Bundesweiter Wettbewerb „Aktiv für Demokratie und Toleranz 2008“: Auszeichnung im Rathausfestsaal
Das von den Bundesministerien des Inneren und der Justiz im Jahr 2000 gegründete bundesweite "Bündnis für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt" hat im Wettbewerb 2008 insgesamt 53 Initiativen und Projekte für vorbildliches, nachahmenswertes zivilgesellschaftliches Engagement für Demokratie und Toleranz als Preisträger ausgewählt.
Die Preisträger des Wettbewerbes "Aktiv für Demokratie und Toleranz 2008"
Gemeinsam mit Oberbürgermeister Andreas Bausewein und den Beiratsmitgliedern des Bündnisses, Monika Lazar MdB und Prof. Dr. Uwe Backes, sowie dem Geschäftsführer Dr. Gregor Rosenthal wurden die Preisträger in einer öffentlichen Preisverleihung ausgezeichnet. Oberbürgermeister Andreas Bausewein begrüßte die Gäste. Anhand vieler Beispiele und Initiativen zeigte er, dass Erfurt eine bunte und eine Stadt der Toleranz und Vielfalt ist. "Alle heute prämierten Initiativen haben unsere Anerkennung verdient", würdigte Oberbürgermeister Andreas Bausewein die vielfältigen Projekte, besonders freute er sich aber für das Erfurter Projekt ‚Fremde werden Freunde’, zu dessen Ehrung viele Studierende und Paten in den Festsaal des Rathauses kamen. "Diese Auszeichnungen sind uns besonders wichtig, denn eine aktive Zivilgesellschaft ist ein zentrales Kernstück für eine funktionierende Demokratie", erklärt Dr. Gregor Rosenthal.
Petra Eweleit nimmt für "Fremde werden Freunde" die Urkunde entgegen,
OB Bausewein und die Thüringer Justizministerin Marion Walsmann gratulieren,
links im Bild die Laudatoren Monika Lazar MdB und Prof. Dr. Uwe Backes.
Folgende Projekte aus Thüringen und Sachsen wurden ausgezeichnet:
"nasze miasto – unsere Stadt"vom Missionswerk CaTeeDrale e. V. aus Görlitz
Im Rahmen der Aktion "nasze miasto – unsere Stadt" konnten sich im August dieses Jahres sieben- bis 14-jährige Kinder aus Polen und Deutschland in der Kinderstadt Zgorzelec Görlitz für zehn Tage auf spielerische Weise in der Erwachsenenwelt erproben und diese kennen lernen. Die Kinderstadt hatte werktags von neun bis 17 Uhr geöffnet. In dieser Zeit besuchten im Schnitt 120 junge "Bürgerinnen und Bürger" ihre Stadt, um dort den Alltag des erwachsenen Lebens mit seinen Geschäften, Ämtern und Institutionen (Produktionsstätten, Arbeitsamt, Krankenhaus etc.) zu erkunden. Bei täglichen Versammlungen stimmten sie basisdemokratisch über Angelegenheiten ihrer Stadt, wie beispielsweise die Verwendung von Steuereinnahmen, ab. Eine eigene Tageszeitung berichtete über die Stadtentwicklungen. Ziel war es, durch den spielerischen Umgang mit ökonomischen, politischen und kulturellen Fragen in diesen Bereichen Kompetenzen bei den jungen Teilnehmern zu entwickeln, um sie so für ein demokratisches Gemeinwesen zu interessieren sowie sie präventiv vor der Versuchung gewalttätiger Konfliktlösungen abzuhalten. Durch die enge Verbindung von Theorie und Praxis in der Kinderstadt wurden die Kinder für ein friedliches Miteinander sensibilisiert. Sie erlebten bewusst, dass sich Engagement und verantwortungsvolles Handeln lohnt. Dieses Projekt wurde prämiert mit 5.000 Euro.
"Fremde werden Freunde" , ein gemeinsames Projekt der Universität Erfurt, der Fachhochschule Erfurt, der Stadtverwaltung sowie des Thüringer Institutes für Akademische Weiterbildung aus Erfurt
Das Projekt "Fremde werden Freunde" besteht seit dem Jahr 2002. Mehr als 600 Erfurterinnen und Erfurter aller Altersklassen sind in dem Projekt ehrenamtlich involviert und engagieren sich gegen Ausländerfeindlichkeit und Diskriminierung und für den Respekt verschiedener Kulturen. Derzeit gibt es über 200 Paten, die mit 151 Studierenden aus über 40 Ländern in Kontakt stehen. Insgesamt wurden bisher knapp 600 Patenschaften mit Studierenden aus 58 Ländern vermittelt. Auf vielfältige Weise werden ausländische Mitbürger und Studierende in das Alltagsleben der Paten integriert. So organisieren die Projektmitarbeiter in jedem Semester einen Begrüßungsabend, an dem sich die ausländischen Studierenden und ihre Paten kennen lernen. Jedes Semester findet außerdem eine gemeinsame Exkursion zu Zielen in der näheren Umgebung statt. Einmal pro Monat gibt es einen Internationalen Stammtisch, der bis zu 100 Interessierte anzieht und im Jahr 2008 sein zehnjähriges Jubiläum feierte. Ein neuer Schwerpunkt des Projektkonzeptes soll die Ausdehnung des Gedankens von "Fremde werden Freunde" auf die Wirtschaft sein. Hierbei soll das Potenzial der internationalen Studierenden mit Blick auf künftige Wirtschaftsbeziehungen in die Herkunftsländer genutzt werden, wobei sich Personen aus Thüringer Unternehmen als Pate bzw. Patin zur Verfügung stellen und/oder Praktikumsplätze für die ausländischen Studierenden anbieten. Dieses Projekt wurde mit 4.000 Euro prämiert.
