„Beobachtung und Ideal. Ferdinand Bellermann – ein Maler aus dem Kreis um Humboldt“
„Urwaldmaler“ Ferdinand Bellermann auf den Spuren Alexander von Humboldts in Venezuela. Geboren wurde er am 14. März 1814 in Erfurt.
Im Zuge der Ausstellungsrecherchen wurden eine Reihe bisher unbekannter Originalquellen gefunden, die neue, facettenreiche Einblicke in das Leben und Schaffen von Ferdinand Bellermann eröffnen: u.a. Briefe von Alexander von Humboldt an den Künstler, eine 79-seitige Autobiografie Bellermanns über seine ersten 25 Lebensjahre und ein Konvolut von Briefen, in denen der Landschaftsmaler ausführlich über seine Italienreise 1853/54 berichtet.
In den bisher unbekannten Lebenserinnerungen erzählt Bellermann anschaulich von seiner ländlich geprägten Kindheit auf einem Bauernhof in der Lüneburger Heide, seiner Jugend in Erfurt und seiner Ausbildung an der Fürstlichen freien Zeichenschule Weimar.
Entscheidend wurde dann ab 1833 das Studium an der Akademie der Künste in Berlin, wo er sich sich bei den Lehrern Carl Blechen und August Wilhelm Schirmer auf die Landschaftsmalerei spezialisierte. Zusammen mit dem Weimarer Maler Friedrich Preller d. Ä. unternahm er Reisen in den Norden nach Rügen und Norwegen.
Prägend für die gesamte weitere künstlerische Arbeit von Ferdinand Bellermann war vor allem die durch Alexander von Humboldt und den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. geförderte Reise nach Venezuela in den Jahren 1842 bis 1845.
Rund vierzig Jahre nach der legendären Südamerika-Reise Humboldts malte und zeichnete Bellermann die tropischen Landschaften und die Vielfalt der exotischen Vegetation auf gleichermaßen künstlerische wie auch botanisch präzise Weise.
Ganz im Sinne der von Alexander von Humboldt formulierten Ideen erfasste Bellermann mit künstlerischen Mitteln die charakteristischen „Physiognomien“ der Landschaften und der Pflanzenwelt Venezuelas und verarbeitete seine Studien in späteren Jahren zu großformatigen Landschaftsgemälden.
Bellermanns Motivkreis erweiterte sich durch zwei Reisen nach Italien 1853/54 und 1877 sowie durch die Auseinandersetzung mit der deutschen Landschaft.
Seine Erlebnisse und Abenteuer während der mitunter auch lebensgefährlichen Reise durch Venezuela hat Ferdinand Bellermann ausführlich in sechs erhaltenen Tagebüchern festgehalten. Darin beschreibt er auch immer wieder das Hochgefühl, in das ihn die Schönheit der tropischen Landschaften versetzte. Als im September 1845 der Abschied aus Venezuela bevorstand, notierte er: „Ich genoss die Tropenvegetation noch einmal in ihrer vollen Pracht, Waldpartien wie sie nur ein Claude Lorrain und Salvatore Rosa erfinden können, bieten sich hier in reicher Mannigfaltigkeit dem Auge, dabei jener herrliche Kontrast, den die Palmen, Baumfarne und Bambusse gegen die gewaltigen Bäume bilden: langsam, Schritt für Schritt genießend ritt ich schwelgend in der herrlichen Frische des Morgens...“
Das Angermuseum Erfurt zeigt eine repräsentative Auswahl der im Kupferstichkabinett Berlin aufbewahrten Ölstudien und Zeichnungen der Venezuelareise sowie eine Auswahl von Ölgemälden mit venezolanischen, italienischen und deutschen Landschaftsmotiven.
Ergänzt wird die Ausstellung durch eine Reihe von Werken aus dem Kontext von Bellermanns Schaffen, u. a. von Carl Blechen, August Wilhelm Schirmer, Friedrich Preller d. Ä., Carl Hummel, Johann Moritz Rugendas und Eduard Hildebrandt.
Zur Ausstellung erscheint ein umfangreich bebilderter Katalog mit zahlreichen Aufsätzen und Dokumenten zum Werk Ferdinand Bellermanns.
Die Eröffnung fand am Samstag, dem 11. Oktober, statt.
Begleitprogramm zur Ausstellung
Im Rahmen der aktuellen Sonderausstellung „Beobachtung und Ideal. Ferdinand Bellermann – ein Maler aus dem Kreis um Humboldt“ lädt das Angermuseum Erfurt im Dezember 2014 und Januar 2015 zu vier Vorträgen und einer Lesung ein.
