Denkmaltage 2010 mit "Himmelszeichen"
Seit 1993 beteiligt sich Erfurt am Denkmaltag und führt darüber hinaus eine Woche des offenen Denkmals durch. Erfurt verdankt diese schöne Tradition, die sich über die Stadtgrenzen bereits weit herumgesprochen hat, dem ehrenamtlichen Engagement vieler Fachleute der Denkmalpflege, den Eigentümern und Nutzern von Denkmalen, Historikern und engagierten Erfurtern. Sie ermöglichen auch in diesem Jahr ein sehr umfangreiches und informatives Programm vom 3. bis12. September 2010, welches mehr als 100 Einzelvorhaben umfasst. Die Denkmaltage in Erfurt sind seit Jahren schon eine unvergleichliche Gelegenheit, die Beziehungen von Vergangenheit und Gegenwart dieser alten und auch jungen Stadt so anschaulich und emotional zu erkunden. Eine große Zahl von Führungen mit Fachleuten, Vorträge und Diskussionen, Veranstaltungen in den Denkmalen und fast 100 geöffnete Türen sollte man sich auch in diesem Jahr nicht entgehen lassen. Noch lange ist zur Geschichte der Stadt und deren steinernen Zeugnissen nicht alles gesagt. Und so sind auch die Themen der Denkmaltage noch lange nicht erschöpft. In diesem Jahr sind es die "Glaubenszeichen", auf deren Spurensuche man sich begeben kann. Anlass für die Themenwahl ist das kulturelle Jahresthema "Luther - Der Aufbruch”, der Beitrag Erfurts zur Lutherdekade 2017. Bei diesem Thema ist nicht allein an all jenes gedacht, was jedem in Erfurt offensichtlich an Glaubenszeichen begegnet. Auch Verborgenes von diesem großen kulturellen Schatz der Stadt soll an diesen Tagen in neues Licht gestellt sein. Gemeint ist mit diesem Thema aber auch, anhand historischer Glaubenszeichen heute nur noch wenig bekannte Symbolik von zum Beispiel Farbe, Form oder Zeichen zu vergegenwärtigen.
Der Auftakt der Denkmalwoche ist im Sinne des kulturellen Jahresthemas auch in diesem Jahr einem besonderen und aufwendigen Projekt gewidmet. Waren es in den vergangenen Jahren Inszenierungen auf den Domstufen - erinnert sei an "Charlotte" (2006 im Deutsch-Französischen Jahr), "Demut und Barmherzigkeit" (2007 im Elisabethjahr), "Versammlung der Geister" (2008 zum Jubiläum Fürstenkongress), "Transition" (2009 im Bauhausjahr) - kann in diesem Jahr vom 3. bis 5. September mit "Himmelszeichen" die Inszenierung der Straße vom Augustinerkloster bis zur Allerheiligenkirche und weiter bis zum Domplatz erlebt werden. Gerade dieser Straßenraum, als auch die anliegende Kirchen, Gebäude und Höfe - ein wenig abseits von der pulsierenden Tangente Wenigemarkt - Krämerbrücke - Fischmarkt - Marktstraße, ist mit Bedacht für "Himmelszeichen" ausgewählt worden.
Ein Blick zurück in die Geschichte der Landeshauptstadt nennt eine Vielzahl historischer Ereignisse, die nationale oder sogar europäische Bedeutung erlangten. Mindestens einmal allerdings findet man Erfurt mitten im Zentrum von Weltgeschichte, dann als die Stadt einem aus dem Mansfelder Land stammenden Martin Luther in wesentlichen Jahren seines Lebens nicht allein Heimstatt fürs Schlafen, Essen und Trinken, sondern vielmehr für seine geistige, moralische und ethische Entfaltung war. Erfurt - das ist die Stadt des jungen Luther, der hier als Student und später als Mönch im Augustinerkloster ein wissenschaftlich-geistiges, aber auch wirtschaftliches und politisches Umfeld vorfand, welches ihm die Keime seines späteren Denkens und Tun in den Erfurter Gassen einpflanzte. Es ist müßig darüber zu fabulieren, was aus Martinus oder der Reformation ohne Erfurt geworden wäre. Spannend aber ist es in jedem Fall, dem Jahrzehnt Luthers in Erfurt an authentischen Orten gerade in dem Veranstaltungsareal von "Himmelszeichen" nachzuspüren, lehrreich zumal auch für viele Fragen und Konflikte, die uns auch gegenwärtig noch bewegen. Zu finden sind bei weitem nicht alleine Antworten in Glaubensfragen. Erfurt ist zu dieser Zeit ein Schmelztiegel, welcher den Umbruch in eine neue Epoche zur Moderne mit ihrer geistigen Befreiung und dem bürgerlichen Selbstbewusstsein mehr als nur erahnen lässt. Die bedeutende alte Universität Erfurt und ihre wissenschaftlichen Netze in die Welt, der Rat der Stadt, das Handwerk mit dem sich gerade durchsetzenden Buchdruck nach Gutenberg, Kirchen, Klöster und Glaubensgemeinschaften im erfordia turrita, wie auch Menschen und Persönlichkeiten, so den Humanisten im geistigen Umfeld der Universität, Johannes Lang, Johann von Staupitz, und und und … - die Liste für spannende und gegenwärtige Geschichte und Geschichten scheint in Erfurt unerschöpflich.
Diesen Atem der Geschichte in Kultur- und Kunstprojekten zu übersetzen die den Blick sowohl zurück in die Jahre ab 1501 als auch deren Relevanz zur Gegenwart gestatten, haben sich in den letzten Monaten sehr viele Künstler und Einrichtungen angenommen. Aus Erfurt sind dies insbesondere die Lutherstätte Augustinerkloster, das bischöfliche Amt der katholischen Kirche, die Universität Erfurt, die Kultur-Etage Erfurt, die Humanistenstätte Engelsburg und die Artcultura Veranstaltungs GmbH die gemeinsam mit der Kulturdirektion dieses besondere Projekt für die Lutherstadt Erfurt aus der Taufe heben wollen. Einbezogen in die inhaltliche Vorbereitung sind darüber hinaus auch die Hochschule für Musik und Theater Rostock, das junge Staatstheater Berlin, die Theaterakademie Mecklenburg Vorpommern und die Moderatorin Simone von Stosch. Bei allen bleibt die spannende Frage, wie das Programm auf der Straße und in den Häusern und Höfen von den Erfurtern und den Gästen der Stadt angenommen wird, denn ein Termin ist für das nächste Jahr schon vorgemerkt - wieder zum Auftakt der Denkmalwoche vom 2. - 4. September 2011.
Die Stadtverwaltung dankt all jenen, die das Programm sowohl für die Denkmaltage als auch "Himmelszeichen" ermöglicht haben und mitgestalten. Der Dank gilt auch der großzügigen Unterstützung durch die Sparkasse Mittelthüringen.
Das Programm für beide Veranstaltungen liegt in gedruckter Form in der Touristinformation (Benediktsplatz 1) aus und kann digital auch in der städtischen Internetpräsentation (www.erfurt.de) eingesehen werden.