Vision Petersberg: Konzept zur Umsetzung der Idee „Schaufenster Thüringen“ im Rahmen der Bundesgartenschau 2021
Das vorliegende Konzept entstand im Rahmen von vier Werkstattrunden in der Zeit von September 2015 bis Februar 2016. „Uns war wichtig, dass das Konzept nicht auf einen Innenblick basiert, sondern ein Ergebnis eines möglichst breit angelegten Austausches ist“, erläutert Oberbürgermeister Andreas Bausewein den Entstehungsprozess. Mitgewirkt aus der Stadt Erfurt haben das Amt für Stadtentwicklung und Stadtplanung, die Kulturdirektion, das Amt für Grundstücks- und Gebäudeverwaltung sowie die Tourismus und Marketing GmbH und die „BUGA Erfurt 2021“gGmbH.
Als externe Sachverständige/Partner nahmen an den Beratungen teil: die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie sowie die IBA Thüringen (Internationale Bauausstellung). „Die Bürger haben wir eng in die verschiedenen Phasen des Entstehens der jetzt vorliegenden Vision einbezogen“ erklärt Buga-Geschäftsführerin Kathrin Weiß das Vorgehen. „Ende 2014 gab es einen Workshop mit Vertretern der unterschiedlichen Interessengruppen für den Petersberg. Im Sommer 2015 fanden zwei öffentliche Veranstaltungen statt. Einmal wurde mit speziellen Interessengruppen für den Petersberg und einmal mit der Öffentlichkeit im Rahmen eines Buga-Dialogs diskutiert. Aus den Runden konnten die wir viele wertvolle Anregungen mitnehmen, die in die jetzt vorliegende Vision eingeflossen sind.“ Darüber gab es Gespräche mit den Aktiven auf dem Petersberg.
Entstanden ist eine Projektidee die fünf Teilbereiche umfasst, welche in den nächsten Wochen und Monaten weiter konkretisiert werden sollen:
- der Aufstieg
- die Peterskirche
- die architektonische und freiraumplanerische Gestaltung des Umfeldes der Gebäude
- die Defensionskaserne und das Kommandantenhaus
- eine neue „Erlebniswelt Thüringen“ auf dem Petersberg
Der Petersberg soll nicht nur für die Dauer der Bundesgartenschau in den öffentlichen Fokus gerückt, sondern dauerhaft belebt werden. Um möglichst vielen Menschen den Weg vom Domplatz auf den Berg zu weisen, soll bereits der Aufstieg Teil des Erlebnisses Petersberg werden und weitgehend barrierefrei ausgeführt sein.
Zum Aufstieg soll eine Kombination aus einem oder mehreren Aufzügen und Wegeabschnitten am südlichen/südöstlichen Hang entwickelt werden. Wie genau die einzelnen Abschnitte bis zum Fuß der Mauer und auf den Berg gestaltet werden, muss im weiteren Verfahren ebenso geklärt werden, wie der genaue Standort und die Beschaffenheit.
„Der Weg nutzt die verschiedenen Ebenen der Zitadelle und eröffnet mit jedem Schritt neue Perspektiven auf die Stadt und in die Landschaft“, sagt Alexander Hilge, Beigeordneter für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften. Die Ausführung dieses Wege-Aufzugssystem soll in einem Wettbewerb ermittelt werden. Hilge dazu: „In Verbindung mit der Idee der IBA zum ‚urbanen Periskop‘ stellen wir uns vor, dass auf dem Petersberg im Bereich des Aufstiegs eine Anlage installiert wird, die einen ungewöhnlichen und unerwarteten Fernblick ermöglicht. Ob dies ein Bauwerk, eine technische Lösung oder eine Kombination aus beidem wird, ist noch offen.“
Die Peterskirche symbolisiert die unterschiedlichen Zeitschichten des Petersberges, sie ist das Gebäude mit der größten Aura. Deshalb soll sie stärker in das Zentrum des Interesses gerückt und in ihren Nutzungsqualitäten besser erschlossen werden. Dabei spielt ihr Umfeld eine besondere Rolle: Durch eine ansprechende Freiraumplanung soll die Kirche optisch herausgehoben werden.
Auch im Inneren soll es Veränderungen geben. „Architektonische Struktur, Mauertechnik, bauplastische Details, Fragmente bildlicher Darstellungen und Inschriften legen Zeugnis ab von der langen Geschichte der Peterskirche und von der Großartigkeit romanischer Baukunst. Diese sollen, ohne die Spuren späterer Umnutzung zu tilgen, herausgearbeitet werden, um die Peterskirche wieder stärker als sakralen Raum wirken zu lassen“, sagt Prof. Dr. Helmut-Eberhard Paulus, Direktor der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Die Peterskirche erinnert an die Ursprünge des Petersberges als „Kultstätte“ und stellt dank der monumentalen Würde des Bauwerks einen Raum der Ruhe und des Rückzugs dar. Im Erdgeschoss gibt es Platz für temporäre künstlerische Installationen und anderer Exponate, im Obergeschoss für Versammlungen, Vorträge und Events. Geplant ist folglich mehr Flexibilität in der Nutzung und Erlebbarkeit, keine Musealisierung.
