Kunst im Norden: "Galerie auf Zeit" eröffnet am 27.09. in der Magdeburger Allee 73-75
Der Aspekt der Kunst wird beispielsweise durch zahlreiche Projekte der Kunst- und Designschule Imago, mit einer Filiale ansässig in der ehemaligen Fleischerei Siebert, sowie in einigen Kursen im Soziokulturellen Zentrum "Freiraum" hervorgehoben. Und auch eine Kunstgalerie war bis vor kurzem ansässig: die "Galerie Feine Thüringer Art" von Willibald Böck und Christoph Jahn, jetzt in der Futterstraße zuhause. Kunst in den Norden und damit ein besonderes Angebot für Neugierige und Kulturinteressierte nicht nur des Programmgebietes, sondern der ganzen Stadt soll nun wieder - wenn auch zunächst befristet - die "Galerie auf Zeit" bringen, die auf Vorschlag der Kulturdirektion und mit organisatorischer und finanzieller Unterstützung des Programms "Soziale Stadt" in einem derzeit leer stehenden Ladenlokal eingerichtet werden konnte.
Initiator und Träger des Konzepts Gunter Haedke, Anfang der 90er Jahre für einige Zeit im Auftrag der Stadtverwaltung hier tätig, wollte seine schon in Schwerin und Bad Hersfeld realisierte Idee auch in unserer ihm lieb gewordenen Stadt umsetzen und fand Partner in der Stadtverwaltung.
Ziel ist zum einen, aktuelle Kunst durch neue Ausstellungsorte ungewohnt zu präsentieren, um dadurch auf sie aufmerksam zu machen und sie so zu fördern - der Verkaufserlös kommt den Künstlern zugute, denn die "Galerie auf Zeit" ist nicht primär auf geschäftlichen Erfolg angelegt. Die ausgestellten Künstler kommen immer von außerhalb, die Galerie nimmt aber aus den Ausstellungsstädten auch neue Künstler auf, um sie an anderen Orten zu präsentieren.
Zum anderen wird der Ort und sein Umfeld durch die Ausstellungen neu belebt, er fügt seiner Vitalität neue Facetten hinzu und wird durch diese Aufwertung interessant für mögliche Folgeprojekte.
Die Kunst soll Spuren hinterlassen - in den Köpfen und dort, wo eventuell einige der Kunstwerke zurückbleiben.
In Erfurt-Nord, Magdeburger Allee 73-75, werden zwei Künstler, Werner Assenmacher aus Bamberg und Ulrich Rudolph aus Zarrentin in Mecklenburg, vom 27.09. bis 08.11.2008 in ihrer ersten Gemeinschaftsausstellung mit Objekten, Zeichnungen und Fotoarbeiten das Thema Struktur und Farbe variieren.
Werner Assenmacher (1947 in Bad Hersfeld geboren, Studium Germanistik und Theologie, seit 1990 freischaffender Künstler) verwendet für seine Arbeiten einfache Materialien - Holzlatten, Kordel, Ritzmesser – und fügt sie zu Objekten zusammen, die trotz ihrer klaren Struktur etwas Spielerisches haben. Der Rhythmus der Linien, die teils parallel angeordnet sind, sich teils nach einer Gesetzmäßigkeit verändern, zieht den Blick auf sich. Die klaren Farben der Kordeln – er verwendet ausschließlich die Grundfarben Rot, Blau und Gelb sowie Schwarz und Weiß – beginnen sich zu mischen. Es entstehen Farbspiele, die an die Variationen des Regenbogens erinnern. In manchen Arbeiten mutet es wie der einfache Versuch an, durch die Lage Strich an Strich, neue Farbkombinationen zu entdecken. Seine Arbeiten folgen einer strengen Systematik. Er dekliniert die Möglichkeiten durch und erzeugt dabei eine Vielfalt von Sichtweisen. Die Palette der Variationen und Kombinationen scheint kein Ende zu nehmen und dennoch ist jede einzelne in sich geschlossen, fertig. Er versteht es, seiner Liebe zum Material freies Spiel zu geben und es dabei konkret, geradezu handgreiflich zu belassen. Er holt die den verwendeten Arbeitsmaterialien innewohnenden Regeln heraus, lässt sie bildlich werden. Mit der Abstraktheit seiner Objekte geht er wie ein Naturforscher dem konkreten Gegenstand auf den Grund. In seinen zeichnerischen Arbeiten nimmt er diese Rhythmik auf, setzt ganz auf den Kontrast. Farbe würde hier nur ablenken. Die Technik des Ritzens weist auf Verletzlichkeit hin, zerstört aber nicht. Wie aus Verborgenem holt er so Formen aus der Grundplatte heraus, die leicht und wie fliegend in den Raum hinein weisen. Werner Assenmacher ist ein beispielhafter Vertreter der konkreten Kunst. Im verarbeiteten Material steckt das Künstlerische, ja es ist selbst Kunst.
Die Fotografien von Ulrich Rudolph (1952 in Grünhainichen/Erzgebirge geboren, Studium Kunstwissenschaft, seit 2001 freischaffend als Kunstwissenschaftler und Fotokünstler) sind wie eine Dokumentation von Gegenständen, die von Menschen zurückgelassen wurden. Nicht nach ihrem Gebrauch oder ihrem Zweck fragen die Fotografien, oder weshalb sie zurückgelassen wurden. Rudolph hält nur fest, was er vorfindet: ein Arrangement, das abstrahiert von den Dingen, die offensichtlich zu erkennen sind. Damit betritt der Künstler ein ästhetisches Feld, das zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion liegt. Es entsteht eine Spannung, die den Blick anzieht. Der Betrachter sucht nach Bekanntem, hält an den klaren Objekten des Bildes fest und löst sich wieder, um die abstrakte Komposition zu erkennen. Ulrich Rudolph hat die Fähigkeit, wie zufällig erscheinende Situationen aufzufinden, den Reiz des Augenblickes wie ein Stillleben zu sehen und festzuhalten. In einem Moment werden Strukturen deutlich, fächern sich Farben und Formen auf, bilden sich Kontraste. Die Materialität wird deutlich. Eisen, Holz, Stein, Kunststoff, Stoff sind zu erkennen und verlieren sich, werden flächig wie eine Farbkomposition. Diese Stillleben erwecken den Eindruck des Erwartens. Bewegung ist vorüber, wie gefroren. Fast nutzlos und unaufgeräumt wirken die festgehaltenen Momente. Und doch könnte sogleich ein Mensch ins Bild treten, der etwas sucht, wegräumt, vorbei geht, neue Ordnungen schafft. Schon im nächsten Augenblick kann sich alles verändern. Es wurde hinterlassen ohne erkennbare Absicht. Diese entsteht erst durch den Künstler, der die ästhetische Qualität erfasst, dem Bild die Orientierung verleiht.
Vernissage: 27.09., 17:00 Uhr
Ausstellungsdauer: 27.09. - 08.11.2008
Ort: Magdeburger Allee 73-75
Öffnungszeiten:
Do/Fr 14:00 - 18:00 Uhr, Sa 11:00 - 18:00 Uhr
und nach telefonischer Vereinbarung
Kontakt:
Gunter Haedke, T. 0174 9638384
haedke@die-galerie-auf-zeit.de
Gunter.Haedke@t-online
Infos: http://www.die-galerie-auf-zeit.de