Wieder eingeweiht: Monumentalbrunnen auf dem Anger wurde umfassend saniert
Die gesamte Wassertechnik wurde erneuert und eine moderne Brunnenstube unterirdisch integriert. Das Wasserbecken erhielt eine dichte Bleiverkleidung und die historisch vorhandenen zwei kleinen Fontänen im Brunnenbecken wurden neu installiert. Die Bronzeplastiken wurden umfangreich restauriert und sämtliche Beschädigungen der letzten 100 Jahre, einschließlich noch vorhandener Kriegsschäden, beseitigt.
Die fast vollständig durchrosteten Verankerungen der Brunnenplastiken sind erneuert und garantieren, dass der Monumentalbrunnen auch in den nächsten Jahrzehnten die Erfurter und ihre Gäste erfreuen wird. Nur die filigrane Rose in der Hand der Flora wurde nach mehrmaliger mutwilliger Zerstörung nicht erneuert. Jedoch wird die Rose als Kunstblume das Denkmalensemble vervollständigen.
Die Kosten der Sanierung belaufen sich auf insgesamt ca. 346.000 Euro für Stein- und Metallsanierung und Brunnentechnik. Die Figuren wurden am 14. und 15.03.2012 demontiert und konnten nach umfangreicher Restaurierung fast auf den Tag genau 1 Jahr später, am 18. und 19.03.2013 wieder montiert werden.
Folgende Planungsbüros und Bauunternehmen waren an der Baumaßnahme beteiligt:
1. Steinrestaurierung:
Planung: Ingenieurbüro für Steinsanierung und Denkmalpflege, Frau Dr. Kirsten (Erfurt)
Bauausführung: Nüthen Restaurierungen (Erfurt)
2. Metallrestaurierung:
Planung: Büro & Praxis für Metallrestaurierung, Herr Prof. Bernhard Mai (Erfurt)
Bauausführung: Werkstatt für Schmiedekunst Michael Gerhardt (Knau)
3. Brunnentechnik: (im Gesamtpaket 'Angersanierung' enthalten)
Planung: Koordinierende Planer und Bauüberwacher „ARGE Anger-Plan“ bestehend aus Planungsbüro GTL aus Kassel und Planungsbüro Grobe aus Erfurt
Fachplaner Wassertechnik: Ingenieurbüro für Wassertechnik Herr Ralph Ziehn (Weimar)
Fachplaner Elektro: Ingenieurbüro Keller, Frau Keller-Geletzke (Erfurt)
Bauausführung: „ARGE Anger, 2. BA“, Brunnenmeisterei Schreier (Buttelstedt)
Ein historischer Abriss der Geschichte des Brunnens von Dr. Steffen Raßloff:
„Der alte Angerbrunnen am Westende der beliebten Flaniermeile ist nämlich auch eine Verneigung vor dem Erfurter Erwerbsgartenbau des 19. Jahrhunderts, der mit seinem weltweiten Erfolg den Ruf der Blumenstadt begründet hat.
Die Errichtung des Brunnens steht im Zusammenhang mit der Entwicklung Erfurts zur modernen Großstadt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1876 beschlossen Magistrat und Verschönerungsverein, den erfolgreichen Bauabschluss der Zentralwasserleitung öffentlich zu würdigen. 1880 brachte man einen beschränkten Wettbewerb für einen Brunnen auf den Weg.
Den nun folgenden zehnjährigen Konzeptions- und Entstehungsprozess hat Ruth Menzel 2008 in den Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt detailliert nachgezeichnet. Nach sieben Jahren (!) konnte sich der Berliner Architekt und Kunstgewerbler Heinrich Stöckhardt gegen seine Wettbewerber durchsetzen. Die Auftraggeber votierten schließlich für eine stadtgeschichtlich konkrete Version. Stöckhardt stellte allegorisch die beiden Grundsäulen der Erfurter Wirtschaft dar, die für den Aufschwung zur modernen Metropole Thüringens verantwortlich zeichneten. Für den Gartenbau steht die römische Blumengöttin Flora inmitten von Ähren und Rosen, für Industrie und Handwerk eine männliche Gestalt mit Hammer und Schraubstock.
Am 6. September 1890 wurde der Brunnen im Beisein einer ‚colossalen Menschenmenge’ und der städtischen Honoratioren enthüllt. Oberbürgermeister Gustav Schneider hielt die Festrede und der Lehrergesangsverein intonierte, begleitet von der Kapelle des Artillerie-Regiments Nr. 19, Beethovens ‚Ehre Gottes’.
An den Gesamtkosten von knapp 35.000 Mark beteiligten sich das preußische Staatsministerium, die Stadt und der Verschönerungsverein. Letztlich handelt es sich beim Angerbrunnen um eine Manifestation des großen Selbstbewusstseins der Erfurter Bürgerschaft der Gründerzeit. Anders als bei den zahlreichen Denkmalen für Persönlichkeiten oder Ereignisse steht hier die prosperierende Industrie- und Blumenstadt selbst im Mittelpunkt.“