„Nicht mehr lesen, sehen!“ – Vortrag beleuchtet Presse in der Weimarer Republik
„Nicht mehr lesen, sehen!“ – unter dieses eingängige Motto stellte Johannes Molzahn 1928 die kommenden Aufgaben der Publizistik. Der Künstler, Gestalter und Dozent forderte mit diesen Worten von seinen Zeitgenossen eine allumfassende Wende hin zum Bild. Wie schon die Gedankenskizze zur „synthetischen Zeitschrift“ (1925) des Bauhausmeisters Laszlo Moholy-Nagy, richtete sich auch Molzahns Losung an die Presselandschaft seiner Zeit.
Tatsächlich ließ sich die von ihm erhoffte Wende zum Bild auch in den Tageszeitungen der Weimarer Republik nachvollziehen. In der heutigen Forschung wird dieses Phänomen der Alltagkultur als Iconic Turn bezeichnet. In der Presse der Republik äußert sich das in Form der Fotografie als Triebfeder der gestalterischen Moderne. Dabei vermittelten Bilder nicht nur Informationen, sondern waren außerdem in der Lage, die Betrachter alltäglich zu beeinflussen. Auch traditionelle Bildmedien wie die Karikatur wurden von den Redakteuren genutzt, um die verschärften Meinungskämpfe im Parlament und auf der Straße zu kommentieren.
Gegen Ende der Republik drängte schließlich die Fotomontage in die Zeitung, welche von dem Dadaisten John Heartfield als politisches Kampfbild konzipiert wurde. Die gedruckten Bilder aus den Tageszeitungen repräsentierten daher in politischer, künstlerischer und technischer Hinsicht gleichermaßen die großen Hoffnungen und das finale Scheitern der Weimarer Republik.