Diese Geschichte der Kirche und ihr Aufbau auf den Grundmauern des ehemaligen Klosters sind heute nur noch zu erahnen. Die historischen Bezüge und die Bedeutung des Bauwerks für Erfurt und Thüringen sollen durch eine landschaftliche Gestaltung optisch sichtbar werden.
Das Kommandantenhaus ist das Entree für alle diejenigen, die den Petersberg klassisch per Pedes erobern. Hier ist der Startpunkt für eine Entdeckung der militärischen Vergangenheit, der zentrale Ereignisort für die Festungsgeschichte. Die bereits existierende museale Präsentation soll eine entsprechende Aufwertung erfahren und strukturell in das historische Stadterlebnis Erfurt eingebunden werden. Gleichzeitig soll ein gehobenes Gastronomieangebot für eine Belebung des Petersberges sorgen.
„Die Defensionskaserne wird mit einer Mischung aus Arbeit, Bildung und Kultur für eine neue Dimension der Belebung auf dem Petersberg sorgen“, blickt Alexander Hilge auf die Belebung der Kaserne durch die Parität und die Thüringer Landesmedienanstalt. Sie schaffen neben Büroarbeitsplätzen Raum für kreatives Arbeiten. „Mit dem höchsten und größten Dachgarten Thüringens und einem entsprechenden gastronomischen Angebot entsteht ein weiterer Anziehungspunkt auf dem Plateau.“
Die Freiflächen auf dem Petersberg wurden in den vergangenen Jahren umfassend umgestaltet. Die entstandenen Areale, insbesondere im Bereich des Bürgergartens, werden von vielen Erfurterinnen und Erfurtern genutzt. Einer der letzten weißen Flecke auf dem Peterberg ist der Exerzierplatz. Als neu gestaltete Fläche soll auch er eine Transformation erleben: vom „Exerzieren zum Kommunizieren.“
„Im Rahmen der Bundesgartenschau werden die Freiflächen landschaftsgärtnerisch und in ihrem Freizeitwert weiter ausgestaltet. Die Erfurter sollen ihre Freizeit hier gern verbringen, dazu sind weitere altersübergreifende Angebote zu integrieren. Wir schaffen damit die Voraussetzungen, dass die Menschen dieses Areal noch stärker in Besitz nehmen“, sagt Kathrin Weiß, Geschäftsführerin der „BUGA Erfurt 2021“ gGmbH.
„Eine neue, zum Teil unterirdische Erlebniswelt ist das zentrale Element der zukünftigen Gestaltung des Petersbergs. Auf 1200 Quadratmetern ist diese Erlebniswelt der Ausgangspunkt aller Aktivitäten. Hier werden die touristischen und kulturellen Angebote des Petersbergs gebündelt“, blickt Kathrin Weiß auf die neue funktionale Mitte des Petersbergs, welche über die Dauer der Buga hinaus zentraler Punkt für Besuche sein wird.
Von hier aus werden Horchgänge, Peterskirche und Aufstiegssystem verknüpft und erreicht. In der Erlebniswelt Thüringen sollen die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft erlebbar werden. Thüringen wird sich touristisch, kulturell, wirtschaftlich und gesellschaftlich präsentieren. Dr. Carmen Hildebrandt, Geschäftsführerin der ETMG, dazu: „Bei diesen Überlegungen haben wir uns von den unterschiedlichen Nutzerinteressen leiten lassen. Die Angebote auf dem Petersberg sind sowohl für die Erfurter als auch für Touristen gemacht. Beide Besuchergruppen werden gleichwertig betrachtet und von der Erlebniswelt Thüringen angesprochen.“.
Diesen Ansatz unterstreicht die Lage der Erlebniswelt, deren zentrale Funktion es ist, die Besucher in alle Bereiche des Petersbergs zu führen. Umgekehrt führen auch alle Zugänge von den unterschiedlichsten Seiten dorthin. Sofern möglich, sollen vom Besucherzentrum aus die Horchgänge und gegeben Falls auch die Peterskirche unterirdisch erschlossen werden. Auch eine direkte Anbindung an das Aufstiegssystem ist gegeben. Für die Peterskirche bedeutet dies, dass in ihrem unmittelbaren Umfeld erstmals alle notwendigen Funktionen für eine uneingeschränkte öffentliche Nutzung zur Verfügung stehen.
