Erfurt zeigt mit Nadelstichen Gesicht
An diesem Tag werden vier der Kunstwerke, welche an die ermordeten Erfurter Juden im Holocaust erinnern sollen, aufgestellt. Erfurt hatte im vergangenen Jahr nach einem künstlerischen Wettbewerb eine eigene Form des Erinnerns gewählt, die Künstlerin Sophie Hollmann entwarf die Metallnadeln. Symbolische Nadelstiche in den Boden zeigen künftig Orte an, welche sich mit dem Leben jüdischer Mitbürger verbinden lassen.
Der Arbeitskreis Erfurter GeDenken hat jetzt die ersten Orte der Erinnerung bekannt gegeben. So wird in der Straße des Friedens 1 an die Fabrikantenfamilie Spier gedacht, für die Puschkinstraße stiftet die Thomasgemeinde eine Erinnerungsnadel für Georg Schacher. Jener Lehrer ermöglichte noch in den Zeiten schwerster Restriktionen Unterricht für jüdische Kinder. Ein Kind war Günther Baer zur Zeit seiner Deportation noch, er war erst vier Jahre alt. Bald wird an den kleinen Jungen vor dem einstigen Wohnhaus am Domplatz erinnert werden.
Mit einem Flyer, der auf der einen Seite mit einem Plakat die Einschnitte in die Bürgerrechte durch die Nationalsozialisten in die Jetztzeit zieht, kann der Arbeitskreis jetzt für sein Anliegen werben. Mit den vier Nadeln, die ab dem Jahrestag der Reichspogromnacht in Erfurt auf die ehemaligen jüdischen Mitmenschen aufmerksam machen, soll nur ein kleiner Schritt der Vorhaben umschrieben werden. So sind Stifter und Zustifter für weitere dieser Kunstwerke gefragt. Die Orte und die damit verbundenen Kurzbiografien hat Dr. Jutta Hoschek in einer langwierigen und oftmals akribischen Kleinarbeit recherchiert, die Forschungsergebnisse sind in der Kleinen Synagoge Erfurt einsehbar. Sie stehen für alle Interessierte zur Verfügung, besonders hofft man aber auf das Engagement von Lehrern und Schülern. Wolfgang Nossen von der Jüdischen Landesgemeinde ist zwar nicht der Freund der gewählten künstlerischen Umsetzung, aber er schätzt das Wirken des Arbeitskreises, die Zivilcourage und ihr Sich-Einbringen in den gesellschaftlichen Diskurs.