Erfurt engagierte sich für die Rückkehr eines in der NS-Zeit verkauften Nolde-Gemäldes ins Angermuseum
Das spektakuläre Werk, das 1930 für das Angermuseum erworben wurde und der bis dato teuerste Museumsankauf eines Nolde-Gemäldes war, tauchte diesen Monat erstmals und überraschend wieder auf dem Kunstmarkt auf.
Die Stadt Erfurt startete den Versuch des Rückerwerbs für das Angermuseum; die seinerzeitige Inventarkarte ist noch vorhanden (vgl. Abbildung 3).
Eine Restitution des Werkes kam nicht infrage, da es aufgrund des Verkaufs nicht als Raubkunst gilt.
Um Förderer für einen Ankauf zu gewinnen und den Markt durch ein Bekanntwerden des Erfurter Engagements nicht preistreibend zu beeinflussen, erfolgte die Beteiligung der Stadt Erfurt an der Auktion in Bern/Schweiz diskret und unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Der Stadtrat befasste sich mit dem Thema in nichtöffentlicher Sitzung und beschloss ein Budget, das Mittel des Bundes, des Landes, der Kulturstiftung der Länder sowie der Ernst von Siemens Kunststiftung beinhaltete. Der finanzielle Verfügungsrahmen belief sich in Anlehnung an Empfehlungen zweier Gutachter auf 1,433 Mio. EUR.
Für 1,635 Mio. CHF (brutto) (entspricht rd. 1,5 Mio. EUR) wechselte das Gemälde am vergangenen Freitag nun den Besitzer – leider abermals an eine Privatperson, die die Stadt überbieten konnte.
„Entscheidend ist für mich, dass wir die historische Verantwortung übernommen und innerhalb kürzester Zeit eine Finanzierungsstrategie entwickelt haben“, sagte die Beigeordnete für Umwelt, Kultur und Sport, Kathrin Hoyer. „Der Versuch, die Verluste totalitärer Kunstpolitik im Einzelfall wieder auszugleichen, ist auch künftig eine große Anstrengung wert. Der Stadtrat hat großartig reagiert und sich für die Sache eingesetzt.“
„Unsere Bemühungen wurden auf Bundesebene sehr begrüßt. Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters hat mir in einem persönlichen Gespräch am Vortag der Versteigerung ihre Unterstützung versichert, sie fieberte mit uns mit“, erklärte Kulturdirektor Dr. Tobias J. Knoblich. „Frau Grütters setzt sich sehr für Fragen des Kulturgutschutzes und der Provenienzforschung ein. Ihr verdanken wir starke Akzente bis in die Gesetzgebung hinein.“ Auch die Thüringer Staatskanzlei war schnell und im Vertrauen auf das Handeln der Stadt bereit, sich einzubringen, genauso die beiden genannten Stiftungen, für deren wiederholtes Engagement für Erfurt die Stadt dankbar ist.
Der Direktor der Kunstmuseen, Prof. Dr. Kai Uwe Schierz, bedauert die verpasste Chance, die Sammlung des Angermuseums um diesen wichtigen Nolde vervollständigen zu können. „Wir haben sehr gut reagiert. Museum, Verwaltung und Stadtrat zogen an einem Strang. Ich gebe die Hoffnung aber nicht auf, mit dem neuen Eigentümer des Gemäldes ins Gespräch zu kommen und vielleicht noch etwas für Erfurt gewinnen zu können“, so Schierz.
Das Werk ist von hoher musealer Qualität, es ist sehr gut erhalten und aus konservatorischer Sicht ein Glücksfall. Seit der Auktion der 1937 beschlagnahmten Meisterwerke in Luzern 1939 befand es sich durchgehend im selben Schweizer Familienbesitz und wurde nur fallweise öffentlich gezeigt. Die beigefügte Abbildung 1 zeigt das Werk im aktuellen Zustand der Vorbesichtigung, die ein Vertreter der Kulturdirektion in Bern vor der Auktion durchführte.