Der Petersberg wird weit mehr als eine neue touristische Attraktion der Landeshauptstadt. Er ist das Scharnier für die vielfältigen kulturellen und touristischen Angebote des Freistaates. „Mehr als elf Million Übernachtungsgäste und Tagestouristen machen Erfurt zur meistbesuchten Stadt Thüringens. Hier ist der richtige Ort zur Installation eines ‚Schaufenster Thüringen‘, in dem sich der Freistaat, nicht nur während der Buga 2021, sondern dauerhaft präsentiert“, erläutert Tourismusexpertin Dr. Hildebrandt. Und Kathrin Weiß ergänzt: „Wir wollen die Besucher zu einer Zeitreise einladen. Die Vielfalt der Themen lässt das ‚Schaufenster‘ niemals langweilig werden. Außerdem bietet es Platz für bereits bestehende Angebote auf dem Petersberg.“
Die „Erlebniswelt Thüringen“ fasst die unterschiedlichen historischen, kulturellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen des Freistaates zusammen. Mithilfe eines Kurators, mit der aktiven Unterstützung aus den Ministerien und der Einbeziehung der ökonomischen und sozialen Interessenvertreter des Landes, entsteht ein lebendiges und vielfältiges Abbild des Freistaats. Damit kann auch sichergestellt werden, dass sich das Schaufenster in das touristische Label des Landes „Thüringen entdecken“ und in bestehende Strukturen, wie das Kultur- und Geschichtsportal im Herzen der Stadt einfügt. Der Petersberg bedarf der Verknüpfung mit Stadt und Land.
Die Erlebniswelt Thüringen beinhaltet alle zentralen Funktionen für die touristische Erschließung des Petersbergs: Kasse, WC, Garderobe, Merchandising-Shop, Zugang zu den verschiedenen touristischen Angeboten und Ausstellungsraum. Zusätzlich sind Räume für kreative Aktivitäten und pädagogische Arbeit vorgesehen. Durch die Integration des „Lernortes Petersberg“ besteht die Möglichkeit für Schulklassen, Geschichte, Tradition und Gegenwart des Petersberges zu entdecken. Betreiber wird die Stadt oder eine städtische Gesellschaft sein.
Der Umsetzung dieses Konzeptes liegt ein Maßnahmenpaket zugrunde, das den gesamten Petersberg erfasst. Dieses lässt sich in drei Bereiche aufteilen, die aufeinander aufbauen: Zitadellenmauern, Verknüpfungen und Verbindungen durch ein städtebauliches Projekt sowie das „Schaufenster Thüringen“.
Die Grundlage: die Festungsmauern
Die Sanierung der Festungsmauern ist die Grundlage aller weiteren Maßnahmen auf dem Petersberg. Hierzu sind 7,5 Mio. Euro notwendig, beantragt aus BKM-Mitteln (Mittel der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien für Kulturdenkmäler), die je zu einem Drittel vom Bund, vom Land und von der Stadt Erfurt aufzubringen sind.
Der Rahmen: das städtebauliche Projekt
Durch den Einsatz von Städtebau/EFRE-Mitteln und Mitteln des Denkmalschutzes wird das Umfeld gestaltet und aufgewertet, die Verbindungen zwischen Flächen und Gebäuden zeitgemäß und nutzerorientiert gestaltet.
Das Projekt des Freistaats: Das Schaufenster Thüringen
Der Freistaat ermöglicht durch weitere Mittel die Errichtung eines Aufstiegsystems, den Bau der „Erlebniswelt Thüringen“ und die Ertüchtigung der Peterskirche mit entsprechenden Begleitmaßnahmen.
Die Maßnahmen auf dem Petersberg lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Gesamtkosten in Höhe von 28.480.000 Euro werden durch Eigenmittel der Stadt Erfurt (4.142.500 Euro) sowie Landes- und Bundesmittel in Höhe von 24.337.500 Euro aufgebracht. Mit allen vorgenannten Maßnahmen kann der Petersberg als komplexes städtebauliches, touristisches und kulturelles Ensemble dauerhaft gesichert werden. „Der Freistaat bekennt sich zu den Plänen der Stadt Erfurt auf dem Petersberg. Das ‚Schaufenster Thüringen‘ ist fester Bestandteil des Koalitionsvertrages. In einer interministeriellen Arbeitsgruppe arbeiten Stadt, Land und Bundesgartenschaugesellschaft eng zusammen“, sagt Oberbürgermeister Andreas Bausewein.
Daten und Fakten zum Petersberg
- 3,5 Kilometer Mauer (ca. 35.000 Quadratmeter), 1,5 Kilometer Tablettmauer, 5 Wacherker,
- 2,6 Kilometer Horchgänge
- 40.000 Quadratmeter von Mauern umgebene Fläche
- 70.000 Quadratmeter mit Umfeld (vom Gutenberggymnasium bis Domplatz)
- 20 Gebäude auf acht Bastionen/Ravelins in fünf Eigentumsverhältnissen
Besucher auf dem Petersberg im Jahr 2015:
- laut Schätzung der ETMG mindestens 400.000 Besucher
- davon in den Horchgängen: 23.996 in 1.594 Gruppen
- zusätzlich fahren im Zuge der Altstadt-Tour Besucher auf das Plateau, die dort aussteigen, den Blick genießen und wieder mit in die Stadt fahren: 23.106 Teilnehmer in 1.072 Rundfahrten