und sein künstlerisches Durchsetzungsvermögen im facettenreichen westdeutschen Kunstbetrieb.
Die aktuelle Ausstellung mit zahlreichen Gemälden, Zeichnungen und Druckgrafiken entstand in Kooperation des Angermuseum Erfurts mit der Kunsthalle Schweinfurt und Peter Femferts „Die Galerie“ in Frankfurt/ Main.
Die Erfurter Station der Ausstellung organisiert der Förderverein „Freunde des Angermuseums“ e. V. gemeinsam mit dem Angermuseum. Sie wird gefördert von der Kulturstiftung des Freistaats Thüringen, der Sparkasse Mittelthüringen, der Landesbank Hessen-Thüringen und dem Hotel Zumnorde.
Die Ausstellung läuft vom 30.08. bis zum 15.11.2020, geöffnet Di – So 10 – 18 Uhr.