„Jahrhundertereignis“ für das Stadtmuseum Erfurt
Rektorenzepter der Alten Universität kehrt nach 207 Jahren zurück
Das Silberzepter gilt als eines der schönsten Universitätszepter Europas. Die Laterne, so heißt der schmuckvoll verzierte und vergoldete Kopf, ist mit seiner Kreuzblume „zeittypischer Zierrat“, sagt Dr. Martin Sladeczek, Direktor der Erfurter Geschichtsmuseen. „Es handelt sich um eine erstklassige künstlerische Arbeit“, ergänzt Hardy Eidam. Dennoch: Der Materialwert ist, wie für kulturelle Gebrauchsobjekte dieser Zeit üblich, überschaubar. „Diebstahl lohnt sich nicht“, so Sladeczek.
Genutzt wurde das Zepter als Machtzeichen des Rektors zu besonderen Anlässen wie Amtseinführungen oder Prozessionen. Die wenigen bildlichen Zeugnisse zeigen, dass das Zepter vorneweg getragen wurde. „Dabei war ein Zepter nicht nur Statussymbol, sondern auch Symbol der staatlichen Unabhängigkeit der Universität“, erläutert Dr. Steffen Raßloff, für den die Rückkehr des Zepters ein „erinnerungskulturelles Jahrhundertereignis“ ist. „Erfurt war im Mittelalter eine der größten Städte des Reiches. Die Universität ist der kulturelle Ausdruck der Bedeutung dieser Mittelaltermetropole. Nur die mächtigsten Städte konnten sich damals eine Universität leisten“, erklärt der Vorsitzende des Fördervereins Stadtmuseum Erfurt e. V.
Trotz seines Alters – das Zepter wurde vermutlich um 1480 gefertigt – hatte der beauftragte Metallrestaurator keine große Mühe. „Es war lediglich eine kleine Reinigung notwendig“, so Hardy Eidam. „Die Berliner haben das Zepter hervorragend aufbewahrt.“
In der Vitrine sind neben den beiden Zeptern des Rektors – ein Teil des Paares war bereits im Museum – unter anderem Barett und Schulterjacke des Rektors, Faksimiles der päpstlichen Gründungsurkunden und das Zepterpaar des Theologischen Fakultät ausgestellt. Das hatte Eidam nach einem Hinweis aus Berlin in Münster angefragt – und dort im Jahr 1995 eigenhändig im Universitätskeller in einem eingestaubten Regal, aber noch in Originalverpackung und „wie neu“, gefunden und nach Erfurt geholt.
Zu sehen ist das Zepter aus Berlin als Leihgabe zunächst für ein Jahr – mit Hoffnung auf Verlängerung. „Es ist zurückgekommen, was hierher gehört“, sagt Oberbürgermeister Andreas Bausewein. „Ich danke dem Stadtmuseum und vor allem Hardy Eidam für seine Beharrlichkeit und der Kustodin Dr. Christina Kuhli von der Humboldt-Universität Berlin für die Zusammenarbeit.“
Zur Geschichte der Erfurter Universität
Die Universität Erfurt erhielt 1379 vor Heidelberg (1385) und Köln (1388) ihr päpstliches Gründungsprivileg – und gilt damit als älteste Universität im heutigen Deutschland. Nach erneuter Privilegierung im Jahr 1389 nahm die Alma Mater Erfordensis 1392 den Lehrbetrieb auf.
Der Universität ging zudem ein bis ins 13. Jahrhundert zurückreichendes Generalstudium voran. Erfurt war damit ein europäisches Bildungszentrum, die Universität im ausgehenden Mittelalter die meistbesuchte nördlich der Alpen. An ihr legte auch Martin Luther seine geistigen Grundlagen. Die Universität mit allen vier Fakultäten – Philosophie, Medizin, Rechte und Theologie – ging im Gegensatz zu den überwiegend fürstlichen Gründungen auf die Initiative der Bürger zurück. Im „lateinischen Viertel“ erinnern heute eine Reihe von Baudenkmalen um das Hauptgebäude Collegium maius an das akademische Leben. Erfurt hat zugleich eine der jüngsten deutschen Universitäten. Nach der spätmittelalterlichen Glanzzeit mündete ein langer Abwärtstrend in die Schließung durch Preußen 1816. In den 1950er-Jahren wurde Erfurt wieder Hochschulstadt. 1994 kam es zur Wiedergründung der Universität, erneut durch bürgerschaftliche Initiative.