"Bürger.Courage e. V." vom gleichnamigen Verein aus Dresden
Der Verein "Bürger.Courage e. V." existiert seit dem Jahr 2005, wobei sich die etwa 100 ehrenamtlichen Mitarbeiter als überparteiliche Bürgerinitiative verstehen. Mit seiner Arbeit distanziert sich der Verein öffentlich, aktiv, kreativ und gewaltfrei von Rechtsextremismus und Verfassungsfeindlichkeit. Durch kontinuierliche Bürgeraktionen werden die Dresdnerinnen und Dresdner dazu angeregt, über die Themen Rechtsextremismus, antidemokratisches Denken, Alltagsrassismus und Intoleranz nachzudenken. Der Verein wurde bereits im Jahr 2006 vom BfDT mit 5000 Euro ausgezeichnet, hat sich aber seitdem deutlich weiterentwickelt. Besonders erwähnenswert ist beispielsweise das Projekte "Bunte Nachbarschaft", bei der durch an Fenstern aufgehängte Statements für Toleranz und Demokratie oder durch bunt bemalte Tücher während des Dresdner Volksfestes "Bunte Republik Neustadt" ein symbolisches Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz gesetzt wurde. Des Weiteren wurde die Ausstellung "Hotel Migration" organisiert, die das Thema Migration kritisch beleuchtete, Migration als etwas Normales und Selbstverständliches darstellte und typische Alltagsrassismen gegenüber Migranten widerlegen sollte. Im Mai 2008 erinnerte Bürger.Courage mit einer öffentlichen "Bücheraktion" an die Bücherverbrennung 1933 in Dresden, wobei die Dresdnerinnen und Dresdner entlang des Elbufers die Möglichkeit hatten, in etwa 80 Büchern von im Nationalsozialismus verbotenen Autoren zu lesen. Dieses Projekt wurde mit 3.000 Euro prämiert.
"Sonne – bauen statt klauen" des Jugendprojektes Oldschoolmechanics Bockau e. V. aus Bockau
Das von vier Jugendlichen gegründete Projekt "Sonne – bauen statt klauen" hat Mitte 2006 ein Jugendhaus geschaffen, das sich an sozial benachteiligte Jugendliche richtet. Das Projekt bietet Jugendlichen, die beispielsweise Probleme mit Drogen, politischem Extremismus, Gewalt oder Arbeitslosigkeit haben, Maßnahmen zur Berufsvorbereitung, zu Gewaltprävention und zur Integration an. Zentrum des Projekts ist ein ehemaliges Kino, das die Jugendlichen unter Anleitung von ehrenamtlichen Handwerkern selbst saniert haben. Dort werden auch Workshops (Kochen, Sport, Gartenarbeit etc.) angeboten. Besonderer Wert wird auf das friedliche Schlichten von Konflikten gelegt. Hierzu wird jeweils ein nicht am Konflikt beteiligter Jugendlicher als Streitschlichter hinzugezogen. Erklärtes Ziel ist es, die Jugendlichen sinnvoll zu beschäftigen, nicht zuletzt um sie so vor Langeweile und einem eventuellen Abdriften in die Gewalt zu bewahren. Als Erfolge verbucht das Projekt die gesunkene Rate der örtlichen Straftaten unter Jugendlichen, weniger Vandalismus und eine kontinuierlich wachsende Teilnehmerzahl. Seit diesem Jahr arbeiten die Jugendlichen mit der aus geistig behinderten Künstlerinnen und Künstlern bestehenden Gruppe "Kunterbunt" zusammen. Resultate dieser Zusammenarbeit werden in öffentlichen Einrichtungen ausgestellt. Dieses Projekt wurde prämiert mit 3.000 Euro.
"Einmal MC – jetzt oder nie" des Tierra – Eine Welt e. V. aus Görlitz
Seit 2001 betreibt Tierra – Eine Welt e.V. in der Görlitzer Innenstadt ein Kinder-Kultur-Café für Kinder im Alter von zehn bis 14 Jahren. Das Café ist in einem Stadtteil mit vielen sozialen Problemen beheimatet. Es wird täglich von 20 bis 40 Kindern frequentiert. Ausgehend von der im Café gemachten Erfahrung, dass Kinder aus ihrem Umfeld unreflektiert rassistische, sexistische und andere Vorurteile übernehmen, bietet der Verein Kindern auf der Grundlage von Partizipation und Gender-Mainstreaming neben dem offenen Treff Projekte an, um sie bei der Entwicklung ihrer kulturellen Identität zu stärken und sie aus der Passivität herauszuholen. Im Rahmen einer präventiven Auseinandersetzung mit Rassismus und Diskriminierung wurde im Mai 2008 der fünftägige Workshop "Einmal MC – jetzt oder nie" veranstaltet. Hierbei wurde mit den Kindern ein Hip-Hop-Song zum Thema entwickelt und eine CD aufgenommen. Neben den beteiligten Kindern soll eine breite lokale Öffentlichkeit für den Umgang mit Rassismus und Gewaltbereitschaft sensibilisiert werden. Aufgrund der guten Resonanz von den Beteiligten und der Öffentlichkeit soll das Medium Musik in Zukunft weiter genutzt werden, um am Abbau von Vorurteilen zu arbeiten. Dieses Projekt wurde mit 2.000 Euro prämiert.