Vortrag: „Das hilfreiche Auge? Maler um Alexander von Humboldt“
Dienstag, 2. Dezember 2014, 18 Uhr
Referentin: Dr. habil. Petra Werner, Wissenschaftshistorikerin und Publizistin, Berlin
Dass neueste wissenschaftliche Erkenntnisse Künstler angeregt haben, ist bekannt. Aber war es auch umgekehrt? Petra Werner behauptet, dass Künstler durch ihre Fähigkeit, das Wesentliche zu erfassen, durch genaue Beobachtung und Darstellung der Wirklichkeit, auf Wissenschaftler im 19. Jahrhundert Einfluss hatten. Sie ergänzten oder korrigierten sogar deren Wahrnehmung. Im Mittelpunkt des Vortrags steht die Zusammenarbeit Alexander von Humboldts mit verschiedenen Malern bzw. Zeichnern, darunter Johann Moritz Rugendas, Karl Friedrich Schinkel und Ferdinand Bellermann.
Vortrag: „Carl Blechen – Landschaft als Spiegel der Seele“
Dienstag, 9. Dezember 2014, 18 Uhr
Referent: Prof. Dr. Helmut Börsch-Supan, Kunsthistoriker, Berlin
Carl Blechen (1798–1840), einer der ersten Lehrer Ferdinand Bellermanns, besaß ein ganz anderes Verhältnis zur Natur als sein Schüler. Dessen Werdegang und Erfolg im Dienst der Geografie wird nur verständlich durch seine Abkehr von den Quellen, aus denen Blechens Kunst gespeist wurde. Der Blick auf den Älteren führt die Krise der eigentlich romantischen Malerei vor Augen.
Vortrag: „Objektive Schönheitsfülle der Naturwirklichkeit – Neue Funde und Erkenntnisse zu Leben und Werk des Landschaftsmalers Ferdinand Bellermann“
Dienstag, 16. Dezember 2014, 18 Uhr
Referent: Thomas von Taschitzki M.A., Kurator der Ausstellung
Die kunstgeschichtliche Forschung zu Ferdinand Bellermann wird durch die Fülle bereits bekannter und neu gefundener Originaldokumente erleichtert, aber auch durch die große Anzahl verschollener Gemälde erschwert. Im Blick auf einige Hauptwerke und wichtige Quellenfunde stellt der Vortrag neu gewonnene Einsichten in das künstlerische Œuvre Bellermanns und dessen Rezeption durch die Kunstkritik des 19. Jahrhunderts vor.
Lesung: Aus Briefen und Tagebüchern von Ferdinand Bellermann
Dienstag, 6. Januar 2014, 18 Uhr
Mit Thomas von Taschitzki M. A., Kurator der Ausstellung
Im Vorfeld der Jubiläumsausstellung wurden zahlreiche bisher unbekannte Originaldokumente entdeckt, u.a. eine autobiografische Schrift Bellermans, ein vermisster Tagebuchbericht der Venezuelareise, ein Konvolut von Briefen aus Italien sowie 12 Briefe von Alexander von Humboldt an den Künstler. Die Lesung ausgewählter Dokumente reflektiert wichtige Lebensstationen und vermittelt Eindrücke der Persönlichkeit Bellermanns, die ebenso von Entdeckungsfreude und Wagemut wie von genauer Beobachtungsgabe und Humor geprägt war.
Vortrag: „Wilde Wildnis – Zur Motivgeschichte des Tropenwaldes in Malerei, Illustration und Literatur“
Dienstag, 13. Januar 2014, 18 Uhr
Referent: Dr. Thilo Habel, Kunsthistoriker, Berlin
Das Staunen über die Großartigkeit und Schönheit der Vegetation war für die Tropenreisenden früherer Jahrhunderte immer mit dem Bewusstsein für das Geheimnisvolle, Gefahrvolle und Hinterhältige dieser Natur verbunden. Schon seit der frühen Neuzeit, als die ersten Bilder und Schilderungen aus Südamerika und Südostasien nach Europa kamen, wurde von gefährlichen Kämpfen, Jagden, lauernden Blutsaugern und heimtückischen Pflanzen berichtet. Der Vortrag geht dieser Motivgeschichte, in die auch Ferdinand Bellermann eingebunden war, mit Beispielen aus Malerei, Illustration und Literatur nach.
Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.
Führungen
Öffentliche Führungen durch die Sonderausstellung, dienstags und sonntags 15 Uhr
Kunstpause am Mittag – 10 Minuten Kunstbetrachtung, mittwochs 13 Uhr
Kuratorenführungen 14.10., 4.11., 16.11,. 9.12.,18.01., jeweils 15 Uhr
Kontakt und Besucherinformation
Kunstmuseen der Stadt Erfurt, Angermuseum
Direktor Kunstmuseen